Die steilen Kalksteinklippen von Larrybane sind auch eine Pracht, einige der Schlüsselszenen von „Game Of Thrones“ wurden hier gedreht. Doch wenn’s hart auf hart kommt, dann ist das auch der Parkplatz für Touristen, die sich die benachbarte Hängebrücke Carrick-a-rede anschauen wollen oder ein super Ort, um den Hund auszuführen.
Unschlagbar dagegen: The Dark Hedges, in der Serie Teil des „Königweges“. Eine gerade mal einen Kilometer lange Allee, gesäumt von dicken Buchen, die dort seit dem 18. Jahrhundert stehen und über der Straße förmlich ineinander greifen. Magisch, gespenstisch, romantisch, umwerfend – alles gleichzeitig. Dann hupt ein Autofahrer, weil’s eben auch eine „nomale Straße“ ist.
Winterfell ist eine Enttäuschung
„Winterfell Castle“, das im echten Leben Castle Ward heißt, ist derweil eine herbe Enttäuschung. Jedes schwäbische Dorf hat anmutigere Bauten zu bieten. „C.G.I.“, sagt William Van Der Fels und meint damit „Computer Generated Imagery“. Mittels Tricktechnik wurde die Burg für „Game Of Thrones“ fast bis zur Unkenntlichkeit aufgehübscht und vergrößert. Van Der Fels, der ein wenig wie Kevin Costner aussieht, hat das Sagen auf Winterfell. Er legt den Gästen die Uniformen des Stark-Clans an, lehrt sie mit Pfeil und Bogen zu schießen oder hält ihnen beim Mittagessen aus heiterem Himmel ein Plastikschwert an den Hals und ruft: „Du weißt gar nichts Jon Schnee. Willst du sterben?!“. Und dann stolpert er doch fast über eines der „Game Of Thrones“-Mountainbikes mit denen Touristen seit ein paar Tagen auch per Radtour die Umgebung erkunden können. „Oh, huch! Die sind neu“, lacht er.
Sein Kollege Andrew Porter ist schon länger hier. Der 35-Jährige zeigte Touristen früher die angrenzenden Wälder, Schlösser und Wiesen. Mit dem Erfolg der Serie schulte er zum „Game Of Thrones“-Experten um und führt nun zusammen mit 15 Kollegen bis zu 400 Serien-Fans täglich durch die verschiedenen Anwesen und Landschaften.
Er zeigt auf eine Lichtung im Wald, hier wurde mit monströsem Aufwand die erste Szene von „Game Of Thrones“ gedreht. „Das Team hat hier zehn Wochen lang alles mit Kunstschnee präpariert. Für diese eine Szene, die dann doch nur wenige Sekunden lang in der Folge zu sehen war.“ Für eine andere Szene wurden Pferde gebraucht. Viele Pferde. Mehr Pferde als es in Nordirland gibt. Also ließ HBO die Tiere aus der ganzen Republik Irland ankarren.
Wo „Game Of Thrones“ noch nicht war
Mittlerweile muss HBO einen noch größeren Aufwand betreiben: bei jedem Dreh sichert eine Hundertschaft an Sicherheitsleuten die Orte weiträumig ab. Denn nicht wenige Fans liegen da auf der Lauer, um zu erfahren, wie es grob weitergehen wird mit der Handlung. „Richtig witzig wird’s, wenn die Fans Nachts mit selbst gebauten Schwertern und Kostümen über die Mauern des Anwesens klettern, um im Wald Szenen originalgetreu nachzustellen,“ sagt Porter.
Höhepunkt der Touristen-Route ist das Weltkulturerbe „Giant’s Causeway“: unzählige vier-, fünf-, sechseckige Basaltsäulen, die seit ungefähr 60 Millionen Jahren aus dem Meer ragen. „Game Of Thrones“ war hier noch nicht. Dafür schossen hier in weniger grauer Vorzeit, ungefähr 1973, Led Zeppelin das Cover ihrer Platte „Houses Of The Holy“. Es ist ein guter Ort, die eigene Spezies nicht zu ernst zu nehmen. Die Natur ist stärker.
An manchen Orten gewinnt dennoch der Mensch: „Hier dürfen wir leider nicht anhalten“, sagt Dee später auf einem Abschnitt der Küstenstraße, „HBO will das nicht“. Sie zeigt auf einen weiß angemalten Berg. In der Serie ist er Teil der hart umkämpften „Mauer“. Der Rest wird zum Beispiel in den Titanic-Studios in Belfast mittels Tricktechnik gedreht.
Vollbartträger bevorzugt
In der Werft Harland & Wolff wurden in den vergangenen 150 Jahren hunderte von Schiffen und Luxuslinern gebaut. Eines davon floppte im großen Stil: die Titanic. Trotzdem lockt am Hafen seit 2012 das „Titanic“-Museum. Ein Klotz, der auf mehreren Ebenen die Geschichte des gesunkenen Luxusliners erzählt und dabei durchaus zu langweilen weiß. Auch weil nur ein paar Meter entfernt die penibel bewachten „Titanic Studios“ liegen. Dort werden zahlreiche Szenen gedreht. Der eiserne Thron aus der Serie – er steht ebenfalls dort. Und „Game Of Thrones“ lehrte uns: jeder will ihn besteigen.
„Lass Dir einen Vollbart wachsen“, rät Dee. „Vielleicht klappt’s ja als Komparse. Ansonsten wird es schwierig, da reinzukommen.“