Unverständlich sei für ihn, dass man Mesut Özil nun als alleinigen Sündenbock der verkorksten Weltmeisterschaft verantwortlich macht. „Er wird als einziger kritisiert, dabei haben alle schwach gespielt.“ Aber Özil sei immer nur kritisiert worden. Sei es wegen der zu laschen Körperhaltung, des Schweigens während der Hymne und, und, und.
„Warum respektiert man das nicht? Wie es in ihm drin aussieht, das weiß doch eh keiner.“ Und so findet es Erdogan nur konsequent und richtig, dass der in Gelsenkirchen geborene Kicker des FC Arsenal London nun den Schlussstrich gezogen hat. „Ich verstehe ihn. Das kochte in ihm richtig hoch.“ Was die fußballerische Qualität anbelangt, sei Özils Rücktritt doch zu verschmerzen. „Deutschland hat doch genügend super Spieler.“
Seit dem berühmt-berüchtigten Foto mit Recep Tayyip Erdogan sei es ja auch gar nicht mehr um das deutsche Team gegangen. „Der Druck lastete alleine auf Özil und Gündogan. Es wurde schlechte Stimmung gemacht und nur draufgehauen.“
Dass sich der Deutsche Fußball-Bund, der Özil lange Zeit als den Vorzeige-Integrierten überhaupt dargestellt hat, nicht schützend vor die Spieler gestellt habe, sei schlicht und einfach enttäuschend. „Ich glaube nicht, dass dieses gemeinsame Foto aus politischen Absichten gemacht wurde. Das war eine rein private Angelegenheit“, findet Vedat Erdogan. Und was die Integration Özils anbelangt? „Er hat für die deutsche Nationalelf gekickt, mehr Integration geht nun wirklich nicht. Und dass er die Nationalhymne nicht mitsingt, das ist eben so.“ Da sei er in all den Jahren auch nicht der einzige gewesen.
Warum sich Özil nicht früher in der Öffentlichkeit geäußert hat, um damit vielleicht etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen? „Vielleicht hat er gedacht, dass bei einem erfolgreichen WM-Abschneiden das eh alles egal ist und er sich nicht mehr rechtfertigen muss.“
Denn eines merke auch er, dessen Opa vor vielen, vielen Jahren als Einwanderer nach Deutschland kam, immer wieder: „Wenn es gut läuft, ist die Herkunft uninteressant, läuft es aber schlecht, dann ist man auf einmal nicht integriert“, wiederholt sich Erdogan.