Debatte im Vorfeld
Ob die Stolpersteine allerdings die angemessene Form des Gedenkens sind, habe Schmid bei einem Gespräch mit Schweizer in Zweifel gezogen. Aus ästhetischen und ethischen Gründen hätte der Bürgermeister damals eine zentrale Gedenkstätte vorgezogen, erinnert sich Schweizer. Er will beim geplanten Treffen des Arbeitskreises Werbung für die Verlegung der Steine machen. „Wir orientieren uns damit am Vorbild zahlreicher Gemeinden, die die Verlegung bereits realisiert haben.“
Die Arguemtation, dass die Verlegung der Steine vor Privathäusern den Anschein erwecken könnte, dass die heutigen Besitzer Nutznießer der Deportation gewesen seien, kann Schweizer zwar nachvollziehen. Bei dem Treffen am 12. Juli wollen er und seine Mitstreiter aber genau mit solchen Vorurteilen aufräumen. „Ich hoffe, dass viele Interessierte kommen, sich das Vorhaben anhören und sich engagieren“, sagt er. Die Stolpersteine sollen über Spenden finanziert werden, deshalb kämen auch keine Kosten auf die Gemeinde zu. Allerdings bedarf es für deren Verlegung im öffentlichen Raum einer Genehmigung.
Außerdem müsse der Gemeinderat klären, ob er diese Form des Gedenkens unterstützen wolle, präzisiert Schweizer. „Der Antrag soll nicht als parteipolitisch motivierter Antrag seitens der SPD zu begreifen sein“ – es gehe schließlich um ein Anliegen, das parteineutral interessant sei.
Zu einer „ergebnisoffene Debatte im Arbeitskreis“ lädt der SPD-Ortsverein zusammen mit dem Museumsverein alle Interessierten am Dienstag, 12. Juli, ab 19.30 Uhr in den Vereinsraum in die Alte Schule (Nikolaus-Däublin-Weg 2) ein.
1875 waren knapp 16 Prozent aller Kirchener Bürger jüdischen Glaubens – damit lebte ein Drittel aller Juden des Amts Lörrach in der Gemeinde. Daran hatte sich bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nur wenig geändert, Kirchen hatte eine der größten jüdischen Gemeinden des Markgräflerlands. Doch mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gerieten die jüdischen Bürger immer mehr unter Druck. Über 40 wurden deportiert, nur wenige überlebten. Rund 77 Jahre nach Kriegsende gibt es im Ort kaum noch Spuren des einstigen jüdischen Lebens, was der SPD-Ortsverein mit der Umsetzung der Aktion Stolpersteine nun aber ändern will. Er orientiert sich dabei an den bislang 1800 teilnehmenden Kommunen, darunter Lörrach, Schopfheim, Waldshut, Müllheim, Breisach, Freiburg, Lahr und Villingen-Schwenningen.
Bislang wurden im Rahmen des Projekts über 90 000 „Stolpersteine“ verlegt. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.stolpersteine.eu.