Grenzach-Wyhlen „Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf gejagt“

Tim Nagengast
 Foto: Die Oberbadische

Corona-Politik: Bürgermeister Tobias Benz leert sich im Gemeinderat den Kropf

Grenzach-Wyhlen -  Ordentlich Frust abgelassen hat Bürgermeister Tobias Benz, als er zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung die aktuelle Coronalage – in Grenzach-Wyhlen sowie im großen Ganzen – skizzierte. Benz’ Fazit: „Es gibt keine klaren Konzepte.“

Was tut man als Grundschullehrer eigentlich, wenn ein Kind am Morgen ohne Maske dasteht? Es direkt wieder heimschicken? Und falls dann kein Elternteil daheim ist? Das Kind abholen lassen? Vom Unterricht ausschließen? Kann und darf sich ein Erstklässler selbst testen? Wie?

Oder: Was bedeutet es, wenn beispielsweise ein Gymnasiast in der Schule positiv auf Corona getestet wird? Muss er oder sie sofort abgeholt werden? Darf er oder sie selbstständig nach Hause gehen? Muss nun gleich die ganze Klasse in Quarantäne? Mit oder ohne Lehrkraft? Oder müssen nur die Tischnachbarn des betroffenen Kindes in Quarantäne? Oder alle, die am Tag der Testung mit diesem direkten Kontakt hatten? Was geschieht, wenn Eltern gar nicht wünschen, dass ihr Kind getestet wird?

Genau...

Praktische Umsetzung oft mit Fragezeichen

All dies sind nur wenige der Fragen, die sich Menschen „aus der Praxis“ derzeit tagtäglich stellen (müssen). Und die ihnen viel zu oft (noch?) niemand beantworten kann. Wer sich mit Lehrkräften und Erziehungspersonal unterhält, bekommt jedenfalls schnell einen Eindruck davon, dass es in Deutschland beileibe nicht allein beim Impfen hapert, sondern dass in diesem Kontext an vielen, vielen Ecken große und kleine Feuer brennen.

Die „große Politik“, so der Eindruck, legt dabei noch Holz in die Flammen. Oder um ein Beispiel zu bemühen, das Bürgermeister Benz im Gemeinderat heranzog: „Da kommt dann am Freitag um 19 Uhr eine Mail mit dem Inhalt, dass ab Montag in Kitas Maskenpflicht für das Personal herrscht. Punkt. Und dann?“ Benz gab sich selbst keine Antwort.

Konnte er auch gar nicht. Zu oft klemme es bei der Umsetzung, zu oft sei der „Vollzug“ des sich ständig ändernden Reglements in der Kürze der Zeit gar nicht geklärt.

„Es fehlen klare Konzepte“, schimpfte Benz im Gemeinderat. „Die Testerei ist in den letzten Wochen ein riesengroßes Chaos“, nahm der Rathauschef kein Blatt vor den Mund. Das, was aus Berlin beziehungsweise Stuttgart komme, erhöhe nur die Verunsicherung. „Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf gejagt“, leerte Benz sich den Kropf. Es mangle in Deutschland bei der Bewältigung der Corona-Pandemie an „tragfähigen Strategien“, die Situation sei „nicht befriedigend, und im internationalen Vergleich stehen wir nicht gut da“, resümierte der Grenzach-Wyhlener Rathauschef.

„Wir versuchen, hier vor Ort das Beste aus der Situation herauszuholen“, wagte er den Sprung zurück auf die lokale Ebene.

Wie der Rathauschef ausführte, bekommt die Gemeinde Grenzach-Wyhlen in Kürze 30 000 Masken zur Verteilung geliefert. Das wären also zwei Stück pro Einwohner. Zudem wurden 5000 Schnelltestkits beschafft – im Wert von rund 40 000 Euro.

Getestet wird dienstags bis freitags jeweils von 15 bis 18 Uhr im Haus der Begegnung. Kooperationspartner der Gemeinde ist das Team der Linden-Apotheke von Claudio Leyh.

Termine für einen Corona-Schnelltest kann man über die Gemeinde-Webseite www.grenzach-wyhlen.de/termin buchen. Dies ist am gewünschten Testtag noch bis um 12.30 Uhr möglich.

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