^ Grenzach-Wyhlen: „Falsche Tatsachengrundlage“ - Grenzach-Wyhlen - Verlagshaus Jaumann

Grenzach-Wyhlen „Falsche Tatsachengrundlage“

Die Oberbadische
Der rot eingerahmte Teil der ehemaligen Keßlergrube gehört heute der Firma BASF, der blaue Teil Roche. Foto: zVg

Keßlergrube: Gemeinde legt Verfassungsbeschwerde gegen Nichtzulassung der Berufung durch VGH ein

Grenzach-Wyhlen - Die Gemeinde Grenzach-Wyhlen will mit allen juristischen Mitteln gegen die Pläne von BASF vorgehen, ihren Teil der Bodenaltlast Keßlergrube einzukapseln. Deshalb hat die Kommune nun Verfassungsbeschwerde eingereicht.  Der VGH Mannheim hatte zuletzt die Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass die Gemeinde nicht in ihren eigenen Rechten betroffen sei. Dagegen wehrt sich die Kommune, welche einen Vollaushub fordert, wie die Firma Roche ihn bei ihrem Teil der Grube vornimmt.

In der Keßlergrube wurden – unter anderem von Rechtsvorgängern der BASF – Abfälle aus der Chemieindustrie eingelagert. Proben hätten eine teilweise sehr hohe toxische Belastung der Altablagerung mit einem Gesamtvolumen von 310 000 Kubikmetern ergeben, wie die Gemeinde Grenzach-Wyhlen in einer Pressemitteilung schreibt.

Der Sanierungsplan der BASF für ihren Teil der Keßlergrube („Geigy-Grube“) sieht Spundwände und Grundwasserpumpen vor, während die Giftstoffe im benachbarten Roche-Teil derzeit erfolgreich ausgehoben und entsorgt werden. Die Klage der Gemeinde Grenzach-Wyhlen und nachfolgend der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den vom Landratsamt Lörrach genehmigten Sanierungsplan der BASF ist jedoch abgewiesen worden, da die Gemeinde nicht in eigenen Rechten betroffen sei (wir berichteten ausführlich).

Gegen die Nichtzulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Gemeinde eine Anhörungsrüge erhoben (wir berichteten) und nun, wie jüngst beschlossen, eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt.

Gemeinde stützt BUND

Die Gemeinde Grenzach-Wyhlen macht geltend, in ihren Prozessgrundrechten und ihrer grundgesetzlich geschützten Planungshoheit verletzt zu sein. „Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorgebrachten Argumente, aus denen sich die eigene Betroffenheit der Gemeinde ergibt, übergangen und seine Entscheidung auf einer falschen Tatsachengrundlage getroffen“, wird Bürgermeister Tobias Benz in der Pressemitteilung zitiert.

So liege das benachbarte Grundstück der Gemeinde im unbeeinflussten Grundwasserabstrom der Altlast. Auch bestehe die Gefahr, dass die Kommune aufgrund der ebenfalls über Jahre erfolgten Ablagerung von Hausmüll in der Keßlergrube bei einem hypothetischen Ausfall der BASF selbst für die gesamten Sanierungskosten geradestehen müsste, hält Benz fest.

„Diese Gefahr ist entgegen dem Verwaltungsgerichtshof nicht dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen, sondern Folge der Zulassung der unzureichenden, insbesondere nicht dauerhaft wirkenden Sanierungsmaßnahmen“, teilt Rechtsanwalt Peter Neusüß von der Kanzlei Sparwasser Schmidt in Freiburg mit. Er vertritt die Gemeinde Grenzach-Wyhlen in dem Verfahren zusammen mit Reinhard Sparwasser.

Springender Punkt ist die aus Sicht der Gemeinde Grenzach-Wyhlen fehlende Nachhaltigkeit der Sanierungsmaßnahme. Damit habe sich das Verwaltungsgericht auf die Klage der Gemeinde gar nicht auseinandergesetzt, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs, dass es ausreiche, dass BASF zur dauerhaften Aufrechterhaltung der Sicherungsmaßnahmen, also zum dauerhaften Pumpen und gegebenenfalls zum Neubau der Spundwände alle 50 bis 100 Jahre, verpflichtet sei, überzeuge nicht.

Bürgermeister Benz sagt dazu: „Aus unserer Sicht bedeutet das im Bundesbodenschutz verankerte Nachhaltigkeitsprinzip, dass von unserer Generation verursachte Gefahren heute zu beseitigen sind, und zwar von den Verursachern. Nachhaltig ist es nicht, wenn Altlasten ohne jede Gefahrenminderung künftigen Generationen überlassen werden.“

Es gehe nicht an, künftige Generationen dauerhaft zur Aufrechterhaltung von Sanierungsmaßnahmen zu verpflichten. Der Sanierungserfolg selbst müsse jetzt erreicht werden, die Sicherung sei Sache der heute lebenden Generation.

Reinhard Sparwasser: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz bestätigt unsere Position eindrucksvoll.“ Über diese Fragen von grundsätzlicher Bedeutung hätte der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls nicht ohne ordentliches Berufungsverfahren entscheiden dürfen. Auch dies verletze die Prozessgrundrechte der Gemeinde, ergänzt Peter Neusüß.

Das Verwaltungsgericht hatte die Berufung der Klage des BUND mit dieser Begründung zugelassen. Die Gemeinde unterstützt den BUND bei diesem Verfahren nach Kräften. „Es ist aus unserer Sicht aber nicht nachvollziehbar, dass ein Umweltverband klagebefugt ist, wir als unmittelbar betroffene Gemeinde aber nicht“, betont Tobias Benz und verweist auf die große Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung.

VGH-Termin am 14. Juli

Die Berufungsverhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren ist für den 14. Juli in Mannheim terminiert. Zu diesem Berufungsverfahren hätte aus Sicht der Gemeinde Grenzach-Wyhlen auch sie selbst zugelassen werden müssen. Daher jetzt die Verfassungsbeschwerde.

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