Grenzach-Wyhlen Sie paaren sich (wie) im Fluge

Die Oberbadische

Mauersegler: An der Grenzacher Steingasse bietet sich im Sommer jeden Abend ein Spektakel

Wenn der Tag sich langsam dem Ende zuneigt, die Sonne hinter dem Horizont verschwindet und leichtes Abendrot am Himmel hochsteigt, dann wird es in der Grenzacher Steingasse lebendig. Es ist die Stunde der Mauersegler, die bei Beate Kappler seit acht Jahren für den Sommer eine Heimat gefunden haben.

Von Helmut Bauckner

Grenzach-Wyhlen. Als vor 18 Jahren in Basel Gebäude des Kantonsspitals abgerissen wurden, die den faszinierenden Vögeln in den Mauern Brutstätten geboten hatten, schloss Kappler sich einer Initiative an, die dazu aufrief, an geeigneten Gebäuden artgerechte Nistkästen anzubringen. Sie hatte an ihrem Haus an der Steingasse die Möglichkeit, solche Kästen in sechs Meter Höhe anzubringen. Diese sind mindestens nötig, damit die Vögel im Sturzflug die Brutstätte verlassen können.

Mauersegler sind nämlich ganz besondere Vögel, weiß die engagierte Vogelfreundin zu berichten. Perfekt an das Leben in der Luft angepasst, verlassen sie diesen ihren Lebensraum nur zur Aufzucht ihres Nachwuchses. Sie ernähren sich ausschließlich von fliegenden Insekten, sie sammeln ihr Nistmaterial im Vorbeiflug, ja, sie paaren sich sogar in Sekundenschnelle in der Luft, und auch ihre Schlafphasen spielen sich in der Luft ab.

Sie scheinen, ähnlich wie die Delfine, in der Lage zu sein, die Hälfte des Gehirns schlafen zu lassen, während die andere Hälfte aktiv bleibt. Denn „landen“ tun diese Vögel praktisch nie, ihr Körperbau, respektive ihre Füße, sind nicht dafür gebaut. Wie die Schwalben auf Telegrafendrähten und Ästen zu sitzen oder über den Rasen zu stolzieren, ist ihnen nicht möglich. Mit ihren sehr spitzen Krallen können sie sich lediglich an Mauerwänden festkrallen und vor allem Konkurrenten, etwa die Stare, bei der Besitznahme der Brutplätze heftig attackieren.

Der wissenschaftliche Name „Apus apus“ bedeutet so viel wie „fußlos“. Bereits Aristoteles und Plinius benutzten diese Bezeichnung. Im Gegensatz zu den Schwalben, mit denen sie oft verwechselt werden, können Mauersegler insektenarme Schlechtwetter- und Hungerperioden bis zu drei Wochen lang überstehen.

Das Gelege besteht aus zwei, höchstens drei Eiern, und es findet nur eine Brut statt. Die Nestlingszeit währt überraschend lange: sechs Wochen. Ist die Flugfähigkeit vollkommen, macht man sich Ende Juli auf den Weg in Gebiete des südlichen Afrika. Bis zu 400 Tageskilometer können Mauersegler zurücklegen. Addiert man alle Flugbewegungen, die sie bis in eine Höhe von 3000 Meter tragen, kommen bis zu 190 000 Kilometer in einem Jahr zusammen. Spitzengeschwindigkeiten von 200 Stundenkilometer sollen keine Seltenheit sein.

Ende April kehren die Mauersegler dann wieder mit dem gleichen Ziel zurück in die Brutkästen von Beate Kappler. Und auch die Nachbarn erwarten sie schon und erfreuen sich allabendlich an ihren durchdringenden Schreien.

Fast hymnisch beschreibt der französische Naturforscher Jean-Henri Fabre ihr Flugverhalten: „Wie räumen die Mauersegler unter den Insekten der Dämmerung auf, wenn ihre Scharen endlos im Kreis hin- und herfliegen in der Heiterkeit des rötlichen Abendhimmels. Was für ein Ungestüm im Flug, was für überraschende Wendungen im Raum! Welche Lebhaftigkeit!“ In der Steingasse weiß man: Jetzt ist der Sommer da.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading