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Efringen-Kirchen Zwischen Zuversicht und Sorge

Adrian Steineck und Ingmar Lorenz
Gerade der Unterricht gestaltet sich für viele Jugendliche unter Coronabedingungen schwierig. Foto: sba

Corona: Stimmungsbilder von vier Jugendlichen aus dem Rebland. Auf dem Sprung ins Berufsleben.

Efringen-Kirchen - Das Ende der Schulzeit, der Beginn der Ausbildung und der Übergang ins Berufsleben sind auch ohne eine globale Pandemie Situationen, die es in sich haben. Vier Jugendliche aus dem Rebland berichten, wie sich die Lage unter den derzeit erschwerten Bedingungen für sie darstellt. Dabei zeigt sich: Ihre Pläne wollen sie sich vom Virus nicht durchkreuzen lassen, eine gewisse Portion Sorge schwingt aber trotzdem immer mit.

Andi Hartmann sitzt vor dem Jugendzentrum, dem fürs Interview verabredeten Treffpunkt, zieht an seiner Zigarette und überlegt. „Meine Sicht auf die Pandemie hat sich geändert“, sagt er. Im März war alles noch weiter weg, weniger greifbar. „Ich hätte nicht geglaubt, dass wir uns jetzt noch damit befassen müssen“, blickt der 20-Jährige, der derzeit eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker absolviert, auf seine Eindrücke zu Beginn der Pandemie zurück. Der Tragweite ist er sich bewusst: „So etwas Großes habe ich noch nie mitgemacht.“

Die meisten sind informiert und rücksichtsvoll

Auch die Mehrzahl der Jugendlichen hat Respekt vor der Situation, ist Andi überzeugt. Wobei er sofort nachschiebt: „Die Jugendlichen gibt es nicht.“ Man dürfe nicht alle über einen Kamm scheren. Deshalb gebe es auch den einen oder anderen, der sich nicht an die Regeln hält. Das komme besonders dort vor, wo die Vorschriften weniger klar definiert sind, also etwa außerhalb der Schulen. Dass es sich dabei um eine Trotzreaktion oder gar um Böswilligkeit handelt, glaubt Andi aber nicht. Wenn es zu Fehlverhalten kommt, sei das aus seiner Sicht eher auf eine gewisse „Verpeiltheit“ zurückzuführen. Es gebe einfach Gewohnheiten, die schwer zu durchbrechen und abzulegen sind. Die Mehrzahl sei sich der Lage aber bewusst und lege die entsprechende Vorsicht an den Tag, ist er sich sicher.

Andi informiert sich, wie er berichtet, regelmäßig über Online-Auftritte großer Zeitungen wie Spiegel- oder Focus-Online. Die schiere Flut an Infos über die Corona-Entwicklungen werfe für ihn allerdings die Frage auf, welchen Berichten er glauben kann.

Im Alltag erlebt er die Einschränkungen in der Werkstatt, in der auf die Einhaltung des Abstands und das Tragen einer Maske Wert gelegt wird, vor allem aber in der Berufsschule. Im Unterricht gilt Makenpflicht und regelmäßig wird gelüftet, was angesichts der niedrigen Temperaturen teils unangenehm sei. Prägnant fasst er zusammen: „Die Leute, die am Fenster sitzen, sind gearscht.“

Eine Verlegung in Richtung Online-Angebote ist für Andi aber nicht zielführend. Denn die Sachverhalte zu erfassen, sei im Unterricht via Internet nicht einfach, findet er.

Im Zuge des ersten Lockdowns hatte die Schule bereits für einige Zeit geschlossen werden müssen. „Dadurch ist schon ein bisschen was weggefallen“, berichtet er mit Blick auf den Lernstoff. Trotzdem sorgt sich Andi um seine berufliche Zukunft im Grunde nicht. „Man muss auch Rückschläge akzeptieren“, sagt er. Angst habe er lediglich davor, dass sich die Berufsausbildung in die Länge zieht.

Die Zuversicht überwiegt beim Blick voraus

Während des Gesprächs mit Andi fährt zufällig Lukas Läubin auf seinem Fahrrad vorbei. Wie Andi besucht er in „normalen“ Zeiten regelmäßig das Juz, im Zuge des Teil-Lockdowns musste der Treffpunkt aber geschlossen werden. Lukas hält an, um zu schauen, was an diesem Nachmittag am Juz vor sich geht. Spontan berichtet auch er von seinen Eindrücken in Corona-Zeiten, die denen von Andi in vielen Punkten ähneln. Auch Lukas schaut mit Zuversicht in die Zukunft. „Man muss das Beste daraus machen“, sagt er mit Blick auf die Herausforderungen durch die Pandemie.

Lukas besucht die Gewerbeschule in Lörrach und plant, sich bei der Deutschen Bahn zum Lokführer ausbilden zu lassen. Dafür sollte er eigentlich ein Praktikum absolvieren, was coronabedingt aber abgesagt werden musste. Im Februar sei nun ein Ersatztermin anberaumt, erzählt Lukas, der sich in seiner Freizeit unter „normalen“ Bedingungen auch im Isteiner Jugendraum engagiert.

