Fasnacht in Zell Einen Abend mit Hürus Giusi unterwegs

Uli Merkle
Sitzt alles? Pagin Larissa prüft Kleider und Kragen von Hürus Giusi vor dem Auftritt. Foto: Uli Merkle

Es ist Samstag, zwei Wochen vor Fasnacht. Für den Zeller Hürus und sein Gefolge heißt dies: Die „große Runde“ steht an, also der Besuch von vier Veranstaltungen an einem Abend – vom Zunftabend der Narrenzunft Hausen über die Chappeobe der Bergvogtei Riedichen, der Talvogtei Grönland und der Vogtei Schwyz. Wir haben Hürus Giusi vo de Hürusmusik auf seiner Runde begleitet. Alles perfekt? – Pagin Larissa prüft die Kleiderordnung vor dem Auftritt

Der Samstag beginnt ruhig. Nachmittags geht der Hürus nochmals seine Reden durch und bespricht sich mit seinem wichtigsten Begleiter, Kanzler Marius. Dabei wird final besprochen, wer wo seinen Hausorden verliehen bekommt. Wurde niemand vergessen? Sind alle Gastgeschenke da, alle Requisiten parat? Danach chauffiert der Kanzler Hürus Giusi zum Treffpunkt.

18 Uhr:

Treffpunkt ist das Bierstüble von Franz und Adelheid. In wenigen Minuten treffen alle ein: Präsident, Präsidiumsmitglieder, Pagen, Gaukler und der Zeremonienmeister. Sie stärken sich, um einen „guten Boden“ für die bevorstehenden Aufgaben haben. Unauffällig mogeln sich die Schwyzer Vögtin Anja und ihre Begleiterin Yvonne zu der tafelnden Gesellschaft und verkünden, dass der heutige Chappeobe der Schwyzer unter dem Motto „Wetten dass?“ steht und die Fastnachtsgesellschaft für die Außenwette auserkoren wurde. Sie wetten, dass Hürus Giusi es nicht schafft, beim späteren Besuch ihrer Vogtei, eine original „Ankeschnitte“ aus Riedichen mitzubringen, zwei Grönländer beim dortigen Chappeobe zu überreden, mit zu den Schwyzern zu kommen, jemanden aus dem Präsidium im Umzugskostüm einer Vogtei vom Umzug im vorigen Jahr zu präsentieren und zwei Personen aufzugabeln, die den gleichen Vornamen wie ein Präsidiumsmitglied tragen. Eine Rücksprache zwischen Hürus und Kanzler, ein paar Telefonate und man ist sich einig: Das bekommen wir hin.

Kurzes Briefing vor dem Auftritt: Hürus Giusi und Kanzler Marius besprechen sich Foto: Uli Merkle

19.40 Uhr:

„Fünf Minuten!“ ruft Zeremonienmeister Benni nach kurzem Pfiff mit der Trillerpfeife ins Bierstüble. Der Zeremonienmeister ist dafür verantwortlich, dass der Zeitplan penibel eingehalten wird. So penibel, dass exakt fünf Minuten später sein Aufruf kommt: „Abmarsch“

20 Uhr:

Zeitgleich mit Hürus und Gefolge trifft auch die Hürusmusik an der Festhalle in Hausen ein. Sie begleitet „ihren“ Hürus während der ganzen Fasnacht. Mit dabei sind auch die „Marketenderinnen“, sieben junge Frauen von der Stadtmusik, die Hürus Giusi und seinen Tross ebenfalls auf Schritt und Tritt begleiten. In ihren Körben haben sie alles dabei, was zum Wohlbefinden des Fasnachtsregenten beitragen kann.

Umsorgen den Hürus: die Marketenderinnen der Stadtmusik Foto: Uli Merkle

Pagin Larissa wirft noch einen prüfenden Blick auf den Hürus: Sitzen Hut und Kragen? Dann ertönt der kurze Pfiff vom Zeremonienmeister und „Einmarsch“. Unter lautem Jubel und dem Zeller Narrenmarsch zieht der vorderösterreichische Hürus in die Festhalle im badischen Hausen ein. Eine praktisch grenzüberschreitende fasnächtliche Verbundenheit attestieren Oberzunftmeister Björn und Zunftmeister Mario den Freunden aus Zell. Die Zeller Fastnachtsgesellschaft ist zwar die „Göttizunft“ der Hausener Zunft, doch bleiben fasnächtliche Seitenhiebe nicht aus. Nach dem Auftritt werden die Zeller galant in die Bar auf der Empore geleitet, wo es „Brune Säu“ gibt. Der Zeremonienmeister wird beim Blick auf den Zeitplan nervös. Pfiff und Abmarsch. Drei Kleinbusse kurven hoch zur Bergvogtei Riedichen.

