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Fußball Er wollte für immer in Basel bleiben

Mirko Bähr
Fast zwei Jahrzehnte spielte Raoul Petretta in rotblau. Hier ist er im Spiel gegen den FC Lugano in der Saison 2017/18 zu sehen. Foto: Grant Hubbs

Fußball Petretta verlässt den FCB nach 19 Jahren, will sich nun in Istanbul behaupten

Sage und schreibe 19 Jahre lang ist Raoul Petretta beim FC Basel dem runden Leder hinterhergejagt. Dort durchlief er nach seinem Wechsel vom SC Rheinfelden 03 ab der U7 sämtliche Nachwuchsstufen, wurde zum Profi und absolvierte 150 Partien für die erste Mannschaft. Seit wenigen Wochen trägt der Rheinfelder nun aber das Trikot von Kasimpasa Istanbul in der Süper Lig.

Von Mirko Bähr

Istanbul. „Ich bin sehr gut aufgenommen worden von der Mannschaft. Die Jungs haben es mir einfach gemacht. Immerhin sind mehr als eine Handvoll deutschsprachiger Spieler dabei, da fällt die Integration doch einfacher“, sagt der 25-Jährige.

Vom Rhein an den Bosporus, blauweiß statt rotblau: „Ich habe mich vom ersten Moment an willkommen gefühlt. Man konnte spüren, wie sehr mich der Verein will. Das ist ein schönes Gefühl“, nennt Petretta die Beweggründe des Wechsels zum Elftplatzierten der vergangenen Runde in der höchsten Spielklasse der Türkei.

Zuletzt fehlte es Petretta an Wertschätzung

Eben dieses Gefühl von Wertschätzung hatte Petretta bei seinem Heimatverein zuletzt sehr vermisst. Eigentlich, so machte er immer wieder deutlich, wollte er für immer beim FCB bleiben, doch der fehlende Respekt seiner Person gegenüber hatte ihn zum Umdenken veranlasst. „Wie man mit mir umgegangen ist im letzten halben Jahr vor Vertragsende, das geht einfach nicht“, findet er deutliche Worte.

Gerade als das Verletzungspech in der vergangenen Saison zuschlug, hatte sich das verstärkt bemerkbar gemacht. Petretta fiel lange aus, stand auch aufgrund einer hartnäckigen Bänderverletzung nur 13-mal auf dem Rasen, dabei gelangen ihm immerhin ein Tor und ein Assist.

Ein Angebot zur Vertragsverlängerung hatte der italienische Staatsbürger schließlich abgelehnt. Während FCB-Chef David Degen meinte, dass Petretta nicht ins Basler Gehaltsgefüge passe, meinte der Spieler selbst, dass es ums Geld nie gegangen sei. Kein schönes Ende. „Wenn ich mich an etwas Negatives erinnern soll, dann ist das wohl das letzte halbe Jahr in Basel.“

Emotionaler Abschied von den Fans per Video

„Traurig und emotional“ ist der Moment gewesen, als er sich per Videobotschaft von den FCB-Fans verabschiedete. Denn in immerhin 150 Partien trug der linke Außenverteidiger das Basler Trikot, schoss dabei zehn Treffer und lieferte elf Torvorlagen. „Ich habe immer 100 Prozent gegeben und dabei jeden Augenblick genossen. Als ich mit sieben Jahren zum FC Basel kam, wusste ich schon, dass ich hier lange bleiben möchte“, lässt Petretta in diesem Video wissen.

Es wurden 19 Jahre. Ein erstes Ausrufezeichen seiner Karriere war das Debüt in der ersten Mannschaft. „Ich war sehr nervös“, erinnert sich Petretta an den 19. Spieltag der Saison 2016/17, als er beim 4:0 gegen den FC Lugano unter Trainer Urs Fischer seine Premiere in der Super League feierte. „Das war einer der schönsten Momente. Als Kind träumt man davon, mal in so einem Stadion kicken zu dürfen.“

Im Februar 2017 unterschrieb er dann seinen ersten Profivertrag und jubelte wenige Monate später über den Gewinn der Schweizer Meisterschaft. 2019 kam dann auch noch der Schweizer Cupsieg hinzu.

