Fußball „Verurteilen so etwas aufs Schärfste“

Die Oberbadische
Gewalt im vor allem im Profi-Fußball - ein alltägliches Bild in Deutschland. Foto: Schwabo Foto: Die Oberbadische

Fußball Ordnungshüter auf dem Kickplatz und unfaires Gebaren schon vor dem Spiel – kein goldener Oktober

Polizeieinsatz auf dem Sportplatz, prügelnde Halbwüchsige, Tätlichkeiten gegen den Schiri, sich maßlos daneben benehmende Zuschauer und Schummeleien aufgrund von Personalsorgen. So einige Negativschlagzeilen hat es im Fußballbezirk Hochrhein nun im Oktober gegeben. Ein Rückfall in alte Zeiten oder nur eine zufällige Aneinanderreihung? Unser Sportredakteur Mirko Bähr hat bei Ralf Brombacher, Bezirks-Vize und Chef der Hochrhein-Schiedsrichter, nachgehakt.

„Tumultartige Szenen bei einem Fußballspiel“, hieß es jüngst in einem Polizeibericht. Im Jugendbereich prügeln Nachwuchskicker auf ihre Gegenspieler ein beziehungsweise knöpfen sich den Schiri vor. Herr Brombacher, Ihnen müssen die Nackenhaare wieder zu Berge stehen.

Halt, halt. Da waren einige unschöne Dinge, das stimmt. Aber ich halte nichts davon, jetzt polemisch zu werden und so zu tun, als seien wir wieder da, wo wir vor vier Jahren waren, als wir pro Saison über 25 Spielabbrüche hatten, davon 22 wegen Vergehen gegen den Schiri. Wir hatten damals ein Zeichen gesetzt und den gesamten Spieltag abgesetzt. Jetzt haben wir im Schnitt eine Handvoll Spielabbrüche in der Saison. Aber klar, es gibt immer wieder Momente, wo die Emotionen gehörig über das Ziel hinausschießen.

Sie haben also keinen Negativtrend ausgemacht?

Nein. Es war eher eine unglückliche Aneinanderreihung. Wir müssen wegen verschiedener Einzelfälle nicht alles infrage stellen. Bei den Schiedsrichtern jedenfalls herrscht Ruhe, es ist alles okay. Natürlich werden wir aber die Lage beobachten und wenn nötig eingreifen.

Beim C-Liga-Spiel TJZ Weil gegen Tumringen III am vergangenen Wochenende musste die Polizei ausrücken. Die Polizei rückte mit einem größeren Aufgebot samt Diensthund an...

Da haben sich die Zuschauer geprügelt. Fans sollen Anweisungen der Ordner nicht befolgt haben, daraus ist dann eine Schlägerei entstanden. Wir lassen das aus Sicht des Bezirks nicht so einfach stehen und werden hier auch tätig werden. Wir müssen nun genauer analysieren, was man hier besser machen kann. Aber das war kein fußballspezifisches Problem. Wie so häufig.

Zwei Jugendspieler des TuS Stetten wurden zu langen Sperren verurteilt, weil sie einen Unparteiischen angegangen haben.

Wir verurteilen so etwas natürlich auf das Schärfste. Sie haben ihn gestoßen und geschubst, das geht nicht. Sie haben nun eine auf den Deckel bekommen, müssen lange zuschauen und können sich überlegen, ob das richtig war. Ich sage schon immer, dass A-Jugend-Spiele Brennpunktspiele sind. In dieser Altersklasse will man erwachsen sein, ist es aber in vielen Bereichen noch nicht. Der fehlende Respekt ist doch ein gesellschaftliches Problem. Der Fußball, das ist nicht neu, ist Heimat für alle sozialen Schichten. Das birgt natürlich auch Risiken.

Der FSV Rheinfelden hat wegen verschiedener Handgreiflichkeiten zwei Jugendteams aus dem Spielbetrieb genommen.

Der Verein wird für das Verhalten seiner Mitglieder immer wieder und wieder bestraft. Da kommt irgendwann ein Geldbetrag zusammen, wo du schon überlegen musst, ob es noch das richtige ist, was du machst. Solch’ ein ungebührliches Verhalten von Jugendspielern, gerade im B- oder A-Jugendbereich, hat es schon immer gegeben, und wird es auch immer geben. Ich will da kein Fass aufmachen. Noch mal. Wir schauen genau hin und werden tätig, wenn wir glauben, dass es richtig ist.

Und dann flog auch noch eine Schummelei auf, die es in die überregionalen Zeitungen und ins Radio schaffte. Der SV Liel-Niedereggenen täuschte einen Autounfall vor, um nicht ersatzgeschwächt ein Spiel bestreiten zu müssen.

Persönlich finde ich die Aktion einfach nur peinlich. Um mal der Wahrheit die Ehre zu geben: In der Kreisliga B, wir sprechen von der zweituntersten Liga in Deutschland, kann man doch jeden Feldspieler ins Tor stellen. Das war eine dumme Aktion eines Einzelnen. Aber das haben die Verantwortlichen ja schnell gemerkt. Viele im Verein wussten ja gar nichts von dieser Aktion. Das war eine Kurzschlusshandlung, die jetzt mit einer hohen Geldstrafe belegt wurde. Die Punkte sind auch weg, also Haken dran. Ob die Medien dieses Thema nun so hochbauschen müssen? Aber das ist wohl eben so.

Auch hier also ein Einzelfall und kein ernst zu nehmender Trend, um sich mit unerlaubten Mitteln einen, wenn auch fragwürdigen Vorteil zu verschaffen?

Aus meiner Sicht ja. Der Oktober verlief in dieser Hinsicht schon sehr unglücklich. Das kam schon alles sehr geballt. Wir beobachten das.

Und nicht jeder Absage sollte nun eine gewisse Skepsis entgegengebracht werden?

Absolut. Meist sind die Plätze tatsächlich unbespielbar. Das entscheidet ja auch der Schiedsrichter. Ich rufe hiermit die Vereine auch zu gegenseitiger Fairness auf. Es ist, so bin ich der Meinung, doch hin und wieder so, dass man nur auf sich schaut und einem der Gegner und dessen Probleme, die es immer geben kann, völlig egal sind.

Wie meinen Sie das?

Früher, als mein Vater noch Vorsitzender beim FC Kandern war, hat er auch schon Anrufe bekommen, in denen eine gegnerische Mannschaft angefragt hat, ob man denn das Spiel nicht noch verlegen könnte. Drei Spieler seien schließlich bei einer Hochzeit. Kein Thema. Da wurde dann eben am Mittwoch gekickt. Aber so richtig zu denken gibt mir derzeit etwas anderes.

Was denn?

Als ich am Montag die Zeitungen aufgeschlagen habe, musste ich feststellen, dass immer wieder die Unparteiischen von den Vereinsvertretern einen auf den Deckel bekommen, wenn die eigene Mannschaft verloren hat. Das nervt mich schon außerordentlich. Ich lese elf Spielberichte, zehnmal wird gemeckert. Ich sage es ganz offen: Wenn wir die Fehler der Spieler in einem Spiel mit den falschen Entscheidungen der Schiris vergleichen, dann bin ich mir sicher, würden die Schiedsrichter gut abschneiden.

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