Efringen-Kirchen Vor jeder Ernte unter Strom

Weiler Zeitung

Wein: Günter Ehret lässt seine Tätigkeit als Kellermeister der Markgräfler Winzer Revue passieren

Bei den Markgräfler Winzern geht mit dem Beginn des Monats August eine Ära zu Ende: Nach mehr als 42 Jahren bei der Bezirkskellerei Markgräflerland beziehungsweise der Markgräfler Winzer eG – davon mehr als 30 Jahre in der Position des Kellermeisters – geht Günter Ehret in den Ruhestand.

Efringen-Kirchen . Im Gespräch mit Ingmar Lorenz lässt der Wein-Enthusiast und Experte seine Zeit als Kellermeister Revue passieren und erklärt, wohin sich der Weinbau im Markgräflerland entwickelt.

Frage: Herr Ehret, nach so vielen Jahren im Betrieb ist beim Blick auf den Ruhestand bestimmt ein bisschen Wehmut im Spiel.

Ja, mit Sicherheit. Bislang war das Thema noch recht weit weg. Allmählich realisiere ich es aber. Inzwischen häufen sich die Anrufe und E-Mails mit Dankesworten und das ein oder andere Abschiedsgeschenk trudelt ein.

Frage: Hat für Sie der Weinbau im Markgräflerland schon vor Ihrer beruflichen Tätigkeit eine Rolle gespielt?

Ja, mein Vater war Küfer und Kellermeister. Mein Großvater hatte Weinberge. Ich war schon als Kind in den Reben unterwegs und bei der Lese dabei. Zudem habe ich als Jugendlicher in dem Weingut, in dem mein Vater tätig war, in den Ferien ausgeholfen. Später habe ich dort auch meine Lehre gemacht. So war das Interesse am Wein von Anfang an da.

Frage: Und Sie haben es sich durch ihre berufliche Tätigkeit bis heute bewahrt.

Das stimmt. Wobei die Leidenschaft für den Wein ja nicht morgens anfängt und abends aufhört. Gerade jetzt, wenn es allmählich auf den Herbst zugeht, bin ich eigentlich ständig unter Strom.

Frage: Sie kommen aus Auggen. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie in Efringen-Kirchen Kellermeister wurden?

Ich kam zur BKM, als 1977 die Stelle als zweiter Kellermeister frei wurde. 1985 ging der damalige Kellermeister nach Hause ins eigene elterliche Weingut und ich habe den Posten am 1. Oktober 1985 übernommen. 1985 war also meine erste Ernte in dieser Funktion. Der Jahrgang war gut, die Ertragsmenge war nicht so groß und es war alles gut überschaubar. Es gab ja damals nur den Standort hier in Efringen-Kirchen. Trotzdem war die BKM mit 330 Hektar damals schon der größte Weinbaubetrieb im Markgräflerland.

Frage: Welche Jahrgänge sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Sehr gut war gleich der Einstieg mit dem 85er. Auch 1990 war ein guter Jahrgang. Hervorragend waren zudem die Jahrgänge 1996, 2001, 2003 und zuletzt 2018. Besonders schwierig war es auf der anderen Seite 2006 wegen der Kirschessigfliege.

Eine wichtige Neuerung kam zudem 1987/88 mit der Einführung des Grauburgunders. 1988 haben wir außerdem den ersten Sekt gemacht – das war damals noch ein Rieslingsekt.

Frage: Klingt, als ob die Entwicklungen und Neuerungen damals Schlag auf Schlag kamen.

Logisch. Es gab ja auch in der Kellertechnik Neuerungen.

Frage: Welche waren das?

Wichtig waren die Entwicklungen bei der Filtration. Früher war Weihnachten ein Eckpunkt. Bis Weihnachten musste man die Weine hell filtriert haben. Das war in den Köpfen der Kellermeister so verankert. Im Lauf der Zeit kam dann die Cross-Flow-Filtration, die es uns in den Kellern einfacher machte, weil wir drei Filtrationen durch eine einzige ersetzen konnten.

Auch die Gärtankkühlung wurde moderner und ist inzwischen effektiver und hygienischer.

Frage: Hat sich auch das Vorgehen bei der Weinentwicklung selbst verändert?

Ja, weil man auch begann, die Weine länger auf der Feinhefe liegenzulassen – teilweise bis April oder Mai. Das konnte man sich früher gar nicht vorstellen. Aber es hat sich letztlich sehr positiv auf die Weinentwicklung ausgewirkt, besonders auf den Gutedel, weil er relativ neutral ist und man jede Ecke und Kante schmeckt.

