Grenzach-Wyhlen Keine Zeit zum Luftholen

Die Oberbadische
Riss das Publikum im TIZ von den Stühlen: Kabarettist Frederic Hormuth. Foto: Manfred Herbertz Foto: Die Oberbadische

Kabarett: Bei Frederic Hormuth im Theater im Zehnthaus biegt sich das Publikum vor Lachen

Es war atemberaubend, und Zeit zum Luftholen gab es auch keine, also ging es atemlos durch den Sonntagabend mit dem Kabarettisten Frederic Hormuth im – wie fast immer – ausverkauften Theater im Zehnthaus (TIZ). Dort gab es zwei kurzweilige, höchst unterhaltsame Stunden lang „Bullshit“ um und auf die Ohren.

Von Manfred Herbertz

Grenzach-Wyhlen. Diese wurden lediglich unterbrochen von einer Pause zum Luftschnappen und um dem Zwerchfell etwas Erholung zu gönnen.

Eine Kakofonie aus Radioschnipseln dröhnt aus den Lautsprechern im TIZ, Hormuth stürmt auf die Bühne und haut auf einen roten Buzzer – Stille. Aber nur für einen Moment, denn dann legt der Kabarettist los. Im Schnellzugtempo.

Hormuth schaut genau hin, entlarvt Worthülsen, schwadronierende Politiker sowie sonstige Dampfplauderer und Brandstifter. Er analysiert und findet, „Bullshit ist überall“. Heutzutage stehe ja schon fast jeder unter Bullshitverdacht. Aber wenn alle unter Verdacht stünden, wem könne man noch vertrauen? „Bei Bullshit geht es ganz einfach um Ablenkung, wenn man es selbst nicht besser weiß“, stellt der Kabarettist fast nüchtern fest.

Seehofer sei auch so ein „Bullshitter“, weil er behauptet habe, er nutzte schon seit den 80er Jahren das Internet. Dabei hat doch Wilhelm Busch das Internet erfunden: „W(eh), w(eh), w(eh), wenn ich auf das Ende seh!“

Bullshit sei übrigens eine Erfindung der Engländer. Einst war es der Rinderwahn und jetzt der direkte Nachfolger: der „Brexit“. Bullshit sei Dampfplaudern, so ein Art Verbal-Sauna, sinnierte Hormuth: „Reinfurzen, rausrennen und die Tür verrammeln.“

Dieses Ablenken sei überall zu finden. „Beatrix von Storch mit ihrer Homophobie. Dieser Frau haben die Schwulen viel zu verdanken, denn manch einer sagte: Wegen solcher Frauen bin ich erst schwul geworden.“

Hormuths Bullshit-Liste scheint endlos zu sein

Auf Hormuths Liste findet sich ebenso Verkehrsminister Andreas Scheurer wieder, der mit seiner Maut 250 Millionen Euro pro Jahr für den Straßenbau einnehmen wolle. Das sei vergleichbar mit jemandem, „der Viagra braucht, es aber erst einmal mit Globuli versucht“.

Hormuth versteht es, bitterböse Wahrheiten so zu verpacken, dass einem der Lacher nicht im Halse steckenbleibt, obwohl er es eigentlich müsste. Wenn er Hänsel und Gretel neu erzählt, von den Eltern, die Kinder im Wald aussetzen, aber trotzdem noch das Kindergeld kassieren wollen. Und wenn man jenen Stammtischbruder, der behauptet, Flüchtlinge bekämen mehr Geld als jeder deutsche Rentner, nach Zahlen fragt und es kommt nur was zwischen 33 und 45 heraus, da dauert es doch einen Moment, bis die Pointe bei dem einen oder andern klickt. Die blonde Föhnwelle aus den USA bekommt da ebenso verbale Hiebe wie Friedrich Merz oder die späte Andrea Nahles.

Schlager zum Schluss

Mit der Präzision eines Chirurgen zerlegt Hormuth die Aussagen jener, die glauben, die Meinungshoheit zu haben: „Vom Feeling her war es ein gutes Gefühl“, sei so ein sinnfreier Satz. Und er fragt: „Was können wir gegen Bullshit tun? Nichts? Doch! Die geistigen Abwehrkräfte stärken.“

Hormuth entlässt sein Publikum mit einem Liebeslied atemlos in die Nacht: Versatzstücke von Helene Fischer über Grönemeyer bis Helge Schneider kommen in einem Parforceritt daher: „Mein Honigbrot, du kennst doch den Verlauf, erst sing ich dir ein Lied, und dann ess ich dich auf.“

Da wollte der Beifall nicht enden für einen derart gelungenen Kabarettabend, wie man ihn im TIZ bisher selten erlebt hat.

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