Grenzach-Wyhlen Grenzacherin entdeckt literarisch Brasilien

Willi Vogl
Carola Lambelet stellte auf Einladung Kurt Paulus ihr Buch „Die Hälfte der neuen Welt“ vor. Foto: Willi Vogl

Lesung: Carola Lambelet stellt ihr Buch „Die Hälfte der neuen Welt“ vor.

Grenzach-Wyhlen - Auf Einladung des Vereins zur Förderung des Emilianums las Carola Lambelet aus ihrem Roman „Die Hälfte der neuen Welt“ am Pfingstsonntag im Quellenhäuschen am Grenzacher Emilienpark. Nach Lesungen in der brasilianischen und deutschen Botschaft sowie auf der Leipziger Buchmesse stellt die gebürtige Grenzacherin und frisch gebackene Gemeinderätin Carola Lambelet nun auch in ihrem Geburtsort ihr Romandebüt vor.

In der Begrüßung des Gastgebers Kurt Paulus wurde deutlich, dass man sich nicht nur für die Bewahrung von Kulturgütern vor Ort einsetzt, sondern die regionale Vereinstätigkeit mitunter in einem globalen Zusammenhang sieht. „Den Roman von Carola Lambelet habe ich verschlungen und damit Lust bekommen, nach Brasilien zu fahren. Dass man allerdings den Regenwald verhökert, ist eine große Schande.“

Samba, Zuckerrohr- und Kaffeeplantagen, Zuckerhut und Karneval in Rio sind touristische Motive und Klischees, die man hierzulande gern mit Brasilien verbindet. Drogenbarone, Armut und eine hohe Kriminalitätsrate stellen einige der weniger erfreulichen Gegebenheiten des größten Staates auf dem südamerikanischen Kontinent dar.

Zwei Jahre in Brasilien

Carola Lambelet ging nach abgeschlossenem Medizinstudium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Facharztausbildung zur Gynäkologin mit ihrem Ehemann berufsbedingt für zwei Jahre nach Brasilien. Damit hatte sie genügend Zeit, tiefere Einblicke in das Alltagsleben verschiedener Gesellschaftsschichten sowie den wirtschaftlichen und politischen Kommunikationsprozessen des Landes zu bekommen. Der Schlüssel hierzu war das Erlernen der portugiesischen Sprache. Ihre gelegentlichen Einlassungen zu ihrem persönlichen Erleben während der Lesung machten dies deutlich. So lernte sie etwa am Strand einen Mulatten kennen, der sich über die abgehärtete Deutsche wunderte, da kein Einheimischer bei „nur“ 24 Grad das Meer genießen würde. Die beidseitige Kommunikationsfreude stimulierte einen papierlosen Portugiesisch-Kurs auf der Basis von Vokabeln im Sand.

Die Bekanntschaft mit ihrer Haushaltshilfe beleuchtet die Aufstiegsmechanismen aus der Armut in die Mittelschicht. Dreimal wöchentlich sorgte sie sich in der 50-Quadratmeter-Wohnung in einem Wolkenkratzer der 17-Millionen-Metropole São Paulo um die Wäsche und die häusliche Sauberkeit. Dabei fanden sich, gleichsam als Beweis für intensive Reinigungsarbeit, jedes Mal die Möbel verrückt wieder. Lambelet besuchte sie in ihrem Zuhause und stellte erstaunt fest, dass sie in einem eigenen doppelstöckigen Haus wohnt, ihr Mann ebenfalls arbeitete und sie inzwischen ein eigenes Unternehmen betrieb.

Griff ins pralle Leben

Lambelets Roman greift ins pralle Leben verschiedener Kulturen und verbindet drei über Jahrhunderte getrennte Erzählstränge miteinander.

Da ist zum einen die Geschichte von Gaspar de Lemos, einem Kapitän eines Versorgungsschiffes im 16. Jahrhundert. Dann spielt im ausgehenden 19. Jahrhundert Benicio, ein unehelicher Bauernjunge aus Nordportugal eine tragende Rolle. Seine Mutter erkrankte, spie Blut und starb. Als Bastard stellte ihm der Ortspfarrer nur eine äußerst begrenzte Berufs- und Lebensperspektive in Aussicht und empfahl ihm, sich für das Priesterseminar zu bewerben. Mit einem geheimnisvollen Dokument in der Tasche sollte sich jedoch sein Lebensweg mit Hilfe der reichen Familie da Silva anders gestalten. Schließlich ist da die Freiburger Ärztin Julia, die sich mit dem Vermächtnis ihrer brasilianischen Mutter konfrontiert sieht, die Asche ihrer Urne in der mütterlichen Heimat zu zerstreuen. Auf ihrer Reise taucht Julia weit in die Vergangenheit und in die Geheimnisse ihrer Familiengeschichte ein.

Historische Fakten und gleichwohl aktuelle gesellschaftliche und politische Zustände bilden die Grundlage für diesen spannenden Plot. Der kurzweilige Erzählton Lambelets macht Lust auf eigene Beschäftigung mit dem Roman und auf eine nicht nur literarische Reise nach Brasilien.

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