Fasnacht in Hausen Narrengericht fällt harte Urteile

Gudrun Gehr
Büttel Uwe Klement und Richter Michael Brugger leiteten die Verhandlungen. Für Burgger war es das letzte Mal als Richter. Foto: Gudrun Gehr

Viermal gab es betretene Mienen bei den Angeklagten des Altbadischen Narrengerichtes im ehrwürdigen „Adler“-Gerichtssaal. Dort mussten die Missetäter Rechenschaft vor den hohen Instanzen des Narrengerichtes mit Richter Michael Brugger und seinem Büttel Uwe Klement sowie den Besuchern ablegen.

Das öffentliche Interesse an den Schandtaten der Hausener Delinquenten war riesig. Dies zeigte sich am immensen Besucherandrang von rund 80 Gästen. Manche ergatterten noch einen Sitzplatz auf dem Fenstersims, andere erhielten einen Stehplatz in dritter Reihe vor der ausgehängten Wirtshaustür.

Details zu den Straftaten

Mit Spannung wurden Details zu den Taten erwartet. Natürlich waren die Täter bestens vorbereitet und hatten jeweils eine präzise Verteidigungsstrategie mit ihren Staranwälten in petto. Richter Michael Brugger betonte eingangs, dass bei den Urteilen nicht mit Milde zu rechnen sei und begann mit der unverfrorenen Straftat von Harald Minut, der als Erster Däfelibueb der Hebelmusik und der Narrenzunft Hausen tausende gutgläubige Besucher beim Auftritt bei der Tattoo-Parade in Basel mit seinem Outfit täuschte.

Richter Brugger sagte: „Dieser Fall ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten.“ Als die Parade durch Basel zog, sei der Angeklagte stolz mit der Tafel vor der Musik vorausmarschiert. Nun fiel auf, dass der Delinquent gar nicht das übliche weiße Hemd unter seinem Gilet trug und das wallende Brusthaar sei über die Tafel gehangen. Flugs wurde von der Hebelmusik Abhilfe geschaffen, mit zwei Blättern einer Küchenrolle wurde ein weißer Ausschnitt gebastelt. Es hagelte zahlreiche Proteste. Als Beweismittel wurden zwei Küchenblätter und das verlorene Brusthaar des Angeklagten vorgelegt.

Harald Minut befand sich selbst für unschuldig. Er sei zwischenzeitlich bereits vom Hohen Gericht in Karlsruhe freigesprochen worden – was Richter Brugger angesichts der juristischen Konkurrenz natürlich für eine ungeheuerliche Anmaßung hielt. Verteidiger Michael Hug appellierte für mildernde Umstände, da die Damenwelt in Basel aufgrund der Tattoos von Minut reihenweise in Ohnmacht gefallen sei.

Jil Schlageter mit ihrem Anwalt Oliver Schmidt Foto: Gudrun Gehr

In Köln gefeiert

Weiter ging es zur Schandtat von Jil Schlageter von den Irrlichtern, die es gewagt hatte, zum Fasnachtsbeginn am „11. 11.“ nach Köln zum Karneval zu fahren und dort zu feiern. Richter Brugger forderte ein scharfes Urteil, da innerhalb der 62 Jahre des Bestehens der Narrenzunft so eine Schandtat noch nicht vorgekommen sei. Die Missetäterin beteuerte ihre Unschuld und wies als Beweismittel eine Fotografie der tausenden Besucher des Kölner Umzugs auf, worauf sie nicht zu sehen sei. Ihr Staranwalt Oliver Schmidt bestätigte die Unschuld seiner Mandantin, weil sich auch der Kölner Karnevalspräsident nicht an den Besuch der hübschen Irrlichterin erinnern konnte. Die besondere Härte des Gerichtes hatte in einem weiteren Fall der Unternehmer Jürgen („Brägel“) Brunner zu erwarten, der sich in einem Interview mit einer Zeitung anlässlich seines Betriebsjubiläums als „Alemannisches Urviech“ bezeichnet hatte. Laut Gericht sei dies ein Missbrauch eines frühgeschichtlichen Namenszusatzes. Laut Lexikon müsste es sich demnach um einen drolligen und naiven Menschen mit Bierbauch handeln. Viel passender wären alemannische Ausdrücke wie „Kümmelspalter“, „Käpseli“ oder „Tschooli“ gewesen.

Heidi Zöllner, Vorsitzende der Muettersprochgesellschaft und Fachfrau fürs Alemannische, legte sich als Verteidigerin mächtig ins Zeug und zerpflückte die Vorwürfe samt Verfahrensfehler. Dass kein Ankläger vorhanden sei, begründete Richter Brugger mit dem derzeitigen Fachkräftemangel. Die korrekte Bezeichnung müsste linguistisch „Urvieh“ lauten, und Johann Peter Hebel würde sich angesichts der „Zuordnungsverwirrung“ und der unklaren Aussage in der Zeitung „wie ein Propeller in seinem Schwetzinger Grabe drehen“. Der Autor müsse als nächster Hebelplakettenträger vorgesehen werden.

Altglasschmuggel

Ein Missetäter befand sich sogar im innersten Zirkel der Narrenzunft. Als Altglasschmuggler wurde Ex-Ozume Mario Brugger enttarnt, der eine Fuhre mit 50 Flaschen Altglas von seiner Gaststätte, dem „Adler“, im Kofferraum über die Schweiz nach Österreich einführte. Nachdem er in Salzburg keinen Altglascontainer vorfand, wurde die Ladung wieder nach Deutschland importiert und beim Bauhof in Memmingen entsorgt. Mario Brugger (“zu arm, um sich einen Verteidiger zu leisten“), beteuerte seine Unschuld und betrachtete das Altglas als EU-Drittlandsware als Spende für die desolate Haushaltslage in Memmingen.

Die Urteile

Däfelibueb Minut muss eine warme Stube für den „Zischdigsstammtisch“ der Alten Manne samt Basler Klöpfer vorbereiten. Jil Schlageter muss im Gewand eines Funkenmariechens ebenfalls ein Fest für die Irrlichter mit einem Fass Kölsch ausrichten. Delinquent Jürgen Brunner wurde zum Ausrichten eines Gartenfestes verdonnert. Gastwirt Mario Brunner muss eine Feier ausrichten, auf der nur Pfandflaschen benutzt werden.

Zum großen Bedauern der Huusemer Fasnächtler verabschiedete sich Michael Brugger nach elf Jahren Richtertätigkeit am Altbadischen Stubengericht in den Ruhestand. Von Ozume Björn Keller erhielt er einen Geschenkkorb.

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