^ Grenzach-Wyhlen: Sozialarbeitern geht die Arbeit nicht aus - Grenzach-Wyhlen - Verlagshaus Jaumann

Grenzach-Wyhlen Sozialarbeitern geht die Arbeit nicht aus

Tim Nagengast
Die an den vier Grenzach-Wyhlener Schulen – hier die Bärenfelsschule­ – eingesetzten Sozialarbeiter haben immer mehr zu tun und müssen obendrein vieles kompensieren. Foto: Tim Nagengast

Der Bedarf nach Sozialarbeit an Linden-, Bärenfels- und Realschule sowie am Lise-Meitner-Gymnasium steigt weiter an. Gleichzeitig sehen die dort eingesetzten Sozialarbeiter sich zunehmend am Limit. Der Ruf nach Aufstockung wird laut.

Sozialarbeiter an Schulen waren bis vor wenigen Jahren noch eher die Ausnahme als die Regel. In Grenzach-Wyhlen sind sie selbstverständlicher und integraler Bestandteil an den vier örtlichen Lehreinrichtungen. Die Kosten für die Schulsozialarbeit teilen sich Gemeinde, Landkreis und Land zu jeweils einem Drittel. Fünf Angestellte der Kaltenbach-Stiftung verrichten mit einem Gesamtpensum von 2,8 Vollzeitstellen die Schulsozialarbeit in Grenzach-Wyhlen. Das Team stellte seine Schuljahresbilanz am Dienstag im Gemeinderat vor.

Lindenschule

Wie Milena Widmer, Sozialarbeiterin an der Lindenschule (295 Schüler), berichtete, sei wegen des großen Lehrermangels dort „für die Kinder vieles weggebrochen“. Widmer: „Ich bin die Konstante, die sie aufsuchen.“ Ihre mit Bundesmitteln – nach derzeitigem Stand vorübergehende – Stellenaufstockung von 50 auf 80 Prozent sei „ein Segen“ für alle Beteiligten. Sie habe allein im Schuljahr 2021/22 genau 112 Beratungsgespräche mit 62 Schülern geführt (und 32 Gespräche mit 20 Eltern). Themen seien dabei unter anderem Dinge wie Trennung, Scheidung, Gewalt im Elternhaus oder Angst. Außerdem habe es Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit Smartwatches gegeben. Dazu kamen weitere Klassenprojekte im Bereich soziales Lernen („Ferdi“, „Das kleine Wir“), aber auch Sexualerziehung.

Bärenfelsschule

„Es kommt jede Woche mehr auf mich zu. Es kommt an die Grenze“, stieß Anne Kammerer ins gleiche Horn wie ihre Kollegin Widmer. Kammerer ist seit diesem Schuljahr Sozialarbeiterin mit einem 50-Prozent-Pensum an der Bärenfelsschule (313 Schüler). Auch dort habe es Fälle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit Tablets gegeben. Überhaupt habe das Sozialverhalten durch die Coronapandemie sehr gelitten, stellte Kammerer fest. Es habe viele Einzelfälle von Wut und Gewalt gegeben, wo sie habe vermitteln können. Dazu veranstalte sie auch Klassenprojekte, Teambuilding und erlebe, dass Woche für Woche mehr Schüler, Lehrer und Eltern auf sie zukämen. „Sie kennen mich inzwischen“, freute sich Kammerer. Sie habe knapp 50 Beratungsgespräche mit Schülern geführt und Aktionen in neun verschiedenen Klassen abgehalten (etwa in den Bereichen Konfliktlösung, Medienprävention, Mobbing oder auch Klassenrat). Gerne würde sie Angebote in jeder Klasse machen – bei mehr Stellenprozenten, sagte Kammerer.

Realschule und Gymnasium

Am Schulzentrum leisten Wolfgang Hüttermann, Irina Philipp und Christine Gut gemeinsam die Sozialarbeit mit zusammen 1,5 Stellen. Sie unterstützen an beiden Schulen, die sich unter einem Dach befinden und sich die Sozialarbeiter teilen, 84 Lehrer und 950 Schüler. Wie Irina Philipp im Gemeinderat darlegte, gab es im vergangenen Schuljahr unter anderem 73 Beratungsgespräche mit 73 Schülern (davon 28 mehrfach) sowie 35 mit Erziehungsberechtigten. Zudem wurden Lehrer beraten und begleitet. Unter anderem sind die Sozialarbeiter auch Paten der fünften Klassen und begleiten diese intensiv. Dazu kommen unter anderem Sozialtrainings und das Projekt „Help & Hope“.

Aktuelle Entwicklung

Die aktuelle Entwicklung ist nicht unbedingt ermutigend, wie Wolfgang Hüttermann darlegte. Nicht nur sei das psychosoziale System im Kreis Lörrach „aus bekannten Gründen“ (ewige Wartezeiten wegen Personalmangels und -abwanderung) massiv überlastet, auch stiegen parallel die (psychischen) Belastungen bei Kindern und Eltern. Gründe dafür gebe es viele. Neben dem Corona-Lockdown spielten auch die Energiekrise und der Ukrainekrieg (Stichwort: Ängste) eine Rolle. „Corona darf aber keine Ausrede sein für Fehler im System“, stellte Hüttermann im Gemeinderat klar. Feststellbar sei, dass Schulsozialarbeit „als erste Anlaufstelle immer wichtiger“ werde. Weiter ausgebaut werde der Bereich Resilienzförderung.

„Wir müssen nicht über Bedarf diskutieren. Er ist da“, resümiert Hüttermann. Wichtig wäre aus seiner Sicht wenigstens eine Beibehaltung der aktuellen Stellenumfänge. Dazu müssten aber die Gemeinde Grenzach-Wyhlen und/oder der Landkreis die an der Lindenschule bald wegfallenden 30 Stellenprozente kompensieren, weil ein Förderprogramm des Bundes ausläuft. Bürgermeister Tobias Benz stellte dieses Thema für die Mai-Gemeinderatssitzung in Aussicht.

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