21.15 Uhr:

Das Programm im Riedicher Bürgersaal läuft auf Hochtouren. Die Wartezeit im engen Vorraum nutzt der Hürus, um mit Kanzler Marius seinen Auftritt kurz durchzusprechen. Alles parat. Alles fertig. Einmarsch. Der Bürgersaal ist brechend voll und beim Narrenmarsch erheben sich alle Besucher von den Plätzen, um den Hürus zu begrüßen. Selbst eine eigene Hürusmusik haben die Riedicher aufgeboten, die Hürus Giusi, mit der Trommel auf den Rücken geschnallt, bravourös begleitet. Nach dem Auftritt kredenzen die Riedicher noch ein Glas Wein, während im Saal das Programm schon wieder in vollem Gange ist. „Fünf Minuten!“ erschallt der Ruf und fünf Minuten später geht’s zur Talvogtei Grönland.

22.25 Uhr:

Es ist eisig geworden. Vor dem „Wilden Mann“ im Grönland stehen Hürus und Gefolge in der Kälte. Drinnen, hinter angelaufenen Fensterscheiben, sitzen die Grönländer dicht an dicht. Selbst Stehplätze sind rar. Dann erklingt der Pfiff vom Zeremonienmeister. Hürus, Gefolge, Hürusmusik und die Marketenderinnen zwängen sich zu den Klängen des Narrenmarsches in die Gaststube. Kein geordneter Einmarsch, eher eine „Druggete“ – aber schön. Der Hürus wird bei seiner Ansprache immer wieder durch Jubelrufe und begeisterte Gesänge unterbrochen, lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Auch hier muss er sich diversen Aufgaben stellen, es gibt Reden und Orden und der Zeitplan gerät vollends außer Kontrolle. Wie soll der Zeremonienmeister bei diesem Tohuwabohu noch durchgreifen? Die Pfiffe aus seiner Trillerpfeife sind kaum zu hören. Aber irgendwie schafft er es, alle wieder hinaus zu bugsieren. Mit 50 Minuten Verspätung geht’s los zu den Schwyzern in der Pizzeria Escopazzo.

23.50 Uhr:

Der Einmarsch in die Vogtei Schwyz erfolgt ohne Wartezeit, da die Schwyzer mit ihrem Programm bereits durch sind. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch. Mit Spannung wird das Ergebnis der Außenwette erwartet. Ja, der Hürus kann eine „Ankeschnitte“ aus der Bergvogtei plus Beweisfoto vorzeigen. Ja, Zunftrat Daniel hat zwei Begleiter dabei, die auch Daniel als Vornamen haben. Ja, ein Zunftrat hat als „Womanizer“ zwei Grönländerinnen überreden können, mit zur Vogtei Schwyz zu kommen. Ja, Gaukler Andy präsentiert sich in einem Kostüm der Vogtei Sunneland vom Umzug im vorigen Jahr. Die Schwyzer müssen ihren Wetteinsatz einlösen: Sie werden die Besucher beim „Altwiiberrenne“ mit Aperol und Häppchen verwöhnen.

1.06 Uhr:

Präsident Peter Mauthe schließt den offiziellen Teil des Abends mit einem dreifachen Ta-Hü auf die Zeller Fasnacht.

1.25 Uhr:

Die Hürusmusik spielt noch immer bei der Vogtei Schwyz, nun verstärkt durch Hürus Giusi an der kleinen Trommel. Ein Hürusmusiker wird vom Hunger übermannt und verputzt unbemerkt die Riedicher „Ankeschnitte“.

Ganz ohne Trommel geht es bei Hürus Giusi nicht Foto: Uli Merkle

2.37 Uhr:

Hürus Giusi wird wohlbehalten von seinem Kanzler wieder nach Hause gebracht. Der Hürus schreibt noch eine Whatsapp-Nachricht: „Schön war‘s – Feierabend.“ Vier von insgesamt mehr als 50 offiziellen Terminen hat er heute abgearbeitet. Am kommenden Wochenende geht’s gemäß dem Fasnachtsmotto weiter: „Wenn’s mol rollt, hebsch‘s nümmi!“

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