Flüchtlingsunterkunft Spanimatt Eine Menge Fragen – und Kritik

Gerald Nill
Auf großes Interesse stieß die Infoveranstaltung zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in Atzenbach. Foto: Gerald Nill

Rund 100 Bürger kamen zum Informationsabend über die Flüchtlingsunterbringung in Atzenbach. Nach zweieinhalb Stunden Frage- und Antwortspiel mit der Landrätin waren die Zuhörer schlauer, dennoch blieben ein paar Unklarheiten und Sorgen.

Der vermutlich verblüffendste Moment war, als der Zeller Fabrikhallen-Besitzer Thilo Fessmann sagte, bei ihm seien keine Vertreter des Landratsamts gewesen, um die ehemaligen Aerosol-Räume als Asyl-Unterkunft zu prüfen. Ute Bobert vom Fachbereich Planen und Bauen dementierte zwar sofort, aber die kritischen Nachfragen von Uli Merkle und Gemeinderat Christoph Freuschle, CDU, trafen ins Schwarze: Warum wurden weder Fessmann noch die Zeller Stadtverwaltung über das Ergebnis der angeblichen Begehung informiert?

Landrätin Marion Dammann sicherte zu: „Wir prüfen das.“ Ansonsten dränge die Zeit, sodass die Unterbringung von 100 Flüchtlingen auf der Spanimatt praktisch alternativlos sei.

Platz für 100 Geflüchtete

In seiner Begrüßung drückte Bürgermeister Peter Palme seine Erleichterung aus, dass keine der drei Zeller Sporthallen für die Belegung mit Flüchtlingen umgenutzt werden muss. Seiner Meinung nach gebe es „keine andere geeignete Fläche als die Spanimatt“. Was da im nördlichen Zipfel der Spanimatt direkt zwischen Bundesstraße und Wiese entstehen soll, ist eine Traglufthalle für 100 Personen. Dazu kommen Duschen, WC und Aufenthaltsräume. Das summiere sich zu einer benötigten Fläche von rund 4000 Quadratmetern. An Pacht erhält Zell dafür 30 000 Euro pro Jahr. Und die Gemeinde muss 40 anerkannte Geflüchtete weniger aufnehmen.

An diesem wenig lauschigen Plätzchen direkt an der B 317 und an der Wiese will der Landkreis die Unterkunft für Flüchtlinge errichten. Foto: Gerald Nill

Andreas Tröndle vom Umwelt-Dezernat verwies auf eine Ausnahme im Gesetz, die es zulasse, dass der Landkreis in einem Hochwassergebiet baut. Dieter Berger vom BUND fragte, ob Extrem-Ereignisse wie im Ahrtal berücksichtigt würden. Im Jahr 1984 habe ein extremes Hochwasser Zell überflutet. Damals mussten Wehre gesprengt werden. Die Überflutungsgefahr sprachen auch die Ortschaftsräte Bernhard Karle und Marco Wassmer an. Dammann antwortete: „Wenn wir Verhältnisse wie im Ahrtal haben, ist die Halle evakuiert. Mit unseren Evakuierungsplänen sind wir ganz sicher unterwegs.“

Weder Sozialdezernentin Elke Zimmermann-Fiscella noch die Landrätin wollten auf die Frage zu den Kosten eingehen. Container oder Hallen seien gleich teuer, hieß es.

Sorge wegen Verkehr

Die Halle soll zwischen Wiese und Bundesstraße stehen. Dort gilt Tempo 100. „Das Tempolimit prüft das Straßenverkehrsbüro“, antwortete Dammann hierzu. Die Flüchtlinge seien durch einen Zaun relativ geschützt.

Als es mit der Frage, warum Deutschland so viele Flüchtlinge aufnehmen müsse, über den konkreten lokalen Bezug hinausging wurde, nahm Dammann dem Kritiker den Wind aus den Segeln, indem sie sagte, Lörrach gehöre zu den 35 Landkreisen in Baden-Württemberg, die gefordert hätten, das Asylrecht zu prüfen und Asylbewerber in Europa gleichmäßig zu verteilen. Eine weitere Stimme kritisierte die Asyl-Praxis generell und erhielt dafür Applaus von den Bürgern.

Gemeinderätin Hannelore Vollmer kehrte zu den Fakten zurück. Sie kritisierte den Betreuungsschlüssel von 1:90 und erhielt zur Auskunft, woanders liege er bei 1:140. Rosch Kadir, Heimleiter in Wiechs, berichtete, dass die Bewohner tagsüber in Kursen seien oder arbeiteten. Er berichtete auch, dass aktuell wöchentlich ein abgelehnter Asylbewerber abgeschoben werde.

Der einzige, der davon sprach, wie die Menschen integriert werden können, war Wolfgang Lindner, der 2015 einen ehrenamtlichen Helferkreis für Flüchtlinge aufgebaut hat und auch jetzt wieder parat steht, was Bürgermeister Palme ausdrücklich lobte. Ortschaftsrätin Stefanie Bauer merkte dazu kritisch an, wie Integration gelingen solle, wenn die Flüchtlinge so weit außerhalb der Ortschaft untergebracht würden.

Paul Hailperin, Grüne, empfahl unter Applaus, das Fessmann-Gebäude nochmals zu prüfen, was Dammann zusagte. Zum Schluss ließ ein Anlieger Dampf ab, sprach von einer „Bananenrepublik“ und erhielt viel Applaus. Seine Anhörung komme noch im Baugenehmigungsverfahren, versicherte Dammann sachlich. Doch zuvor ist noch die Stellungnahme des Ortschaftsrates am 14. Dezember sowie die Abstimmung im Gemeinderat am 18. Dezember erforderlich. Das Landratsamt möchte den Bau im ersten Quartal 2024 durchziehen. Für die Tiefbauarbeiten werden vier Wochen veranschlagt, für den Aufbau der 50 mal 36 Meter großen Halle und der Container sechs Wochen.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading