Grenzach-Wyhlen Angeklagter bekommt letzte Chance

Manfred Herbertz
Der Angeklagte zündete einen pyrotechnischen Gegenstand und warf diesen aus dem Wohnungsfenster in Richtung Polizei. Ein Beamter wurde dabei verletzt. Foto: Tim Nagengast

Gerichtsurteil: Bewährungsstrafe für Grenzach-Wyhlener / Polizist durch Explosion verletzt

Das Lörracher Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Christoph Gadesmann hat am Mittwoch einen Mann aus Grenzach-Wyhlen zu zwei Jahren auf Bewährung und Zahlung einer Geldauflage von 1500 Euro verurteilt. Der 31-Jährige hatte im Oktober nicht nur eine Mülltonne Richtung Streifenwagen geworfen, sondern auch einen Polizeibeamten verletzt, indem er einen pyrotechnischen Gegenstand warf.

Grenzach-Wyhlen. „Ich hoffe, dass ich noch mal eine Chance bekomme“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort. Und das Lörracher Schöffengericht ließ Gnade walten. Es verurteilte den 31-Jährigen trotz einer offenen Bewährungsstrafe zu einer Strafe von einem Jahr und fünf Monaten, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Auch muss der Angeklagte eine Geldauflage von 1500 Euro bezahlen. Dass er nochmals mit einer Bewährungsstrafe davonkommen würde, war zunächst einmal nicht ganz sicher, denn der Mann hat laut Gericht bereits 16 Einträge im Bundeszentralregister gesammelt, davon vier einschlägige.

Einsatz eskaliert

Verhandelt wurde in einem Fortsetzungstermin gegen den 31-Jährigen wegen des Verdachts des vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, am frühen Morgen am 24. Oktober im vergangenen Jahr in der Markgrafenstraße in Grenzach-Wyhlen eine Mülltonne auf die Fahrbahn vor einen herannahenden Streifenwagen der Polizei geworfen zu haben, um diesen zu beschädigen. Anschließend habe sich der Angeklagte in seine Wohnung zurückgezogen.

Als weitere Kräfte der Polizei eintrafen, habe der Angeklagte einen pyrotechnischen Gegenstand angezündet und aus dem Fenster seiner Wohnung in Richtung der Polizeibeamten geworfen. Durch die Explosion und die dadurch entstandene Druckwelle sei ein Polizist verletzt worden.

Umfassendes Geständnis

Zugute wurde dem Angeklagten unter anderem gehalten, dass er ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, das von seinem Verteidiger vorgetragen wurde. Außerdem versicherte der Grenzach-Wyhlener glaubhaft, dass er seine Alkoholproblematik inzwischen in den Griff bekommen habe, zumal er jetzt in einer neuen Beziehung lebe. Auch die Tatsache, dass der Angeklagte einem festen Beruf nachgeht, wertete das Gericht zu seinen Gunsten. Der Mann habe mit seinem Geständnis „reinen Tisch“ gemacht, befanden Richter Gadesmann und der Verteidiger einmütig.

Durch Alkohol enthemmt

Die Bewährungsstrafe, so formulierte es der Richter in seiner Urteilsbegründung, sei wohl die letzte Warnung gewesen und der Mann habe dieses offenbar auch verinnerlicht. Dies bestätigte auch der hinzugezogene Polizeibeamte, für den der 31-Jährige kein unbeschriebenes Blatt sei. Immer, wenn er dem Alkohol zugesprochen habe, sei es zu Ausfällen gegenüber Polizeibeamten gekommen. So sei auch der Einsatz in jener Nacht zu werten, die schließlich derart eskalierte, dass vier Streifenwagenbesatzungen anrücken mussten, um die Lage in den Griff zu bekommen.

Jetzt in stabilem Umfeld

Dennoch, so bestätigte der Polizeibeamte, habe er mit dem Angeklagten, der sich, wenn er nüchtern war, einsichtig und umgänglich gezeigt habe, ein intensives Gespräch geführt. Das habe seine Wirkung wohl nicht verfehlt, denn seit jenem Vorfall sei der 31-Jährige nicht mehr polizeilich aufgefallen.

Der Angeklagte schilderte das Ereignis aus seiner Sicht. Aus Frust vor dem coronabedingt drohenden Arbeitsplatzverlust habe er dem Alkohol kräftig zugesprochen, so dass es schließlich zu dem beschriebenen Vorfall gekommen sei.

Für das Schöffengericht galt es zu klären, ob in den beiden angeklagten Vorkommnissen mittelschwere Fälle zu sehen seien. Die Bewährungsstrafe sei kein ganz so klarer Fall, betonte Gadesmann: „Gleichwohl sehen wir, dass es zu einer Bewährung kommen kann, denn es gibt eine Reihe von Faktoren, die dafür sprechen, dass derartige Ausfälle nicht mehr vorkommen.“ Für den Angeklagten müsse klar sein, dass dies seine letzte Chance sei. Er müsse sie im eigenen Interesse nutzen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

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