^ Grenzach-Wyhlen: Naturerlebnisraum statt Giftmüll - Grenzach-Wyhlen - Verlagshaus Jaumann

Grenzach-Wyhlen Naturerlebnisraum statt Giftmüll

Tim Nagengast

Keßlergrube: Roche plant Renaturierung des Rheinufers / Flachwasserzone, Inseln und Aussichtsplateau

Grenzach-Wyhlen - Wenn die Firma Roche ihren Teil der früheren Keßlergrube fertig saniert hat, kommt dort das Rheinufer an die Reihe. Der Pharmariese will dieses zu einem Naturerlebnisraum umgestalten. Flora und Fauna sollen dabei im Vordergrund stehen und der Mensch sich eher zurückhalten. Ein „Strand“ oder gar die zweiten Isteiner Schwellen werden in Grenzach also nicht entstehen.

Eine 2500 Quadratmeter große Flachwasserzone, die höchstens einen Meter tief ist, soll den Kern dieses Naturerlebnisraums bilden. Abgetrennt vom eigentlichen Rhein wird sie durch eine Aufschüttung entlang der Spundwand des alten Schiffsanlegers. Sie stabilisiert dieses neue Wörth nicht nur, sondern schützt die Flachwasserzone auch vor dem Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe.

In der Flachwasserzone selbst sollen weitere kleinere Inseln entstehen. Eine mit Bäumen und Büschen bepflanzte Böschung zwischen dem neuen Rheinufer und diesem neuen Biotop soll dabei nicht nur für eine große Biodiversität von Flora und Fauna sorgen, sondern auch die Menschen am direkten Zugang hindern.

So wie am Wyhlener Altrhein auch ist der Mensch in den Planungen von Roche für den Uferbereich ihres Keßlergrubeteils zwar als Naturbeobachter gerne gesehen – aber mehr auch nicht. So sollen in Grenzach später weder Hunde durchs Wasser toben noch im Wasser planschende Kinder samt sich sonnender Eltern das sensible Ökosystem stören.

Veränderte Planung

Zwar gab es zunächst Pläne für den Bau von Sitzstufen hinab zum Rhein, diese sind im Laufe des Verfahrens aber auf Wunsch des Landratsamtes gestrichen worden, wie Markus Ettner, Projektleiter Keßlergrube bei Roche, am Dienstagabend im Technischen Ausschuss des Gemeinderates darlegte. Die Fachbereiche Umwelt sowie Landwirtschaft und Naturschutz hätten nämlich Bedenken angemeldet.

Gestaltet hat den Entwurf Roland Senger. Mit der im Ausschuss gemachten Aussage „Wir gehen mit der Renaturierung einiges über das hinaus, was vorher im Bestand da war“ hat der Landschaftsarchitekt ein wenig untertrieben. Denn wer das „nüchterne“ Rheinufer im Bereich Keßlergrube noch kennt und weiß, wie es dort bis vor etwa acht Jahren aussah, dürfte sich angesichts der Roche-Pläne die Augen reiben.

Der Blick auf den Rhein wird nämlich ein anderer sein. Dies gilt auch für den Uferweg, der künftig mäandrierend geführt wird – vorbei an Büschen und Magerrasen, aber auch an Bereichen, in denen Eidechsen sich wohlfühlen sollen. Entlang des Weges werden Restbrocken der bisher benötigten Bohrpfahlwand als Sitzgelegenheiten dienen.

Zentraler Aussichtspunkt

Eine solche ist auch für den zentralen Aussichtspunkt vorgesehen. Dieses Plateau erlaubt Spaziergängern den Weg auf den gesamten Biotopbereich. „Der Weg wird interessant werden“, verspricht Roland Senger. „Der Weg soll so attraktiv wie möglich gestaltet werden, damit die neue Flachwasserzone gar keine Bedürfnisse weckt und geschützt bleibt.“

Der Zeitplan

Die Sanierung, sprich: der Vollaushub, des Roche-Teils der alten Grenzacher Giftmülldeponie biegt aktuell auf die Zielgerade ein. Zwar haben die eine oder andere Unwägbarkeit und auch Corona die ursprünglichen Pläne des Pharmakonzerns, das Thema bereits Ende dieses Jahres abschließen zu können, schon vor einer ganzen Weile zunichte gemacht, aber in Sicht ist das Ziel dennoch.

Bis Ende des Jahres 2022 soll die Sanierungsmaßnahme abgeschlossen sein. Die Rückbauarbeiten dafür beginnen im kommenden Februar, wenn Perimeter 1 und 3 der Grube „chemiefrei“ sind. Oder um es mit Bürgermeister Tobias Benz’ Worten zu sagen: „Der letzte Container wird im Februar abgefahren.“ Ab Ende 2022, Anfang 2023 sollen dann die eigentlichen Bauarbeiten zur Gestaltung des Rheinufers beginnen können.

Slipstelle bleibt

Betroffen von den Roche-Plänen ist übrigens auch der Wassersportclub Grenzach-Wyhlen. Denn die im Zuge der Keßlergrube-Sanierung verlegte Slipstelle samt Schwimmsteg soll am neuen Standort verbleiben. Das Provisorium wird somit zur Dauereinrichtung.

Lob und Kritik

Im Technischen Ausschuss überwog am Dienstagabend die Freude über die Gestaltungspläne. Allgemein wurden diese sehr gelobt. Nichtsdestotrotz kam aus den Reihen des Gremium aber auch Kritik daran auf, dass der Mensch keinen Zugang zum Wasser haben soll. Hier hätten sich einige Ratsmitglieder mehr Mut gewünscht.

So schön der neue Rheinuferweg wohl werden wird, so kurz wird er noch eine ganze Weile bleiben. Denn wie es direkt nebenan weitergeht, ist offen. Bekanntlich will BASF ihren Teil der Keßlergrube umspunden. Und das 32 Hektar große Gelände der Firma am Rhein ist ja auch Gegenstand zahlreicher Gespräche und sich nicht immer deckender Wünsche zwischen der Eigentümerin und der Gemeinde Grenzach-Wyhlen (Stichwort: „Rheinvorland-West“, Zugang zum Rhein). Das langfristige Ziel der Gemeinde, einen durchgehenden Rheinuferweg vom Hörnle-Zoll bis zum Wasserkraftwerk zu haben, liegt somit noch immer in weiter Ferne.

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