Grenzach-Wyhlen Ein Gottesdienst wie zu Hebels Zeiten

Rolf Reißmann
Pfarrer Axel Hüttner während des Vortrags der Hebel-Predigt, die der Heimatdichter und Geistliche Johann Peter Hebel am Ostermontag des Jahres 1788 gehalten hat Foto: Rolf Reißmann

Die evangelische Kirche in Grenzach war voll besetzt. Der frühzeitige Hinweis auf die Wiederholung des Gottesdienstes vom Ostermontag 1788 hatte seine Wirkung nicht verfehlt.

Von dem ehemaligen Gymnasiallehrer Martin Jösel kam die Idee, die doch sehr bemerkenswerte Predigt aus jenem Jahr noch einmal zu wiederholen. Bei Pfarrer Axel Hüttner stieß er damit auf offene Ohren, befasst er sich doch schon seit geraumer Zeit mit der damals üblichen Gottesdienstführung.

Anhand der damals geltenden Agende (Gottesdienstordnung) in der Markgrafschaft und ausschließlich unter Verwendung von Liedern aus dem badischen Gesangbuch von 1733 bereitete er den Gottesdienst vor. Henry van Engen hatte mit der Kantorei die ausgewählten Lieder vorbereitet. Keines davon stimmte mit der heutigen Melodie überein, der Kantor arrangierte sie neu, vierstimmig.

Historische Bibelausgabe

Axel Hüttner erinnerte bei der Eröffnung daran, dass Johann Peter Hebel bei seinem damaligen Ostergottesdienst selbst noch ein junger Mann von erst 28 Jahren war. Von Lörrach aus kam er oftmals nach Grenzach, um seinen Freund, den doch schon etwas betagten Pfarrer Johann Christian Samuel Sander, zu vertreten. Damals, so beschrieb Hüttner, war die Kirche innen noch anders ausgestattet, die kleine Orgel stand im Chor. Männer und Frauen, junge und alte waren getrennt an ihren Plätzen im Kirchenschiff. Noch vor dem Altar lag das Kirchengangbuch geöffnet auf einem Tisch, sein sehr großer Druck ermöglichte es den Chorsängern drumherum stehend Noten und Texte zu lesen.

Die Lesung der Bibeltexte erfolgte auch am Sonntag aus einem Exemplar der im Jahr 1748 in Lörrach von Samuel Auguste de la Carriere gedruckten Bibel. Dies war die einzige Bibelausgabe, die in Lörrach je hergestellt wurde. Sie enthält den unredigierten Luthertext. Im Originalwortlaut übernahm Hüttner auch die Gebete, deutlich länger und in ihrem Inhalt weitaus umfassender als heute üblich. Doch Kernstück des Gottesdiensts war die Predigt im Originalwortlaut, so wie Hebel sie damals hielt.

Sie ging aus von der Auferstehungsbeschreibung im Lukasevangelium. Der Dichter markierte sie mit der Bemerkung „Gehalten in einer Landgemeinde“. Später, so fand Hüttner heraus, hielt er sie im Wortlaut nochmals in Lörrach und auch in Karlsruhe. Hebel arbeitete nicht nur als Lehrer, deshalb war er ins Lörracher Pädagogium eingezogen, sondern er war auch nach seinem Theologiestudium in Erlangen zum Pfarrer ordiniert worden.

Freude als Predigtthema

Am Ostermontag vor 236 Jahren befasste er sich mit der Freude, zunächst mit der irdischen, aber eben auch mit der göttlichen. Über flüchtige Freuden sprach er, etwa die beim Genuss eines wohlschmeckendes Mahles. Anders sei die tiefgehende Freude, etwa nach einer guten Tat. Gutes geschehe nicht von ungefähr, sondern resultiere aus innerem Gutsein.

Bezieht man diese Gedanken auf die heutige Zeit, kann man sie durchaus als Auseinandersetzung von Konsum und Gemeinwohl betrachten.

Interessant war auch die Sprache. Hebel formulierte sehr allgemein verständlich, glitt nicht in theologische Weisheiten, sondern fand stets Bezüge zum Alltag, Auch die Sätze waren nicht überlang, sondern schlossen die Gedankengänge gut in sich ab.

Die Gemeinde verfolgte die Predigt mit Spannung. Mit fast 25 Minuten Dauer war sie deutlich länger als heute. Nach dem Gottesdienst nutzen zahlreiche Besucher noch die Gelegenheit, die historischen Bücher aus der Nähe anzusehen.

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