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Grenzach-Wyhlen Was gibt der Stockacker preis?

Die Oberbadische

Fallberg-Nord: Geophysikalische Untersuchung / Weitere römische Ruinen vermutet

Im Zuge der Erschließung des geplanten Gewerbegebietes Fallberg-Nord finden ab Montag auf dem sogenannten Stockacker südlich der Ritterstraße geophysikalische Untersuchungen statt. Im Boden werden römische Ruinen oder sonstige archäologisch wertvolle Hinterlassenschaften vermutet. Diese sollen dokumentiert werden.

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. „Ungefähr hier muss es gewesen sein.“ Bernhard Greiner steht auf einer Wiese im Gewann Stockacker südlich der Ritterstraße. Es regnet leicht, der Boden ist matschig. Der Blick schweift übers ebene Gras östlich des die Niederholzstraße verlängernden Feldwegs und bleibt an dem einen oder anderen Obstbaum hängen. Im Hintergrund die Kraftwerksiedlung, sonst nichts. Zumindest auf der Oberfläche.

Und doch: „Hier wurden damals die Grundmauern eines römischen Gebäudes freigelegt, dokumentiert und anschließend wieder zugeschüttet“, sagt Greiner und holt ein großes Foto aus der ersten Hälfte der 1980er Jahre hervor: „Hier etwa war’s.“

Nachdem verdächtige Funde wie Scherben, Ziegelreste und Kalksteine gemeldet worden waren, kam damals die Arbeitsgruppe (AG) Archäologie im Verein für Heimatgeschichte unter der Leitung von Erhard Richter zum Einsatz. Die Helfer nahmen im Bereich des Stockackers einige „Suchschnitte“ vor. Einer von ihnen war: der Schüler Bernhard Greiner.

Erster Einsatz von Geomagnetik

Heute ist der Grenzacher selbst promovierter Archäologe und Kulturhistoriker. Als ehrenamtlicher Beauftragter für die archäologische Denkmalpflege im Landkreis Lörrach ist er ein gefragter Experte.

Die auf dem Stockacker zu erwartenden Arbeiten sind für ihn beinahe ein Heimspiel. „So, wie wir mit der AG Archäologie das damals mit den Suchschnitten gemacht haben, so wäre das heute gar nicht mehr möglich“, sagt er.

Wenn ab Montag Mitarbeiter der Firma „GGH Solutions in Geosciences“ aus Freiburg anrücken, um zwei Wochen lang eine sogenannte geophysikalische Prospektion im Planbereich des zukünftigen Gewerbegebietes Fallberg-Nord vorzunehmen, wird Greiner sein Handy immer in Griffweite haben. „Es wäre ein Wunder, wenn da nichts gefunden würde.“

Denn die 1984 nach den Vorarbeiten durch Richters Arbeitsgruppe von Mitarbeitern des Landesdenkmalamtes freigelegten Grundmauern könnten nach Einschätzung von Gerhard Fingerlin (1937 bis 2016) zu einem römischen Ökonomiegebäude gehört haben. Hatte der frühere Leiter des Referates Bodendenkmalpflege beim Landesdenkmalamt Baden-Württemberg im Regierungsbezirk Freiburg Recht, müsste der Erdboden im Zuge der Fallberg-Nord-Erschließung weitere Hinterlassenschaften aus der Antike preisgeben.

Jede „villa rustica“ bestand aus mehreren Gebäuden

Denn einen römischen Bauernhof muss man sich völlig anders vorstellen als heute. „Es gab bei den Römern beispielsweise keine Bauerndörfer, wie wir sie kennen“, erläutert Greiner. Eine „villa rustica“ sei stets eine Anlage aus mehreren Gebäuden gewesen, die sich auf einer Fläche von 200 bis 300 Metern verteilten.

Im Vorland der damals bedeutenden Stadt Augusta Raurica gab es deren einige, wie verschiedene Funde zwischen Grenzach und Schwörstadt belegen. Verwiesen sei hier ausdrücklich auf das Buch „Römische Siedlungsplätze im rechtsrheinischen Vorfeld von Augst, Ausgrabungen von 1981 bis 2001“ aus der Feder von Erhard Richter. Darin ist auf Seite 13 auch der Fund auf dem Stockacker in Wort und Bild dargestellt.

Greiner geht nun davon aus, dass im Vorfeld der Baugebietserschließung weitere römische Gebäudereste oder auch Gegenstände wie Münzen oder Graburnen entdeckt werden könnten. In derlei Fällen würde er als Experte hinzugezogen. „Ich bin schon gespannt. Die Geomagnetik kommt bei uns in der Region übrigens zum ersten Mal zum Einsatz“, freut sich der Grenzacher Archäologe auf neue Erkenntnisse und Funde. „Dabei geht es nicht darum, den Bau des neuen Gewerbegebietes zu verhindern, sondern um Dokumentation“, stellt der Fachmann klar. Sein Dank gilt vor allem der Gemeinde Grenzach-Wyhlen, die stets ein offenes Ohr für seine Anregungen oder Expertisen habe.

„Da hinten wurden damals zwei römische Urnengräber gefunden“, deutet Bernhard Greiner in Richtung des westlich des Feldwegs befindlichen Bauhofs der Firma Gersbacher. „Da könnte eigentlich irgendwo auch noch etwas sein, denn solche Friedhöfe bestanden gewöhnlich aus 15 bis 20 Urnen“, hält Greiner fest. Er dreht sich beim Gehen noch einmal um. Es scheint, als wartete er – gemeinsam mit dem Autor dieses Artikels – auf den unvergessenen Erhard Richter.

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