Grenzach-Wyhlen Rufe nach Gemeinschaftsschule

Rolf Reißmann
Der frühere Kultusminister Andreas Stoch, Vorsitzender der Landes-SPD und der Fraktion der Sozialdemokraten im Landtag, saß in Grenzach-Wyhlen auf dem Podium. Foto: Rolf Reißmann

Podiumsdiskussion: SPD-Ortsverein stößt Debatte an / Angemessene Fördermöglichkeiten angemahnt

Im Haus der Begegnung fand am Mittwochabend eine Podiumsdiskussion zu der Frage statt, ob Grenzach-Wyhlen eine Gemeinschaftsschule braucht oder nicht. Der SPD-Ortsverein als Veranstalter hatte dazu einen prominenten Fachmann gewinnen können: Andreas Stoch, Landes- und Fraktionsvorsitzender der Partei sowie früherer Kultusminister. Trotzdem kamen lediglich knapp 20 Zuhörer.

Von Rolf Reißmann

Grenzach-Wyhlen. In den knapp vier Jahren seiner Amtszeit hatte Stoch die Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg auf den Weg gebracht. Noch heute vertrete er klar die Auffassung, dass Gemeinschaftsschulen ein Schlüssel für mehr Qualität seien, sagte Stoch. Gerade auch deshalb, weil damit ganzheitliche Bildung enorm gefördert werde.

„Zu frühe Trennung“

Am Tisch im Haus der Begegnung saßen neben Stoch und dem SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Marius Kipfmüller mit Sabine Braun eine Rektorin (Bärenfelsschule), mit Barbara Krause und Jutta Böhm zwei Lehrerinnen und mit Gemeinderätin Katja Schäfer eine Mutter mit Kindern im Schulalter.

Ganztagsbetreuung fand Zustimmung; die zeitweilige Entlassung angestellter Lehrer im Sommer wurde aber durchweg abgelehnt.

Zu einer ersten Diskussion führte die Frage nach der Notwendigkeit von Ziffern-Noten. Nein, die brauche es nicht, weil damit viel zu wenig die Stärken herausgehoben würden, sagte Braun. „Es ist nun mal so, dass bei vielen Zahlen gerade jene, die als unangenehm empfunden werden, besonders auffallen und damit zur Belastung werden, auch wenn es nur wenige sind“, erklärte sie. „Viel wichtiger aber ist es doch, Kinder mit ihren Stärken zu fördern, dann bekommen sie mehr Kraft, um Schwächen abzubauen.“ Das gehe mit verbaler Bewertung viel besser als im Zahlenspektrum von eins bis fünf.

Werkrealschule ohne Lobby

Als absurd bewerteten alle Fachleute am Tisch die Grundschulempfehlung nach der vierten Klasse. Man müsse sich viel zu zeitig festlegen, beklagte Krause. Generell erfolge die Trennung der Kinder, so meinten alle Teilnehmer auf dem Podium, viel zu früh. Deshalb wäre die Gemeinschaftsschule zu bevorzugen.

Außerdem hätten die Eltern von weniger leistungsstarken Kindern keine Lobby. Sie würden nicht gehört, wenn sie ihre Kinder auf eine Werkrealschule schicken wollten. Diese Schulform gibt es in Grenzach-Wyhlen seit sieben Jahren nicht mehr. Und zwar aufgrund der Abstimmung mit den Füßen vonseiten der Eltern. So war der Werkrealschulzweig der Bärenfelsschule aufgrund mangelnder Anmeldezahlen geschlossen worden. Damals herrschte die Vorgabe des Gesetzgebers, dass Werkrealschulen, die zwei Jahre lang infolge zu geringer Zahlen keine fünfte Klasse mehr bilden können, „abgewickelt“ werden mussten.

Falsche Planungsgrundlage

Doch nun zeige sich, dass es inzwischen an angemessenen Fördermöglichkeiten für jene Kinder fehle, die eben etwas später als andere ihre Lernerfolge erzielen.

Von den Besuchern kam die Klage über den Lehrermangel und den damit verbundenen Unterrichtsausfall. „2010 wurden landesweite Prognosen zu den künftigen Schülerzahlen aufgestellt, die sich später als nicht zutreffend erwiesen“, erklärte Stoch. „Einmal wurden wieder mehr Kinder geboren, außerdem kamen tausende Flüchtlingskinder in unser Land. Doch Lehrerausbildung ist eben ein Prozess, der für Jahrzehnte zu planen ist.“

In der Zusammenfassung auf die Ausgangslage zurückkommend waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, dass die Doppelgemeinde eine Gemeinschaftsschule gut gebrauchen könnte, dem aber auch aus traditionellen Gründen Hindernisse entgegenstünden. „Wenn sich diese breite Verteilung der Leistungsmöglichkeiten aber in der vorhandenen Schulstruktur unterbringen lässt, so etwa mit einem Hauptschulzweig in der Realschule, ist das zumindest eine praktikable Lösung“, fasste Stoch es zusammen.

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