Efringen-Kirchen Wollige Facetten des Bio-Anbaus

Ingmar Lorenz

Landwirtschaft: Sechs Ouessant-Schafe auf Rebflächen des Weinguts am Klotz in Istein.

Istein - Die neuen „Mitarbeiter“ von Herbert Reinecker sind fast alle noch kein Jahr alt und lediglich einen halben Meter groß, leisten am Weingut am Klotz in Istein aber bereits wichtige Arbeit: Sechs Ouessant-Schafe tummeln sich seit kurzem zwischen den Weinstöcken.

Herbert Reinecker steht am Zaun an einer Parzelle in den Reben oberhalb von Istein und schüttelt einen Eimer mit Kraftfutter. Von dem Geräusch angezogen, kommen keine zwei Sekunden später sechs kleine Schafe voller Vorfreude angerannt. Das Futter fressen sie ihrem Besitzer inzwischen aus der Hand. Bei einem – dem ältesten – hat das ein bisschen länger gedauert. „Er ist etwas schwer von Begriff – auch für Schaf-Verhältnisse“, lacht Reinecker. Inzwischen lässt sich jedoch auch der Nachzügler durch die Aussicht auf die kleinen Pellets locken. Die Schäfchen am Weingut am Klotz sind aber nicht nur putzig, sondern leisten einen wichtigen Beitrag in den Reben, indem sie das Gras zwischen den Weinstöcken kurzhalten und den Boden durch ihre Hinterlassenschaften düngen.

Kleine Rasse aus dem Westen Frankreichs

Die Idee, Schafe in den Reben einzusetzen, gibt es im Weinbau schon lange – ungewöhnlich ist aber die Rasse, für die sich Reinecker entschieden hat. Die kleinen Ouessant-Schafe anzuschaffen, die eigentlich im Westen Frankreichs zu Hause sind, hatte einen einfachen Grund. Die Überlegung: Da sie nur knapp 50 Zentimeter groß sind, würden sie zwar das Gras fressen, die Reben aber in Ruhe lassen. Das allerdings – so zeigte sich schnell – klappt nur bedingt. Denn die kleinen, wolligen Tiere stellen sich auf die Hinterbeine und gelangen so auch an die unteren Blätter der Weinstöcke. Ein Problem ist das für Reinecker aber nicht. Denn zum einen können die Schafe trotzdem in die Reben – nur eben nicht in der Vegetationsphase. Zum anderen gibt es am Weingut am Klotz inzwischen auch mehrere große Freiflächen, die von den Schafen offengehalten werden.

In den Reben und auf Freiflächen im Einsatz

Deshalb soll es längerfristig auch bis zu 20 der kleinen Tiere im Gut oberhalb von Istein geben. Die sechs, die seit dem Sommer da sind, bilden gewissermaßen die Vorhut. Im August hat Reinecker die Schafe aus der Nähe von Wehr geholt. „Wir wollten einfach mal schauen, wie es läuft“, erklärt er. Und es läuft gut. „Die Tiere sind total genügsam.“ Nachdem sich die Schäfchen auf der entstandenen Freifläche am Standort der ehemaligen Straußenwirtschaft mit der neuen Umgebung vertraut machen konnten, hieß es einige Wochen später: ab in die Reben. Zunächst wurde ein kleiner Bereich für einen ersten Testlauf eingezäunt. Die Stelle, an der die Begrenzung endete, ist noch gut sichtbar: eine scharf gezogene Kante im Gras zeigt an, bis wohin genau die Tiere ihrer Pflicht als „Rasenmäher“ stoisch und ohne Unterlass nachgekommen sind. Inzwischen befinden sich die sechs Schafe unterhalb des Guts auf einer Parzelle, auf der sie sich sichtlich wohlfühlen und auf der auch ihr Wagen steht, in dem sie nachts oder bei Regen Unterschlupf finden. Vier kastrierte und ein unkastriertes Männchen sowie ein Weibchen bilden die kleine Herde.

Wichtiger Beitrag zur natürlichen Düngung

Das in der Vergangenheit konventionell bewirtschaftete Weingut stellt unter der neuen Regie der Familien Reinecker und Keller komplett auf Bio um. Insofern reiht sich der Einsatz der Schafe in eine ganze Palette weiterer naturnaher Maßnahmen ein. Dazu gehört unter anderem der Verzicht auf künstliche Düngung. Was diese Facette angeht, leisten die Schäfchen einen wichtigen Beitrag. Denn natürliche Düngung ist in den Reben zwar im Grund auch durch Bepflanzung zwischen den Weinstöcken möglich. Dabei sterben die Gewächse im Winter ab und werden zu Nährhumus. Fressen allerdings die Schafe diese Pflanzen und scheiden sie anschließend wieder aus, entsteht der wertvollere Dauerhumus, erklärt Reinecker.

Weingut setzt auf naturnahe Maßnahmen

Darüber hinaus wird generell eine Bewirtschaftung angestrebt, die auf die natürliche Ausgewogenheit setzt. Denn durch das richtige Gleichgewicht regele die Natur vieles selbst. „Wir haben hier zum Beispiel sehr viele Vögel“, weist Reinecker auf die Lage des Guts in einem entsprechenden Schutzgebiet hin. Daraus ergebe sich, dass bestimmte Maßnahmen gegen Schädlinge gar nicht mehr notwendig sind, weil die Insekten ganz einfach von den Vögeln gefressen werden. Auf dem Weingut am Klotz hat man deshalb auch schon Projekte ins Auge gefasst, durch welche die Vorteile des natürlichen Gleichgewichts weiter genutzt werden sollen. Für den Moment allerdings gilt ein Gutteil von Reineckers Aufmerksamkeit noch der Einarbeitung seiner sechs neuen tierischen Mitarbeiter.

Nachdem sie das Kraftfutter aus der Hand ihres Besitzes verputzt haben, verteilen sie sich allmählich wieder in den Reben und gehen ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: Gras fressen. Und obwohl die Tiere – diplomatisch ausgedrückt – ein eher einfaches Gemüt haben, ist ihr Anblick faszinierend und beruhigend. „Man könnte ihnen den ganzen Tag zuschauen“, bringt es Reinecker auf den Punkt.

Unterstützung von älteren Artgenossen

Zwar futtern die Schäfchen fast unentwegt, trotzdem sind die Rebflächen des Weinguts am Klotz zu groß für die kleine Herde. Deshalb bekommen sie dieses Jahr noch Unterstützung von ihren größeren Artgenossen: Ein Schäfer wird in den kommenden Wochen zusätzlich etwa 60 normal große Tiere auf die Rebflächen bringen, welche die Ouessant-Schafe einige Zeit bei ihrer „Arbeit“ unterstützen werden.

Im Weingut am Klotz wird es künftig einen neuen Verkaufsbereich und einen Raum für Weinproben geben. Die Eröffnung war eigentlich dieser Tage geplant, verzögert sich jedoch. Zum einen müssen noch einige kleinere Arbeiten fertiggestellt werden, zum anderen sei es vor dem Hintergrund der jüngsten Corona-Entwicklungen aus Sicht von Herbert Reinecker auch nicht der passende Zeitpunkt, mit dem Verkauf in Istein zu starten. „Das wäre ein seltsames Signal“, findet er. Man wolle jetzt die weitere Entwicklung abwarten und gegebenenfalls im Dezember eröffnen. Bis dahin sei der Isteiner Wein in den Betrieben von Reinecker in Auggen und bei Fritz Keller in Oberbergen bereits erhältlich.

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