Grenzach-Wyhlen "Politik & Pizza": Beteiligung als Chance nutzen

Tim Nagengast

Bürgermeisterwahl: Bei „Politik & Pizza“ in Grenzach-Wyhlen hatte vor allem die Jugend das Wort

Grenzach-Wyhlen - Wo drückt Jugendliche aus Grenzach-Wyhlen der Schuh? Wo gibt es welche Defizite und wie wünschen junge Menschen sich ihre Gemeinde? Antworten darauf gab es am Dienstagabend bei „Politik & Pizza“ in der Mensa der Bärenfelsschule. Bei der vom Jugendreferat veranstalteten Runde saßen Vertreter aller Gemeinderatsfraktionen und Bürgermeister(kandidat) Tobias Benz mit Jugendlichen an einem Tisch. Auch zwei erwachsene Zuhörer waren gekommen. Benz' einziger Gegenkandidat für das Amt des Rathauschefs, Samuel Speitelsbach, hat sich in der Doppelgemeinde bisher nicht blicken lassen, so auch am Dienstagabend nicht.

Keine Berührungsängste

Locker und ungezwungen ging es zu, denn die jungen Diskussionsteilnehmer im Alter von etwa 14 bis 17 Jahren verloren rasch ihre Berührungsängste zu den Vertretern aus der kommunalen Politik. Weil lediglich 16 Jungs und Mädchen – deutlich weniger als erwartet – gekommen waren, war das ursprüngliche Konzept mit kleineren Gesprächsgruppen nach ein paar Minuten schon passé. Alle Tische wurden kurzerhand zusammengeschoben, alle Teilnehmer rückten ein wenig zusammen, und schon trug das Team vom Jugendreferat das erste halbe Dutzend Familienpizzen herein. Ein weiteres sollte im Verlauf des mehr als zweieinhalbstündigen Abends noch folgen. Da wurde jeder satt.

ÖPNV ist vielen zu teuer

Doch nicht nur der leibliche Hunger wurde bei „Politik & Pizza“ gestillt. Wie Reaktionen auf beiden Seiten zeigten, kann man nämlich noch viel voneinander lernen. So erfuhren die Jugendlichen beispielsweise, dass die Gemeinde keinen Einfluss auf die Preisgestaltung des öffentlichen Nahverkehrs nehmen oder „mal eben einfach so“ einen zweiten Bus zur Anbindung des Sportzentrums im Grienboden fahren lassen kann. Und dass die Kommune keine Privatunternehmen sponsert. Beispiel: die insolvente Boulderhalle.

Wunsch: Baden im Rhein

Dabei scheint die Wunschliste der Jugend in Grenzach-Wyhlen durchaus lang: Ziemlich weit oben auf der Liste stehe eine Badestelle am Rhein, wie Samuel Stenz verdeutlichte. Es sei einfach Tatsache, dass die Größeren gerne abends auch mal länger draußen bleiben wollten, sagte das SMV-Mitglied vom Lise-Meitner-Gymnasium. Und da habe das Freibad schon geschlossen.

Benz musste hier allerdings teilweise das Stoppschild hochhalten: „Das Rheinufer bei Wyhlen ist größtenteils Naturschutzgebiet. Da dürfen wir nichts machen.“ Hinzu kämen außerdem Haftungsfragen. „Vielleicht gelingt es uns aber, den Rhein bei Grenzach erlebbarer zu machen, wenn dort die Arbeiten bei der Keßlergrube abgeschlossen sind“, stellte Benz als Idee in den Raum.

Etwas nachdenklicher betrachtete FDP-Ratsvertreter Ralf Blubacher das Thema: „Es ist immer auch eine Frage, wie viel Energie man reinsteckt. Für mich ist immer die Frage: Was muss ich tun, damit es trotzdem geht?“

Freibad wird saniert

In diesem Kontext warb Benz bei den Jugendlichen darum, sich an der laufenden Umfrage zu beteiligen, was für das Freibad gewünscht wird. Dieses ist bekanntlich stark in die Jahre gekommen und soll saniert werden. Dies wolle die Gemeinde auch für Verbesserungen und Anpassungen an die Besucherwünsche nutzen, wie Benz sagte.

Kommunikationsdefizit

Bei den Diskussionen im Rahmen von „Politik & Pizza“ wurde übrigens auch etwas anderes sichtbar: Das Kommunikationsdefizit ist manchmal groß. Da saßen am Tisch einerseits junge Menschen, die sich sehr intensiv mit der Gemeinde als ihrem Lebensort auseinandersetzen, und andererseits auch welche, die bis dato noch nie etwas von der Existenz des Jugendparlaments gehört hatten. „Erreichbarkeit“ war hier ein Stichwort, denn die Jugend von heute kommuniziert und informiert sich anders: Bei ihnen stehen Messengerdienste, Instagram und TikTok im Vordergrund. Facebook spielt keine Rolle.

Kritik an der Mensa

„Bringt euch ein!“, war ein Aufruf aus vielen erwachsenen Mündern in der Runde, der im Laufe des Abends immer wieder zu hören war. Beispiel: Mehrere junge Zuhörer kritisierten die Mensa der Schulzentrums. Diese sei „früher besser“ gewesen. Außerdem sei die Essenauswahl manchmal unpassend. Und das Kartensystem erlaube kein spontanes Essengehen in der Mensa, da man nicht bar bezahlen könne, hieß es aus Schülermund.

Da schaute der Bürgermeister etwas ungläubig, schließlich gebe es doch Umfragen, was für die Mensa gewünscht werde. Davon schien am Tisch bei „Politik & Pizza“ allerdings bisher noch niemand etwas gehört zu haben.

Lüften und gleichzeitig heizen?

Offen blieb an diesem Abend eine Frage, die am Anfang groß diskutiert worden war: Wie verträgt sich eigentlich die Pflicht zum ständigem Lüften an den Schulen (wegen Corona) mit dem Zwang, beim Heizen Energie einzusparen? Dieses Thema scheint vor allem die Oberstüfler sehr umzutreiben.

Positives Fazit

„Politik & Pizza“ war für die meisten Teilnehmer ein Gewinn. Jung und Alt zeigten sich aneinander interessiert und wollen den Gesprächsfaden offenbar gespannt halten. Dass dies gar nicht so schwer ist, wurde an diesem Abend deutlich. Denn der Diskurs verlief so sachlich wie engagiert. Wobei ein paar einzelne Wortbeiträge auch sehr unterhaltenden Charakter hatten.

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