Frage: Bestimmt haben Sie den Weinen als Kellermeister auch ihren eigenen Stempel aufgedrückt.

Naja, das ist immer einfach so dahergeredet, dass der Kellermeister den Wein so macht, wie er ihn selbst gerne trinkt. Es gilt aber: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Wenn ich die Weine ausgebaut hätte, wie ich sie am liebsten trinke, würden viele Weintrinker, die einen feinherben Gutedel oder Müller-Thurgau wollen, den Wein nicht bekommen. Wobei ich mich auch manchmal dabei ertappe, wie ich am Abend einen feinherben Sauvignon trinke. Das hätte ich vor 30 Jahren nicht gedacht.

Frage: Wenn wir schon bei Weinsorten sind: Wie war denn diesbezüglich die Entwicklung?

Früher gab es eigentlich nur Gutedel, Müller-Thurgau und Spätburgunder. Den Spätburgunder hat man als klassischen Rotwein ausgebaut, während der Trend heute eher zum Rosé und Weißherbst geht. Den Ruländer machte man mit ordentlich Restsüße und goldgelber Farbe. Mittlerweile ist man davon komplett weg. Der Grauburgunder wird heute zu 100 Prozent als trockener Wein ausgebaut.

Frage: Zeigt das einen Trend, der weggeht vom süßen Wein?

Die Verbraucher sagen oft, dass sie einen trockenen Wein wollen, aber das Trockene muss trotzdem abgerundet sein.

Frage: Welche neuen Sorten kamen im Lauf der Zeit hinzu?

Beim Weißwein war es vor allem Sauvignon-Blanc und Chardonnay und im Rotweinbereich Cabernet Sauvignon. Merlot und Regent sind inzwischen auch dabei.

Frage: Können Sie aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung abschätzen, wie die künftige Entwicklung beim Weinbau – gerade bei den Markgräfler Winzern – sein wird?

Wichtig ist, dass es beim Anteil der Rebsorten eine Verschiebung geben wird, so dass man ein gleichmäßigeres Flächenverhältnis bekommt. Neue Sorten wird es immer wieder geben. Viele reden derzeit etwa über pilzresistente Sorten. Das sehe ich aber gerade im genossenschaftlichen Weinbau nicht unkritisch. Wenn jemand einen Gutedel will, will er eben keinen Johanniter, weil es ein anderer Weintyp ist. Die traditionellen Sorten werden auf jeden Fall Bestand haben. Bei manchen Weinen – wie beim Riesling – ist ein größerer Anbau auf den hiesigen Böden aber gar nicht möglich. Und man muss ja auch nicht auf Teufel komm raus eine Rebsorte etablieren, wenn es die Umstände nicht hergeben.

Frage: Trotzdem hat man ja vor einiger Zeit auch noch nicht geglaubt, bestimmte Rotweine in dem Umfang anzubauen, wie es heute der Fall ist.

Ja, vor 20 oder 25 Jahren galt es noch als aussichtslos, Cabernet Sauvignon anzupflanzen. Der wurde einfach nicht reif. Wir mussten die Trauben früher auch immer bis Anfang oder Mitte November hängen lassen. Mittlerweile holt man ihn zwar noch immer an einem der letzten Lesetage, aber das ist bei weitem nicht so spät wie früher. Durch den Klimawandel werden neue Rebsorten gerade im Rotweinbereich künftig bei uns Einzug halten. Wobei wir schon jetzt hervorragenden Spätburgunder produzieren und die neuen Sorten eher als Ergänzung sehen sollten.

Frage: Was kommt jetzt auf Ihren Nachfolger zu?

Für mich ist es wichtig, dass ich beruhigt in den Ruhestand gehen kann. Martin Leyh hat jetzt schon zwei Ernten bei uns mitgemacht. Die Lese zu koordinieren, ist durch die drei Standorte nicht ganz einfach. Er kennt inzwischen aber die Abläufe und auch die Kommunikation mit den Winzern. Das Schwierigste ist, für den Lesestart den richtigen Zeitpunkt zu finden. Das ist eine große Verantwortung.

Frage: Werden Sie im Ruhestand privat weiter Reben haben?

Nein, wenn ich mal in die Reben will, habe ich die Möglichkeit bei Freunden und der Familie. Ich habe schon so viele Anfragen für die Mitarbeit. Aber ich hatte ja jedes Jahr genug Wein zum Ausbauen.

Und wenn ich zu Hause was Ordentliches trinken will, kann ich mir immer eine Flasche aus unserem Betrieb aufmachen. Das ist das Wichtigste.

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