Die Tiere auf dem nahen „Schlösslihof“ hielt Friedrich Plattner, Günters Großvater. Ein schönes Foto dazu von ungefähr 1930 hält er im Familienalbum in Ehren. „Es gehörte einfach alles zusammen“, sagt Plattner.
Der Schlösslihof ist heute nicht mehr da
Anno 1923 hatte sein Großvater den Hof von der Firma Hoffmann-La Roche gepachtet, zu dem weitere 16 Hektar Land gehörten. Um 1958 ging die Pacht dann an Hanni und Curt Kuhne über, wie Plattner über jenes Anwesen zu berichten weiß, in dem er selbst das Licht der Welt erblickt hat.
Wer den „Schlösslihof“ heute sucht, wird ihn nicht mehr finden. Um die Jahrtausendwende herum musste er – samt der ob ihres einzigartigen Giebels unbestreitbar schönsten Scheune Grenzachs – einer eher kargen Neubebauung weichen. Als Relikt ist nur noch eine mächtige Ulme hinter den Häusern am Schlossweg übrig geblieben. Ein beeindruckender Baum. „Die Ulme war schon riesig, als ich noch ein Kind war“, blickt Plattner ehrfurchtsvoll zur Baumkrone hinauf.
Ja, er ist gerne und oft unterwegs hier im Bereich der Schlossgasse. Hier kennt er sich aus, hier fühlt er sich daheim und wohl und erinnert sich an schöne Erlebnisse zurück. An spannende Tennis-Matches etwa. Das ehemalige Vereinsheim des Tennisclubs im Schlösslipark steht noch. Heute nutzen es die Naturfreunde. „I bi als Chind scho Ballebueb gsi.“
Wer Günter Plattner zuhört, hat unweigerlich einen Film vor Augen. Man hört die Rösser auf dem nahen Schlösslihof wiehern, sieht Winzer samt dem Bücki an den Hängen arbeiten, auf denen heute Wohnhäuser stehen, hört das Klappern von Handwerk und harter Arbeit vergangener Tage. Die Welt war langsamer, sie war „kleiner“ als heute, überschaubarer – aber sicherlich nicht minder anstrengend.
„Was isch hüt no blybe?“
Auch wenn Plattner als Kind mitanpacken musste, so hatte er doch auch genügend Zeit für sich und seine Freunde aus dem Dorf. Gerne marschierten sie etwa zum Spielen den unglaublich steilen Steinweg hoch in Richtung Wald. Dort, an der Ecke zum De-Bary-Weg, sprudelt noch heute ein Brünnlein aus einer alten Mauer. Ein Löwenkopf, der sein Wasser in einen klassizistisch anmutenden Kelch ergießt. Mit ordentlich Druck sogar.
„Der Brunnen – ich nenne ihn immer Löwenkopfbrunnen – ist auch so eine schöne Kindheitserinnerung von mir. Er hat jahrelang kein Wasser mehr gegeben. Jahrzehntelang sogar. Und jetzt wurde offenbar etwas gemacht, und der Brunnen sprudelt so schön kräftig wie früher“, freut sich Plattner.. Auch der saniert Sandsteinbrunnen am Steinweg selbst spendet fröhlich Wasser. So viel, dass er aktuell überläuft und die Gasse bewässert.
Es sind die Grenzacher Brunnen, die es Günter Plattner angetan haben. Mit ihnen verbindet er so viele Erinnerungen. An heiße Sommer, an kalte Winter, an Abende mit der Familie, an Spiele mit den Freunden, an Rösser und Vieh, das die Bauern dort tränkten. Kurz: an eine Zeit, die noch gar nicht so lange vorbei ist.
„Daher kann ich einfach nicht verstehen, wieso man das hier so verkommen lässt. Und wieso ist der Brunnenstock weg?“, deutet der 79-Jährige auf den „Schlösslibrunnen“.
„Was isch denn hüt no blybe?“, schiebt Plattner rhetorisch hinterher und deutet mit dem ausgestreckten Zeigefinger im Kreis herum. Denn selbst dort, wo seit kurzem die historische Zehnttrotte steht, war Plattner zufolge einst auch ein Brunnen. Der spendete sogar Grenzacher Heilwasser. „Wege dem sin sogar d’Schwyzer cho. Diä hen Kanischder mitbrocht.“ Und schon spult sich beim Zuhören ein neuer Film vor dem geistigen Auge hab.
Ob der „Schlösslibrunnen“ irgendwann einmal freigeschnitten und damit sichtbar gemacht, restauriert, mit Stock versehen und wieder an seine Quelle angebunden wird? Viele ältere Grenzacher würde dies sicherlich freuen. Nicht nur Günter Plattner.