Grenzach-Wyhlen Mit Volldampf am Hornfelsen vorbei

Tim Nagengast

Buchvorstellung: „Die badische Hochrheinstrecke“ von Rudolf Schulter.

Grenzach-Wyhlen - Für Freunde der Heimatgeschichte und Eisenbahnfans ist ein neues Buch erschienen: „Die badische Hochrheinstrecke – Von Basel bis zum Bodensee“. Es ist das vierte Werk des Basler Autors Rudolf Schulter, der bereits mit seinen Büchern über die Wiesental- und die Kandertalbahn in der Region von sich reden gemacht hat.

Es gibt heutzutage kaum noch etwas, das an den früheren zweiten „Bahnhof“ von Grenzach erinnert: Im Jahr 1981 endgültig aufgegeben, ist vom einstigen Haltepunkt „Grenzacherhorn“ nichts mehr übrig. Einzig ein überwucherter Güter-gleis-Stummel, der im Nichts endet, weist noch darauf hin. Auf Schweizer Seite noch gut sichtbar, muss man in Grenzach schon etwas suchen, um Reste zu finden, beispielsweise in Höhe des Aldi-Parkplatzes am Hörnle im Gebüsch.

Zeitreise über fünf Eisenbahn-Jahrzehnte

Ein weiteres Zeugnis ist hingegen das Brückchen am nahen „Landauerströßli“ auf Gemarkung Basel, über welches aber schon seit Jahrzehnten kein Güterzug mehr nach Grenzach gerollt ist.

Wer wissen will, wie es einst bahntechnisch am ganzen Hochrhein aussah, dem sei Rudolf Schulters neues Buch „Die badische Hochrheinstrecke“ empfohlen. Der dieser Tage im Verlag „Sutton Zeitreise“ erschienene Bildband erweckt die Eisenbahnvergangenheit in hiesigen Breiten wieder zum Leben. Dies auf 120 reich bebilderten, zumeist farbigen Seiten. Schulter legt rund 160 zumeist unveröffentlichte Aufnahmen und Streckenpläne vor.

Das vierte Eisenbahnbuch des Autors ist eine wahre Fundgrube, denn ihm ist es gelungen, nahezu sämtliche Zug- und Triebfahrzeuggattungen samt Rollmaterial bildtechnisch einzufangen, welche in den vergangenen 50 Jahren am Hochrhein unterwegs waren respektive teilweise noch sind.

Eigene Erinnerungen werden wach

Denn Schulter schlägt gekonnt eine Brücke in die Gegenwart. Neben den hier einst allgegenwärtigen Dampfloks der Baureihe 50 kommen im Buch auch schon die Dieseltriebzüge der Baureihe 612 im brandneuen, weiß-gelben „bwegt“-Design zu Ehren. Dies gilt auch für die 641er-Schienenbusse (Bähnler-Deutsch: „Tampon“), die am Hochrhein langsam selten werden, da sie vom 644er abgelöst werden. Als Leser ist man da geneigt, hin und her zu blättern, zu vergleichen und Rückschau zu halten.

Stimmt, da gab es ja mal die 218/217er-Dieselloks – wo sind die eigentlich geblieben? Da hingen doch immer die „Silberlinge“ dran mit ihren Dreh-Türklinken und den dunkelroten Kunstlederbezügen, auf denen man vor allem im Sommer beim Draufsitzen immer so furchtbar schwitzte. Oder diese eckigen 212er-Dieselloks mit ihren charakteristischen Pleuelstangen, die vor 25 Jahren nahezu jeden Güterzug „schmückten“ und auch heute noch manchmal durch Grenzach-Wyhlen sausen! In Schulters Buch erwachen sie zu neuem Leben. Da kommen Erinnerungen hoch. An früher, aber auch an heute.

Wer einmal im Hochsommer in einem Triebwagen der Reihe 611 unterwegs war, dessen Klimaanlage ausgefallen ist und dessen Fenster sich bauartbedingt nicht öffnen lassen, der blättert in Schulters Buch beim Entdecken dieses störanfälligen Modells vielleicht rasch eine Seite weiter. Und staunt sogleich wieder über die Vielfalt des Rollmaterials aus fünf Jahrzehnten.

Ein Buch zum Schmökern und Vergleichen

Rudolf Schulters Buch ist kein Druckwerk, das man in einem Zuge durchliest. Vielmehr lädt der Band dank seiner kurz gefassten Bildunterschriften ein zum Schmökern, zum Vergleichen und zum Achten auf Details.

Für Grenzach-Wyhlener ist beispielsweise die Seite 24 interessant mit Aufnahmen auf dem Bahnsteig „Grenzacherhorn“. Sehr schön im Hintergrund zu sehen: der Hornfelsen. Im Vordergrund: Zugmaterial vergangener Zeiten sowie die bis vor wenigen Jahren am Hochrheingleis noch charakteristischen Flügelsignale.

Die Reise, auf die Schulter den Leser beziehungsweise Betrachter mitnimmt, ist durchaus kurzweilig, aber zumeist faktenbezogen. Nach einer kurzen Einleitung kommen Tabellen, technische Daten, die Erläuterung von Abkürzungen sowie Zahlen. Auch die Strecke und ihr Profil insgesamt hat der Autor dargestellt, ehe man als Leser in Basel ein und in Konstanz wieder aussteigt.

Fazit: Schulters Buch schließt eine Lücke und kommt zur rechten Zeit, schließlich wird sich Hochrheinbahnstrecke im Zuge der anstehenden Elektrifizierung sowie des Baus weiterer Haltestellen in wenigen Jahren fundamental verändern. Das Buch ist ein Werk nicht nur für Eisenbahn- und Technikfreunde, sondern für Heimatinteressierte insgesamt.

Weitere Informationen: Rudolf Schulter, „Die badische Hochrheinstrecke – Von Basel bis zum Bodensee“, Sutton Zeitreise, ISBN 978-3-96303-024-6. Preis: 19,99 Euro.

Der Autor Rudolf Schulter, Jahrgang 1947, ist Mitglied des Bundesverbands deutscher Eisenbahnfreunde (BDEF) und lebt in Basel. Er hat einige Jahrzehnte in der Konstruktion von Eisenbahn- und Straßenbahn-Wagen sowie von Lokomotiven gearbeitet. Alte und neue Eisenbahnen inspirieren ihn jedoch auch als Fotograf sowie als Fahrgast. Letzteres ermöglicht ihm, verschiedene Länder Europas und deren Geografie auf dem Schienenweg zu erkunden.

Das vorliegende Buch über die badische Hochrheinstrecke Basel Bad. Bf. – Waldshut – Schaffhausen – Singen – Konstanz ist sein viertes. Damit wollte er diese schöne Eisenbahnverbindung in ihrer Vielseitigkeit dokumentieren und auf einige Besonderheiten hinweisen. Rudolf Schulter schrieb ebenso Bücher über die Wiesentalbahn, die Kandertalbahn sowie ein Buch über fünf französische Eisenbahnstrecken, die der sogenannten Meterspur angehören.

  • Die 143,6 Kilometer lange Hochrheinbahnstrecke zwischen Basel und Konstanz wurde als Teil der Badischen Hauptbahn von den Großherzoglichen Badischen Staatseisenbahnen erbaut. Der Erste Abschnitt (Basel-Waldshut) wurde 1856 eröffnet.

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