Grenzach-Wyhlen Was übrig bleibt, ist: nichts

Tim Nagengast

Festakt: Vollaushub des Roche-Anteils der Keßlergrube feierlich abgeschlossen

Grenzach-Wyhlen - In Gegenwart zahlreicher Ehrengäste hat die Roche Pharma AG am Freitagvormittag den erfolgreichen und planmäßigen Abschluss des Vollaushubs auf Perimeter 1/3-Nordwest der früheren Gift- und Mischmülldeponie Keßlergrube in Grenzach mit einem Festakt begangen. Mit einem Bagger versenkte Roche Pharma-Vorstand Hagen Pfundner zum Abschluss eine Zeitkapsel im Boden.

Nach siebenjähriger Sanierungsarbeit unter teils schwierigen Bedingungen ist der heute zu Roche gehörende Teil der Grube nun offiziell altlastenfrei. Der Pharmariese hat dafür rund 240 Millionen Euro ausgegeben. Die Sanierungsmaßnahme war die größte ihrer Art in Deutschland.

Prominente Ehrengäste

Fast auf den Tag genau sieben Jahre nach dem offiziellen Spatenstich am 29. September 2015 kamen nun zahlreiche Vertreter des Pharmaunternehmens und mehrere Dutzend Gäste in der eigens für die Sanierung gebauten, jetzt nicht mehr luftdicht versiegelten Halle auf dem nun sauberen Boden zusammen. Die Stimmung war gelöst. Nach dem offiziellen Teil bildeten sich rasch Grüppchen am Büffet.

Zuvor hatten mehrere prominente Gäste das Megaprojekt aus ihrem persönlichen Blickwinkel in Grußworten beleuchtet und gelobt. So konnten unter anderem André Hoffmann, Urenkel des Firmengründers Fritz Hoffmann und Vizepräsident des Roche-Verwaltungsrats, Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, Landrätin Marion Dammann sowie Bürgermeister Tobias Benz begrüßt werden.

Versprechen eingelöst

Pfundner hob in seiner Ansprache das Versprechen hervor, das Roche abgegeben hatte: „Wir haben versprochen, unserer Verantwortung nachzukommen und das Gelände vollständig und nachhaltig zu sanieren. Dieses Versprechen haben wir vollumfänglich eingelöst. Denn wir wollen zukünftigen Generationen keine Altlasten hinterlassen.“ Nachhaltigkeit sei „keine Phrase, sondern ein Statement“ für Roche, hielt Pfundner fest. Hier habe man eine „Baustelle, bei der nichts gebaut wurde“, gesehen. Roche habe sich mit dem Ende der Sanierung der Grube eines schwierigen Erbes entledigt. Nun sei der Weg frei für eine gewerblich-industrielle Nachnutzung des Geländes. „Natürlich nur im Rahmen des Bebauungsplans“, sagte Pfundner mit Blick in Richtung des Bürgermeisters.

Kein Lippenbekenntnis

In seiner Grußbotschaft unterstrich André Hoffmann, welche Bedeutung alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (sozial, ökonomisch, ökologisch) und hier insbesondere die Umweltverträglichkeit und der Umweltschutz im gesamten Unternehmen zukämen. Denn Roche erbringe mit der vollumfänglichen Sanierung den Beweis, dass Nachhaltigkeit kein Lippenbekenntnis, sondern ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sei.

Hohes Maß an Transparenz

Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer würdigte die Öffentlichkeitsarbeit, mit der Roche die Sanierung begleitete: „Über Jahre hinweg hat die Firma Roche die Bevölkerung regelmäßig über die Fortschritte der Sanierung informiert und damit ein hohes Maß an Transparenz geschaffen.“ Schäfer nannte beispielhaft das eigens eingerichtete – und von rund 7500 Gästen besuchte – Besucherzentrum zur Visualisierung des Projekts. Hinzu kamen regelmäßige Baustellentage, es gab einen Newsletter, eine eigene Internetseite und regelmäßige Pressemitteilungen und Medientermine.

Mit Gesetzen im Einklang

„Bereits zu einem frühen Zeitpunkt in der Projektierungsphase hat die Firma Roche zur Genehmigungsbehörde Kontakt aufgenommen. So konnte das Landratsamt seine Beratungsfunktion optimal erfüllen und die Vorstellungen der Firma Roche mit den gesetzlichen Anforderungen in Einklang bringen“, lobte Landrätin Marion Dammann die konstruktive Arbeit im Genehmigungsverfahren.

Bürgermeister Benz freute sich besonders darüber, „dass die Roche Pharma AG keine Kosten und Mühen gescheut hat, um ihren Teil der Keßlergrube komplett und nachhaltig zu sanieren.“ Er sei gespannt darauf, was „an dieser Stelle für künftige Generationen etwas Neues entstehen kann.“

Unfallfreie Bauzeit

Im Anschluss befüllten die Festredner eine Zeitkapsel mit zeitgenössischen Gegenständen (siehe gesonderten Artikel auf dieser Seite) und senkten diese auf dem sanierten Gelände in den Boden ab. Im Bagger saß – nach kurzer technischer Einweisung – Hagen Pfundner. Wie die gesamte siebenjährige Bauzeit selbst ging auch dieser Vorgang unfallfrei über die Bühne. Die Gäste spendeten kräftigen Applaus.

Rheinufer wird 2024 renaturiert

Wie Richard Hürzeler, Gesamtprojektverantwortlicher für die Sanierung der Keßlergrube und im Roche-Konzern globaler Verantwortlicher für Umwelt und Altlasten, darlegte, erfolgen nun der Rückbau aller Hallen und der gesamten technischen Infrastruktur. Danach werden die Asphaltflächen sowie die für das Projekt verlegten Rohrleitungen entfernt. Parallel dazu ist auch der Rückbau des temporären Schiffsanlegers vorgesehen.

Im Anschluss daran wird die gesamte Fläche profiliert und für eine Begrünung vorbereitet. Der Abschluss der gesamten Rückbauarbeiten erfolgt voraussichtlich im kommenden Frühjahr 2023. Aufgrund der anschließenden Vegetationsperiode kann die von Roche geplante Renaturierung des Rheinufers erst 2024 umgesetzt werden. Hürzeler erwartet, den Uferweg noch im gleichen Jahr wieder freigeben zu können. Das Rheinufer samt Aussichtsplattform und Flachwasserzone solle ebenfalls übernächstes Jahr fertiggestaltet sein.

Ein paar „Relikte des industriellen Zeitalters“ (Hürzeler) bleiben übrigens bewusst an Ort und Stelle. Ein Teil der zur Baustellenabsicherung nötigen Bohrpfahlwand etwa wird das Rheinufer abstützen und sichtbar sein. In welcher Form Roche die sanierte Fläche künftig nutzen werde, sei noch nicht spruchreif, sagte Hürzeler.

Zeitungen, Geld und ein Brief in der Zeitkapsel

Holger Büth, Kommunikationsmanager bei Roche, zeigte den zahlreichen Medienvertretern aus Deutschland und der Schweiz die Zeitkapsel, die nun im Boden schlummert. In der gravierten Edelstahlröhre finden sich unter anderem je eine Ausgabe der beiden örtlichen Tageszeitungen vom Freitag, ein kompletter Satz Euro-Münzen, ein gedruckter Newsletter, ein Jahresbericht, ein Baumpflanzset, ein Datenstick mit dem Bebauungsplan darauf, ein Tütchen mit Sonnenblumensamen und ein Brief an den potenziellen Finder der Kapsel. Dieser müsste allerdings viereinhalb Meter tief buddeln, um die Zeitkapsel zu bergen.

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