Echte Höhepunkte waren aber sicherlich die Champions League-Auftritte mit dem FCB. Petretta war mit von der Partie, als die „Bebbi“ im November 2017 Manchester United im heimischen „Joggeli“ in letzter Minute mit 1:0 bezwangen und er die Vorarbeit für Michael Langs Treffer leistete. „Diese magischen Nächte waren wunderschön, sie bleiben unvergesslich. Daran werde ich immer zurückdenken“, so Petretta.

Im Sommer ging es dann nach Istanbul

Seit Juli tritt der 25-Jährige nun für Kasimpasa gegen den Ball. Istanbul ist sein neuer Lebensmittelpunkt. „Eine unglaubliche Stadt“. Groß sei sie und wunderschön. „Istanbul hat so viel zu bieten“, schwärmt Petretta. Neu sei für ihn, weit weg von der Familie zu sein. „Wir hören uns täglich, aber ich werde sie und meine Freunde nun weniger sehen“, weiß der ehemalige U21-Nationalspieler Italiens. Da seine Partnerin mit ihm nach Istanbul ziehe, falle ihm das aber bedeutend leichter. „Dafür bin ich ihr sehr dankbar.“

Einhundert Prozent sicher sei er sich, dass er ab und an Besuch bekomme. Aber auch er wolle so oft wie möglich seine alte Heimat besuchen kommen. „Wobei das nicht ganz so einfach ist.“

Denn eine Kaffeefahrt ist die Reise in die Bosporus-Metropole nicht. Im Gegenteil. Der Verein will in der Süper Lig einen Platz erreichen, der die Teilnahme an einem europäischen Pokalwettbewerb bedeutet. Und persönlich hat sich Petretta zum Ziel gesetzt, möglichst viel zu spielen. „Ich freue mich, einen anderen Fußballstil zu sehen, Teil davon zu sein. Und natürlich möchte ich mich im Ausland durchsetzen und zum unverzichtbaren Stammspieler avancieren.“

Misslungener Start in die neue Saison

Der Auftakt in die neue Saison verlief indes alles andere als nach Petrettas Geschmack. Zwar spielte er über 90 Minuten auf seiner angestammten Position auf der linken Außenbahn, doch musste sich Kasimpasa bei Stadtrivale Basaksehir am Ende mit 0:4 geschlagen geben. Nach einem 0:6 am zweiten Spieltag gegen Fenerbahce – Petretta spielte wieder durch – musste der damalige Trainer Samir Ugurlu gehen.

Unter Nachfolger Can Senol setzte es am vergangenen Wochenende gegen Giresunspor beim 0:1 schon die dritte Saisonniederlage. Petretta musste nach elf Minuten bereits vom Feld.

„Das haben wir uns sicherlich anders vorgestellt, auch wenn wir gegen eine gute Mannschaft antreten mussten. Dennoch haben wir jetzt noch genug Spiele, um das wieder gutzumachen“, sagt Petretta, dessen Teamkollegen unter anderem die ehemaligen Bundesligakicker Jeffrey Bruma und Yunus Malli, Bosniens Nationalspieler Haris Hajradinovic, Mortadha Ben Ouanes (Nationalspieler Tunesiens) oder Kameruns Mittelstürmer Stéphane Bahoken sind.

„Ich freue mich auf alles was kommt“, sagt Petretta. „Auf die Wohnung in Istanbul, auf eine schöne Zeit, auf die großen Stadien der Türkei mit der überragenden Stimmung und auf das Essen“, schmunzelt er. Und aus der Ferne verfolgt er das Abschneiden seines Ex-Klubs. „Das ist doch klar. Auch wenn ich viele Spieler schon gar nicht mehr kenne“, so Petretta, der aber noch den einen oder anderen Kontakt pflegt. Von Taulant Xhaka und Andrea Padula höre er regelmäßig etwas.

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