Um den Weg zur Lörracher Gewerbeschule zurückzulegen, fährt Lukas mit dem Bus. Und der ist fast immer gut gefüllt, man steht eng an eng. In der Schule wird dann anschließend wieder großer Wert auf die Einhaltung der Abstände gelegt. „Das fühlt sich schon seltsam an“, beschreibt er den starken Kontrast. Er habe bereits versucht, für den Weg zur Gewerbeschule auf den Zug umzusteigen. Die Verbindungen und Fahrpläne geben das aber nicht her.

Den Unterricht selbst nimmt er ähnlich wahr wie Andi. Mit den Online-Angeboten tut er sich schwer. „Ich war froh, als der Unterricht wieder vor Ort stattfinden konnte.“

Sorge, dass die Ausbildung leidet

Auch für Amra Karahodzic ist der Unterricht im Moment ein bestimmendes Thema. „In der Schule ist es ganz schwierig“, berichtet sie am Telefon. Das stundenlange Tragen der Maske wirke sich aus ihrer Sicht negativ auf die Konzentration aus. Durch das regelmäßig Lüften alle 20 Minuten werde es in den Klassenräumen bisweilen zudem „ganz schön frisch“.

Amra macht eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte im Landratsamt Lörrach. Die Vermittlung der Ausbildungsinhalte findet auch dort unter Einhaltung der Maskenpflicht statt. „Ich verstehe natürlich, dass das nötig ist“, sagt Amra. Zugleich aber stellt sie sich die Frage, ob gerade der Präsenzunterricht weiter sein muss. Man habe bereits Unterrichtseinheiten via Zoom abgehalten, berichtet sie. „Das hat ohne Probleme funktioniert.“

Weil das Lernen via Internet trotzdem nicht das Gleiche sei wie Präsenzunterricht, müsse man jedoch aufpassen, dass einzelnen Schülern keine Nachteile entstehen, betont sie. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, den Online-Unterricht einfach für alle Schüler gleichermaßen einzuführen. Die technischen Voraussetzungen dafür sieht sie als erfüllt.

Für Amra wäre dieser Schritt sinnvoll, weil, wie sie sagt, auch bei Jugendlichen eine Infektion mit dem Coronavirus nicht immer glimpflich verlaufe.

Mit Blick auf ihre Ausbildung sorgt sie sich, dass sich die Situation gegebenenfalls noch verschärfen könnte. Zugleich ist sie froh, dass der Start im September überhaupt möglich war. „Meine Ausbildung umfasst viele Stationen im Landratsamt“, berichtet sie. Amra hofft, dass sie sämtliche Bereiche wie geplant durchlaufen kann.

Zu den Beschränkungen im sozialen Umfeld und den Lösungen, die dabei gefunden werden, erzählt Amra eine nette Anekdote: Es gebe inzwischen sogenannte Netflix-Parties. Dabei wird gemeinsam ein Film geschaut, nur trifft man sich nicht vor Ort, sondern jeder Teilnehmer ist zu Hause am eigenen Rechner und mit den Freunden via Smartphone verbunden.

Für jeden gibt es andere Herausforderungen

Keine Angst, wohl aber Respekt hat Jannik Radermacher vor dem Coronavirus. „Man kriegt die Situation in den Nachrichten mit, und auch im Alltag merkt man einfach, dass etwas fehlt“, sagt der 19-Jährige. Er sei sonst jemand, der von „12 bis 22 Uhr“ viel Zeit mit seinen Freunden verbracht habe, sagt Jannik, der sich im Juz auch als Jugendleiter engagiert und von sich sagt, dass er gern Verantwortung übernimmt. Zugleich ist er aber auch froh, dass im Zuge der nach dem Sommer wieder ansteigenden Infektionszahlen auch die Gegenmaßnahmen wieder verschärft worden sind. In seinem Freundeskreis seien die Auswirkungen der Pandemie ganz unterschiedlich. „Manche arbeiten im Kindergarten und dürfen daher noch ganz regulär zur Arbeit gehen. Aber für meine Bekannten im Gastronomiebereich ist die Situation derzeit natürlich anders“, legt er dar.

Eigentlich hatte der 19-Jährige nach dem Hauptschulabschluss dieses Jahr mit der Berufsausbildung im Einzelhandel beginnen und parallel dazu die Mittlere Reife absolvieren wollen, was aber aus privaten Gründen nicht geklappt hat. Jetzt will er sich nach einer Übergangstätigkeit umsehen, ehe er dann im kommenden Jahr mit der Ausbildung anfängt. Zukunftsangst weckt die derzeitige Situation bei ihm nicht. „Die Bedrohung ist doch relativ abstrakt, da ich glücklicherweise bisher niemanden im Bekanntenkreis habe, der sich mit dem Coronavirus angesteckt hat“, übt er sich allen Widrigkeiten zum Trotz in Zuversicht.

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