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Grenzach-Wyhlen Es klemmt an vielen Ecken und Enden

Tim Nagengast
Die Gemeindeverwaltung von Grenzach-Wyhlen wartet noch immer auf mehrere Millionen Euro. Foto: Tim Nagengast

Der Gemeinderat von Grenzach-Wyhlen hat einen Nachtragshaushalt beschlossen. Niedrigere Steuereinnahmen, ausbleibende Millionen-Rückzahlungen und steigende Kosten unter anderem für das eigene Personal zwingen die Kommune dazu.

Das umfangreiche Zahlenwerk passierte ohne viel Federlesens und ohne Gegenstimme den Gemeinderat. Das Gremium hatte eigentlich auch gar keine andere Wahl als das Papier durchzuwinken, denn Geld, das nicht vorhanden ist, kann man nun einmal nicht ausgeben. Zudem gilt weiterhin die im April erlassene Haushaltssperre.

Finanzielle Lage ist immer noch sehr angespannt

Ist Grenzach-Wyhlen nun „pleite“ oder gar handlungsunfähig“? Nein, keineswegs. Was unbedingt gemacht werden muss oder bereits begonnen wurde, wird fortgesetzt beziehungsweise läuft weiter. Andere, aus Gemeinde- und/oder Bürgersicht wünschenswerte Projekte werden aber zunächst einmal auf die lange Bank geschoben (auf der sie bisweilen schon recht lange liegen). Zumindest so lange, bis die Lage sich wieder entspannt

Dass der Gemeinde Grenzach-Wyhlen die Kosten in gewissen Bereichen regelrecht davonrennen und parallel dazu wichtige Einnahmen fehlen, ist zumeist äußeren Faktoren geschuldet. vereinfach gesagt: Grenzach-Wyhlen kann nichts dafür.

Warum noch mehr als fünf Millionen Euro fehlen

Ein Beispiel: Die noch immer ausstehende Erstattung der vor Jahren realisierten „Eisenbahnkreuzungsmaßnahme“ in Wyhlen. Wer dieses sensible Thema bei Verwaltungs- oder Gemeinderatsvertretern anspricht, sieht zumeist Stirnrunzeln und hört Unverständnis und Unmutsäußerungen.

Um was geht es? Im Jahr 2013 hatte die Gemeinde beschlossen, für eine beschleunigte Beseitigung des Bahnübergangs Rheinstraße samt der Erstellung Bahnhofstraße (Bau der Querspange) in Vorleistung zu gehen. Dies wurde dann auch bis anno 2017 so umgesetzt. Aber seither wartet die Gemeinde auf die Erstattung der vorgestreckten 5,2 Millionen Euro durch Bund, Land und Bahn. Das Prüf- und Erstattungsverfahren wird im dem Nachtragshaushalt beigelegten Vorwort der Verwaltung als „sehr komplex“ und „leider nicht unproblematisch“ beschrieben. Das ist sehr diplomatisch formuliert. Wie Bürgermeister Tobias Benz vor einigen Monaten öffentlich sagte, liege das Verfahren vor allem deshalb, weil bei übergeordneten Stellen stapelweise Ordner „verschwunden“ seien, es Personalwechsel beziehungsweise teilweise überhaupt keines gebe.

Nachtragsvereinbarung steht noch aus

Jedoch: Seit Herbst 2022 erfolgte eine erneute Prüfung durch das Regierungspräsidium, die Ende Mai abgeschlossen werden konnte. Im nächsten Schritt muss nun eine sogenannte zweite Nachtragsvereinbarung der Kreuzungspartner geschlossen werde. Die Erstattung der Millionensumme wird nach Abschätzung der Gemeindeverwaltung frühestens Ende 2023, eher Anfang 2024 erfolgen. Die Gemeinde lässt gerade die Möglichkeit einer Abschlagszahlung prüfen.

Vier Millionen zugesagt, aber noch nicht bezahlt

Warum war im April die Haushaltssperre verhängt worden? Weil auf der Einnahmenseite zum damaligen Zeitpunkt Zuschüsse für bereits durchgeführte Projekte und Maßnahmen im Umfang von rund vier Millionen Euro fehlten. Diese Fördermittel wurden zwar beantragt und auch bewilligt, doch sind sie laut Verwaltung bis jetzt noch nicht ausbezahlt worden. Dies habe verschiedene Gründe, darunter längere Bearbeitungszeiten beim Zuschussgeber, fehlende Schlussrechnungen und anderes.

Auf der Einnahmeseite wird aber auch der Anteil, den die Gemeinde von den Einkommensteuern erhält, niedriger als geplant ausfallen.

Im aktuellen Haushalt waren auf Basis der bei der Erstellung des Zahlenwerks im Vorjahr vorliegenden Daten ein Aufkommen von 12,8 Millionen Euro vorgesehen. Nach der ersten Quartalszahlung und den Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung wird dieser Wert bei zwölf Millionen Euro liegen, also 800 000 Euro unter dem Planansatz.

Im ersten Quartal hätte die Gemeinde zudem von einem Betrieb eine Gewerbesteuernachzahlung in Höhe von 785 000 Euro erhalten sollen. Aufgrund eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens des Steuerschuldners beim Finanzamt wird diese Zahlung aber nicht erfolgen. Gleichzeitig hatte die Gemeinde im ersten Quartal an ein Unternehmen eine Gewerbesteuernachzahlung in Höhe von 745 000 Euro zu erstatten.

Hinzu kommt die im vergangenen Jahr fällig gewordene Gewerbesteuerrückzahlung von fünf Millionen Euro. Im laufenden Jahr erfolgte hierzu nun die Zinsfestsetzung in Höhe von 1,56 Millionen Euro, die zusätzlich bezahlt werden musste.

Hoher Tarifabschluss „haut voll rein“

Zusätzlich belastet den Haushalt aber auch der jüngste Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Die zusätzlichen Kosten belaufen sich für Grenzach-Wyhlen in diesem Jahr auf 677 500 Euro. Eingeplant worden waren aber lediglich 310 000 Euro. Wie die Rathausspitze aber präzisiert, können 180 000 Euro durch Minderlohnkosten aufgrund unbesetzter Stellen sowie Langzeiterkrankte kompensiert werden. Die Nettobelastung des Haushalts beläuft sich in diesem Bereich aber somit immer noch auf 187 500 Euro.

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