Grenzach-Wyhlen „Inseln“ von Alt- und Totholz

Willi Vogl
Alter Baumbestand mit Naturverjüngung im Wald beim Dängeligeist Foto: Willi Vogl

Waldbericht: Revierförster Markus Dischinger zum „naturnahen Wirtschaftswald“ und zum Klimawandel

Grenzach-Wyhlen -  Wie geht es dem Wald in Zeiten der Klimaerwärmung? In welchem Verhältnis stehen Verkehrssicherung und Erhaltungsmaßnahmen der „grünen Lunge“? Was unterscheidet einen gesunden von einem kranken Wald? Ist die Jagd ein Fluch oder ein Segen für den Wald? Fragen dieser Art beantwortete Revierförster Markus Dischinger bei einer Waldbegehung auf dem Neufeld mit unserer Zeitung.

Dischinger ist treuhänderisch als Angestellter des Landkreises Lörrach für die Forstbezirke Lörrach, Inzlingen und Grenzach-Wyhlen zuständig. Sein Revier auf dem Dinkelberg umfasst etwa 1500 Hektar, wovon 1000 Hektar den Gemeinden und der Kirche gehören und 500 Hektar in teilweise sehr kleinen Parzellen in Privatbesitz sind.

„Für die öffentlichen Wälder gibt es Bewirtschaftungsverträge, und den Privatbesitzern stehe ich fallweise kostenfrei beratend zur Verfügung“, beschreibt Dischinger einen Aspekt seiner Kommunikation. Dabei geht es ihm um einen Interessenausgleich zwischen der Holzwirtschaft, erholungssuchenden Naturliebhabern, den Jägern sowie den regionalen und globalen Aspekten der Klimaveränderung.

2018 gab es an der Bettinger Straße akuten Handlungsbedarf, nachdem in den Vorjahren vier Autos von entwurzelten Bäumen beschädigt wurden. Alternativlos musste der komplette Hang gefällt und stellenweise neu bepflanzt werden, um eine homogene Hangbefestigung zu gewährleisten.

Auf dem Neufeld führte das aktuelle Eschentriebsterben zu einer Teilfällung, bei der Dischinger sinnvollerweise auch einige andere reife Bäume zur Verwertung freigab. „Bei solchen Teilfällungen ist auf eine Naturverjüngung zu achten, um sich zusätzliche Aufforstungen zu sparen“, hat Dischinger Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung im Blick.

Schädlinge und gebietsfremde Pflanzen

30 bis 40 Jahre lang besteht bei einem jungen Wald durch Ausdünnung die Möglichkeit, Qualität und Zusammensetzung des Bestandes zu steuern. In Grenzach-Wyhlen gibt es eine Mischung aus 50 Prozent Buche, 25 Prozent Esche, zehn Prozent Bergahorn sowie einige Linden, Eichen und Flaumeichen. Hinzu kommen etwa sieben Prozent Nadelhölzer wie Douglasie, Fichte, Tanne, Lärche und Schwarzkiefer.

Diese vielfältige Zusammensetzung garantiere eine gewisse Resistenz gegen Schädlinge. „Trotz der extrem heißen Sommer 2018, 2019 und 2020 ist Grenzach-Wyhlen dadurch zumindest vom Borkenkäfer weitgehend verschont geblieben“, erläutert Dischinger ein Schädlingsproblem, das ansonsten in anderen Teilen des Schwarzwaldes mit Monokulturen dramatische Dimensionen annimmt. „Springkraut, Sommerflieder, Bambus und Blauglockenbaum stehen unter besonderer Beobachtung“, macht Dischinger auf gebietsfremde Pflanzen aufmerksam, die jedoch in Grenzach-Wyhlen noch kein nennenswertes Problem darstellen.

Naturnaher Wirtschaftswald

Nicht jeder Baum, der natürlich oder durch menschenverursachte Einflüsse stirbt, wird entfernt. Dischingers Konzept eines „naturnahen Wirtschaftswaldes“ sieht Teilflächen vor, die nicht bewirtschaftet werden. Das sind neben den Steillagen mit seinem für den Ort berühmten Buchsbewuchs auch „Inseln“ von Alt- und Totholz im bewirtschafteten Wald. Diese stillgelegten Refugien stellen etwa fünf Prozent des Nutzwaldes dar und bilden ein Netz, um die Selbstregeneration des Waldes zu befördern.

Zahlreiche Nutzer

Der Wald ist ein vielfältiges Ökosystem mit zahlreichen Nutzern. Neben den betrieblichen Verwertern von Bauholz holen sich Privatleute nach Genehmigung gern Brennholz für den häuslichen Kamin aus dem Wald. In Grenzach-Wyhlen erzeugen überdies Radler, Jogger, Mountainbiker, Reiter oder Spaziergänger einen hohen Besucherdruck. Nicht zu vergessen sind die Jäger, deren Interessen sich mit den Interessen der Forstwirtschaft nicht notwendigerweise decken.

Klimaerwärmung

Bei der brennenden Frage nach dem Waldumbau im Zusammenhang von Klimaerwärmung und Waldsterben setzt Dischinger auf die Buche: „Sie hält auch noch leicht höhere Temperaturen aus, wenn genügend Wasser vorhanden ist.“ Bei Neuanpflanzungen hat der Revierförster Esskastanie, Linde, Eiche und Roteiche im Blick. „Jedoch werde ich mich hüten, damit Neuanpflanzungen auf großen Flächen zu planen“, ist sich Dischinger der Risiken auch im Hinblick auf die im Schwarzwald vorkommenden Monokulturen mit Fichte bewusst.

Auf die Frage nach seinem Lieblingsbaum schließlich nennt Dischinger die Elsbeere: „Das ist ein schöner, dauerhafter heimatlicher Baum.“

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