Grenzach-Wyhlen Besondere Musik in besonderer Zeit

Willi Vogl
Teun Braken (v.l.), Eleonora Bišcevic und Henry van Engen in der evangelischen Kirche Grenzach Foto: Willi Vogl

Interview: Eleonora Bišcevic, Teun Braken und Henry van Engen sind Kirchenmusiker in Grenzach

Grenzach-Wyhlen - Seit rund einem Jahr sorgen drei junge Kirchenmusiker in der evangelischen Kirchengemeinde Grenzach für neuen musikalischen Schwung. Die Italienerin Eleonora Bišcevic, der Holländer Teun Braken und der US-Amerikaner Henry van Engen bringen bereits durch ihre nationalen Wurzeln spannende kulturelle Verknüpfungsmöglichkeiten an den Hochrhein mit.

Kennengelernt haben sich die auf Alte Musik spezialisierten Musiker beim Studium an der Basler Schola Cantorum. Als „absoluten Glücksfall“ bezeichnet Frank Hirtle, der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, das Engagement der bestens ausgebildeten Musiker. Im Wechsel sorgen sie jeweils zu zweit oder zu dritt für den musikalischen Teil der Gottesdienste. Unser Mitarbeiter Willi Vogl sprach mit den drei Musikern über die derzeitige kirchliche Musizierpraxis und ihre Pläne für die nahe Zukunft.

Frage: Für gewöhnlich stellt eine Ortskirche nur einen Kantor und Organisten an. Wie kam es zu dem ungewöhnlichen Arbeitsverhältnis mit gleich drei Musikern an der evangelischen Kirche Grenzach?

Braken: Der langjährige Kantor Dieter Zeh wirkte gleichermaßen als Chorleiter und Organist an der evangelischen Kirche Grenzach. Als er in den Ruhestand ging, ergab sich die Anstellungsmöglichkeit für uns als Kirchenmusikertrio, wobei Henry als Hauptkirchenmusiker für die Chorleitung und Organisation verantwortlich ist.

Van Engen: Vor allem bei kleineren Kirchen, die keine ganze Stelle anbieten können, ist es von Vorteil, sich den musikalischen Dienst aufteilen zu können.

Bišcevic: Jeder von uns ist nicht nur Organist, sondern auch in anderen Bereichen aktiv. So können sich Henry als Posaunist, Teun als Cembalist und ich als Flötistin einbringen. Neben der kirchenmusikalischen Basis des Orgelspiels lassen sich mit diesen Spezialisierungen besondere Klangkombinationen darstellen.

Frage: Sie haben alle Ihren Schwerpunkt in der sogenannten Alten Musik. Worin besteht die Schnittmenge zwischen den damit zusammengefassten Stilen sowie Epochen und der aktuellen Musikpraxis in einer Kirche?

Bišcevic: Alte Musik passt einfach gut in alte Kirchen.

Van Engen: Die erste Generation von Kirchenliedern kann man im 16. Jahrhundert, etwa bei den damaligen niederländischen und norddeutschen Komponisten festmachen. So stammen etwa „Ein feste Burg ist unser Gott“ oder „Nun danket alle Gott“ aus dieser Zeit. Hier kann ich meine Forschung förderlich mit der Aufführungspraxis in Grenzach verbinden.

Frage: Bei einem Gottesdienst fiel mir auf, dass Anfangs- und Schlussmusik ein großes konzertantes Gewicht hatten. Ist dies in Zeiten verordneter Stille eine Überlebensnische für Livemusik oder auch ein unverzichtbarer klingender spiritueller Anker als Ergänzung zur reinen Wortverkündigung?

Braken: Eindeutig „Ja“. Der aktive Teil der Gemeinde muss derzeit leider wegfallen. So fokussierten wir uns stärker auf den instrumentalen Teil, der jedoch auch in Zeiten vor Corona in den Präludien und Postludien bereits umfangreich ausfiel. Wir sind froh, dass wir diese Musikteile durch unsere Besetzungsmöglichkeiten vergleichsweise farbig gestalten können.

Bišcevic: Die Reduktion auf Instrumente und weniger Sänger entstand kurzfristig aus der Not heraus und wurde von der Gemeinde sehr positiv angenommen.

Van Engen: Im Oktober hatten wir einen Kantatengottesdienst mit der ganzen Kantorei geplant, der leider der Pandemie zum Opfer fiel. Wir haben das Glück, nicht nur begeisterte Sänger im Chor zu haben, sondern auch Sänger, die Noten lesen können, und teilweise welche mit einer privaten Gesangsausbildung. Damit ergab sich die Möglichkeit zu einer coronakonformen kleinen Besetzung.

Frage: Wie sehen die Pläne aus, wenn man zu einer wie auch immer gearteten Normalität zurückkehren kann?

Van Engen: Wir wünschen uns vier oder fünf Kantatengottesdienste im Jahr.

Braken: Der Gemeinde gefällt auch das derzeitige Gestaltungsformat sehr gut, und ich könnte mir in geringem Umfang eine Weiterführung vorstellen.

Bišcevic: Der besondere Reiz liegt in der klanglichen Vielfalt unserer Instrumentenkombination.

Frage: Gibt es konkrete Pläne für die nahe Zukunft?

Van Engen: Wir müssen trotz Pandemie planen. Leider ist das für den 12. Dezember in der katholischen Kirche Grenzach geplante Benefizkonzert für die Kirchenmusik der Pandemie zum Opfer gefallen. Frank Hirtle und Helmut Bauckner haben uns hierzu dankenswerterweise den Kontakt eröffnet. Wir hoffen auf einen Nachholtermin, sobald dies wieder möglich ist.

Braken: Ich empfinde den wechselseitigen harmonischen Austausch zwischen der Gemeinde und uns Musikern als Bereicherung. Für mich als Holländer ist es eine schöne und interessante Erfahrung, hier vor Ort in eine andere Musik- und Kommunikationskultur einzutauchen.

Bišcevic: Ich bin der Kirchenleitung für die Möglichkeit dankbar, mittels unserer Spezialisierung auch ungewöhnliche Musikformate entwickeln zu können.

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