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Grenzach-Wyhlen Klimawandel erfordert Umdenken

Tim Nagengast
Annika Bahner Foto: Tim Nagengast

Ein Vortrag der jungen Landschaftsarchitektin Annika Bahner über Grenzach-Wyhlen als klimaresiliente Gemeinde sorgt im Gemeinderat für Aufhorchen und Diskussionen.

Kein Druck auf den Stoppknopf, aber ganz klar mehr Mut und Bereitschaft, neue, auch ungewohnte Dinge zu Selbstverständlichkeiten zu machen: Die junge Landschaftsarchitektin und Freiraumplanerin Annika Bahner ist mit der Präsentation ihrer Bachelor-Thesis „Klimaresiliente Anpassungsstrategien und -maßnahmen in der Metropolregion Basel am Beispiel der Gemeinde Grenzach-Wyhlen“ im Gemeinderat offene Türen eingerannt.

„Schwammstadt-Prinzip“

Anhand praktischer Beispiele zeigte sie dabei auf, mit welchen – teils einfachen, teils sehr aufwendigen – Maßnahmen sich die Doppelgemeinde ein Stück weit gegen die Folgen des Klimawandels wappnen könnte. Als ein Ideal bezeichnete sie dabei das „Schwammstadt-Prinzip“: Dabei wird eine Stadt so (um)gebaut, dass es genügend Speichermöglichkeiten für Wasser gibt, welches bei Bedarf wieder abgegeben werden kann. Als „Schwamm“ kann dabei eine Fassaden- oder Dachbegrünung genauso dienen wie das gezielte Anlegen von Wasserflächen im urbanen Bereich. Zudem sorgten begrünte Fassaden im Sommer für Kühle und wirkten sich positiv auf die Luftqualität aus, wie Bahner festhielt. Auch das gezielte Anpflanzen von geeigneten Bäumen im bebauten Bereich sei unabdingbar.

Grünachsen

In Grenzach-Wyhlen bietet sich Bahner zufolge die gezielte Schaffung von Grünachsen an, um das vorhandene Berg- und Talwindsystem auszunutzen.

Des Weiteren sollten Flächen „multicodiert“ werden, also mehrere Zwecke gleichzeitig erfüllen. Beispiel: eine Grünfläche, die nicht nur als Bienenweide dient, sondern gleichzeitig auch der Entwässerung und/oder als Naherholungsgebiet für die Menschen.

Bäche freilegen

Ein großes Augenmerk sollte die Doppelgemeinde Bahner zufolge auch – wo immer dies möglich ist – auf das Freilegen der vor Jahrzehnten verdolten Bäche im Ortsbereich richten. Bäche dienten der Naherholung, sorgten für Kühle in heißen Sommern und dienten zugleich dem Hochwasserschutz. „Eine Öffnung des Bachs in der Bergstraße zum Beispiel würde auch einen Mehrwert für die Menschen dort schaffen“, nannte Bahner ein Beispiel für Wyhlen. „Oder der Talbach. Ich weiß gar nicht, ob der überhaupt Wasser führt.“

Was das Freilegen von Bächen betrifft, zeigte Bürgermeister Tobias Benz sich sehr offen, aber: „Wenn Sie manche Bäche bis zum Rhein freilegen wollen, müssen Sie mit 120 verschiedenen Grundstücksbesitzern verhandeln.“

B 34 als „Shared Space“

Als Hauptgrünachse und „Shared Space“ für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen und gleichberechtigt schwebt Annika Bahner die heutige B 34 vor, wenn diese nach Fertigstellung der Ortsumfahrung ihre gegenwärtige Funktion verliert, umgewidmet und verkehrsberuhigt werden soll.

Gerade dieser Punkt ist bereits immer wieder in der Diskussion, denn die Doppelgemeinde will die heutige Ortsdurchfahrt in einigen Jahren radikal umgestalten hin zu weniger Verkehr und mehr Aufenthaltsqualität.

Interessenkonflikte

Ein großes Problem in Bezug auf die Klimaresilienz stellen Interessenkonflikte dar. Nicht jeder hat das Geld, seine Wohnimmobilie(n) entsprechend zu sanieren. Nicht jeder kann seine Fassade begrünen. Dennoch rief Bahner in diesem Kontext dazu auf, Visionen zuzulassen, neue Optionen in künftige Planungen aufzunehmen und neue Selbstverständlichkeiten zu entwickeln.

Verdichtung als Problem

Reibungspunkte gibt es da allerdings zum Beispiel mit der politisch gewollten Innenverdichtung – auch in Grenzach-Wyhlen. Denn dichteres, höheres Bauen schafft nicht nur immer mehr versiegelte Flächen, sondern lässt auch Schluchten entstehen, wirkt sich auf den Luftaustausch aus – und so weiter. Außerdem treibt jede weitere Auflage die Baukosten weiter nach oben.

„Immer abwägen“

Bürgermeister Tobias Benz war begeistert von Annika Bahners Vortrag. Er rief am Ende dazu auf, gute Ideen anzunehmen, aber gleichzeitig immer abzuwägen, „denn Wohnen ist ein Menschenrecht“. Diese Aussage war auf Carola Lambelet (FW) gemünzt, die davor gewarnt hatte, immer weiter immer neue Baugebiete auszuweisen, damit alles zuzubauen und zu verdichten.

„Und wenn man dann noch immer höhere Standards setzt und heftige Auflagen macht, braucht man nicht zu klagen, dass die Leute das Wohnen nicht mehr bezahlen können. Auch ich würde das Geld lieber für Fassadenbegrünungen ausgeben als für das Ausgraben von 2000 Jahre alten und 20 Meter tiefen Brunnen“, warf Benz einen Speer in Richtung Bund und Land.

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