Grenzach-Wyhlen Gottesverehrung und Liebesschwüre

Die Oberbadische
Maxim Kurtsberg (von links), Bohdan Wloch, Alexander Petrow und Wasyl Romanow überzeugen in Wyhlen mit urwüchsiger und ausdrucksstarker Musizierkunst. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Konzert: Wolga-Kosaken gastieren in der Friedenskirche Wyhlen / Ausdrucksstark und mitreißend

Mit gefühlsdominiertem Gesang, flinken Fingern an der Balalaika und Texten zwischen demütiger Gottesverehrung und sehnsüchtigen Liebesschwüren gaben die Wolga-Kosaken als Gesangs- und Instrumentalquartett am Freitag in der gut gefüllten evangelischen Friedenskirche Wyhlen ein berührendes Konzert.

Von Willi Vogl

Grenzach-Wyhlen. Kosakenflüchtlinge, die dem Schrecken der Revolution und seinen Folgen entkommen konnten, gründeten im Exil Chöre. Mit den Gesängen ihrer orthodoxen Kirche, den alten Legenden und Volksliedern aus ihrer Heimat bewahrten sie sich nicht nur ihre Tradition, sondern entwickelten einen konzertanten Folklorestil, der zum Synonym für russische Musik wurde. Auch der Chor der Wolga-Kosaken wurde im Exil gegründet und gibt seit 1933 ununterbrochen auf den Bühnen und Kirchen Europas Gastspiele.

In der Friedenskirche konzertierten Maxim Kurtsberg (Solo-Tenor, Alt-Balalaika), Bohdan Wloch (Solo-Tenor, Alt-Balalaika), Alexander Petrow (Sopranbalalaika, Gitarre, Solo-Bass, musikalischer Leiter) und Wasyl Romanow (Bass, Bass-Balalaika).

Eröffnet wurde das Konzert mit einem gesungenen Gebet im Wechselgesang von Kurtsberg und seinen Quartettkollegen. Vom ersten Ton an wurde klar, dass es bei diesem Konzert um den momentbezogenen und oft auch improvisierten Ausdruck in seiner innigsten Gestalt ging. Die weltweit bekannten Melodien wie „Wetschernij Swon – Abendglocken“, „Poljuschka Polje – Kosakenpatrouille“ oder „Suliko“ boten hierzu schönste Möglichkeiten.

Da, wo für Opernsänger hiesiger Breitengrade das Ende der dynamischen Fahnenstange erreicht ist, präsentierten sich die Wolga-Kosaken gerade mal im genüsslichen Wohlklang. Jenseits metallischer Strahlkraft gab es jedoch immer wieder sehnsüchtig säuselnde Passagen wie in Kurtsbergs kontrastreich und raumgreifend gesungenem „Kokotschik – Das einsame Glöcklein“. Peter Tschaikowsky verarbeitete in seiner 4. Sinfonie das Volkslied „Auf dem Feld steht eine Birke“. Alexander Petrow versicherte in seiner launigen Moderation: „Auch bei unseren Konzert müssen sie bei diesem Lied auf sinfonische Mächtigkeit nicht verzichten.“ Petrows instrumentengeschichtliche Erläuterungen erzeugten zudem ein behagliches Schmunzeln: „Warum die Balalaika dreieckig ist, weiß man nicht so genau. Die Bass-Balalaika soll ursprünglich ein Rettungsboot gewesen sein.“

Zwischen den Gesangstiteln gab es auch einige rein instrumental präsentierte Zuckerl zu bewundern, in denen etwa Wasyl Romanow mit seiner fröhlich bewegten Bass-Balalaika oder Bohdan Wloch und Alexander Petrow mit melancholisch schwelgenden Tremoli beeindruckten.

Neben den stolzen Fantasieuniformen der Sänger gehören auch Publikumsanimationen zu einem richtigen Konzert eines Kosaken-Chors. In „Moskauer Nächte“ und noch stärker in „Kalinka“ war das Publikum buchstäblich aus dem Häuschen. Einige Konzertbesucher waren auch der russischen Sprache mächtig und stimmten in den vertraut wehmütigen bis ausgelassenen Gesang mit ein. Andächtige Begeisterung und nostalgisches Sehnen am Ende eines ausdrucksstarken Konzerts.

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