Efringen-Kirchen Wo Kirchens Juden wohnten

Kerstin Pommerenke
Die Gruppe mit Axel Huettner wanderte durch die Straßen Kirchens auf den Spuren vertriebener und ermordeter Juden. Foto: Kerstin Pommerenke

Rundgang mit Axel Huettner auf Inititative des AK Stolpersteine

Um die 40 Personen kamen zu einem Rundgang zu den ehemaligen Wohnorten der Kirchener Juden mit Axel Huettner.

Von Kerstin Pommerenke

Efringen-Kirchen - Der neu gegründete Arbeitskreis „Stolpersteine“ aus Kirchen hatte anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht 1938 am Wochenende einen Rundgang durch den alten Kirchener Ortskern mit dem Buchautor und Pfarrer im Ruhestand initiiert.

Dieser beschäftigt sich seit Jahren mit den Schicksalswegen jüdischer Familien aus Efringen-Kirchen, Lörrach und Grenzach. Sein Buch „Das jüdische Leben in Kirchen“ existiert schon in dritter Auflage und ist fast vergriffen.

Auf dem Rundgang gab der Referent Einblick in die Geschichte der Obermarkgräfler Juden und in die damals enge Vernetzung von Juden und Christen in der dicht besiedelten Landgemeinde. Viele der alten Häuser sind, wie die Synagoge, inzwischen abgerissen oder überbaut.

Geschichte von Vertreibung und Tod

Die Einwohnerschaft von Kirchen war nach Kriegsbeginn nach Schopfheim evakuiert, Juden in Sammelstellen, sogenannten „Judenhäusern“ untergebracht worden. Als die Kirchener zurück in die Heimat gingen, wurde den jüdischen Mitbürgern die Rückkehr nach Kirchen verwehrt. 1939 wurden ihre Häuser enteignet, und die meisten wurden nach Konstanz und dann ins Internierungslager nach Gurs deportiert. Die katastrophalen hygienischen Bedingungen im Lager und die schwere Arbeit forderten ihre Opfer.

Einigen der Kirchener Juden gelang über persönliche Kontakte und internationale Hilfsorganisationen die Emigration in sichere Drittländer. Hatte man keine Verwandtschaft oder andere Bürgen im Ausland, führte der Weg unweigerlich über das Sammel- und Durchgangslager Drancy in der Nähe von Paris ins Konzentrationslager Auschwitz. Diese Tötungsmaschinerie überlebten nur ganz wenige.

Neue Freundschaften wurden entstanden

1983 kam es in Kirchen zum ersten der drei Versöhnungsbesuche ehemaliger jüdischer Einwohner und ihrer Nachkommen. Seitdem ist der Kontakt nicht mehr abgerissen, neue Freundschaften wurden geknüpft. Der Arbeitskreis „Stolpersteine“ möchte das Bewusstsein für ein friedliches Zusammenleben und den Respekt vor Anderslebenden wach halten. Er sieht die Notwendigkeit einer lebendigen Erinnerungskultur aktuell mehr denn je.

Interessierte sind willkommen, sich dem Arbeitskreis anzuschließen und können sich zum Beispiel bei der Mitgründerin Marion Caspers-Merk melden. Für die Verlegung der Stolpersteine auf den öffentlichen Gehwegen vor den Grundstücken der ehemaligen jüdischen Häuser ist die Zustimmung des Gemeinderates notwendig.

Aber auch die heute in den Häusern wohnenden Menschen sollen einbezogen und informiert werden, betonte Caspers-Merk im Nachgespräch: „Es ist natürlich in unserem Interesse, Akzeptanz zu erreichen“, sagt sie. Der Arbeitskreis hofft auf breite Unterstützung. Für vier Stolpersteine – zwischen 200 und 400 Euro pro Stück veranschlagt der Arbeitskreis für Anschaffung und Verlegung – hätten Spendenwillige bereits eine Finanzierungszusage gegeben, so Caspers-Merk.

Auf den Spuren des Buchs von Axel Huettner

Axel Huettner führte die Gruppe entlang der Häuser, die er bereits in seinem 1973 veröffentlichten Buch „Die jüdische Gemeinde von Kirchen 1736 – 1940“ als ehemals in jüdischem Besitz dokumentiert und ausführlich beschrieben hatte. Im Gegensatz zu Kirchener Synagoge, die am 9. November 1938 geschändet und 1940 nach Beschuss vollends abgerissen worden war, stehen einige dieser Häuser noch. Manche sind stark verändert oder abgetragen und neu gebaut worden. Ein Beispiel ist das Haus der Metzgerei Schrodi, an dessen Stelle früher Marx Braunschweig seine Metzgerei hatte, dem mit seiner Frau Regina die Flucht in die USA gelungen war. Ein weiteres Beispiel ist das Haus von Veist und Bertha Bloch, Am Bergrain 1. Auch ihnen gelang die Auswanderung in die USA. Nähme man vertriebene und in den KZs ermordete Juden zusammen, könnte man in Kirchen 58 Stolpersteine verlegen, stellt Huettner fest.

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