^ Führung mit Ewald Kaiser: Auf Entdeckungstour durch die Dorfgeschichte - Grenzach-Wyhlen - Verlagshaus Jaumann

Führung mit Ewald Kaiser Auf Entdeckungstour durch die Dorfgeschichte

Rolf Reißmann
Ewald Kaiser in seinem Element: Dorfgeschichte(n) erzählen. Foto: Rolf Reißmann

Mit Ewald Kaiser durchs Dorf zu gehen, verspricht stets, viel Unbekanntes zu erfahren. Das war auch bei der jüngsten Wanderung am Samstag der Fall.

Denn mit seinen nunmehr 90 Lebensjahren kann Kaiser auf einen riesigen Erlebnis- und Erfahrungsschatz zurückblicken und weiß wohl für fast jedes Haus und jeden Platz im Dorf mindestens eine Anekdote.

Vor Beginn der jüngsten Wanderung am Samstagnachmittag mussten alle nahezu 50 Teilnehmer erst einmal klettern: Kaiser hatte als Aufgangspunkt den Wendeplatz in der Schützenstraße ausgewählt, dort wo die Hohligaß beginnt.

Am Randes des Steinbruchs

Gleich zu Beginn wusste er zu erzählen, dass die Solvay in den 1930er Jahren einen Bagger auf den Berg brachte, um dort am Rande des Steinbruchs überschüssigen Löss wegzuräumen. Für die Steinbrucharbeit wurden Ende der 1930er bis in die 1940er Jahre sowjetische Zwangsarbeiter eingesetzt.

Weiter oben, Richtung Mühlerain, standen seit jeher Reben. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Gelände terrassiert, viel früher als der Tuniberg, meinte Kaiser schmunzelnd. Bis hinunter zum Grundstück des späteren Rathauses reichten die Reben.

Wege der Wasserversorgung

Weiter unten dann legte der Wanderführer einen Halt an einer unscheinbaren Stelle ein, genau über einem Hydranten in der Straße. Im Jahr 1929 war die erste Wasserleitung in der Schützenstraße verlegt worden. Vor dem Wasserleitungsbau, wusste Kaiser zu berichten, gab es im Dorf neun nahezu gleichmäßig verteilte Brunnen, sodass die Wege zum Wasser in allem Wohngegenden etwa gleich weit waren. Schon 1875 wurde neben der heutigen Klosterstraße aus dem Mühlbach Wasser abgezweigt, in einer Dreikammer-Grube geklärt und dann auf die Brunnen verteilt. Denn die alte Quelle aus dem Kalkfelsen reichte mit ihrem Wasseraufkommen nicht mehr aus.

1911 erreichte die erste Wasserleitung die Wohnhäuser. Als auch die Versorgung über die Brunnen nicht mehr ausreichte, wurde oberhalb der Schützenstraße der Hochbehälter gebaut.

Wie stets bei seinen Wanderungen hatte Ewald Kaiser wieder eine Fülle historischer Fotos und Dokumente mitgebracht. Damit erinnerte er an die alte Dorfstruktur, denn vieles davon ist heute nicht mehr erkennbar. So standen im Bereich der Bergstraße noch bis in die 1960er Jahre überwiegend kleine Häuser, meist von Tagelöhnern genutzt. Zwei, drei Ziegen konnten sie in den kleinen Grundstücken zur Selbstversorgung halten. Heute ist das Areal mit größeren, zum Teil sogar mehrgeschossigen Häusern bebaut.

Gasthaus-Geschichten

Durch den Baumgartner führte die Wanderung bis hinunter zum einstigen Gasthaus „Ochsen“. Kaiser erinnerte daran, dass das älteste Gasthaus allein in den vergangenen 100 Jahren vielfältige Nutzungen erfuhr: Tanzsaal und Kino waren untergebracht, während der NS-Zeit fanden die schon erwähnten Zwangsarbeiter in den Steinbrüchen hier ihre Unterkunft.

Das gegenüberliegende Zehnthaus sei gar nicht das gewesen, was der Name aussagt. Stattdessen diente es dem „Ochsen“ als Wirtschaftsgebäude und als Ausspanne. Interessant sei seine Kubatur: Breite, Länge und Höhe betragen jeweils 17,20 Meter.

So wurde auch diese Dorfwanderung wieder ein höchst informatives Erlebnis.

Aufmerksamkeit für Enzo

Organisiert wurde sie von Ulrich Kaiser, der damit zwei Ziele verband: Einmal sollte es eine Würdigung zum 90. Geburtstag seines Onkels Ewald Kaiser sein, andererseits sollte es auf die Situation des erst 14 Monate alten Enzo Pflüger aufmerksam machen, dessen Eltern mit ihrem Kind ebenfalls teilnahmen: Der Junge leidet an einer seltenen Erkrankung, für deren aufwändige Behandlung die Eltern Unterstützung benötigen.

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