Grenzach-Wyhlen Wenn Musik beinahe sichtbar wird

Die Oberbadische
Das Akkordeonorchester Grenzach-Wyhlen bot unter der engagierten Taktstockführung von Tanja Rauschenberger feinsten Konzertgenuss. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Doppelkonzert: Akkordeon-Orchester Grenzach-Wyhlen und Matthias Matzke begeistern

„Mir sin debi“ stand auf dem Reisebanner des Akkordeonorchesters Grenzach-Wyhlen (AOG) bei dessen Konzertreise im Sommer zum „World Music Festival“ nach Innsbruck. Das AOG war nicht nur dabei, sondern errang mit einer beeindruckenden Spielkultur den dritten Rang in der Höchststufe. So war es kein Wunder, dass das Haus der Begegnung mit 400 Besuchern zum Doppelkonzert am Samstag ausverkauft war.

Von Willi Vogl

Grenzach-Wyhlen. Mit von der Partie war der junge Akkordeonvirtuose Matthias Matzke, der im zweiten Konzertteil begeisterte. Durch das Programm führte Jaqueline Supé.

Jugendensemble

Eröffnet wurde das Konzert vom Jugendensemble unter der engagierten Leitung von Stefan Heumesser. In der Farandole aus Georges Bizets L’Arlésienne Suite Nr. 2 zeigten die jungen Musiker mit flinken Fingern über weite Strecken eine gute Koordination. „Das Jugendensemble in der jetzigen Formation ist zu einer starken Einheit zusammengewachsen“, freute sich Vereinsvorsitzende Nicole Rohn.

Das fand man in den sanften und sehnsüchtigen Klängen von Astor Piazzollas Oblivion bestätigt. Anna Walter überzeugte darin mit einem lyrischen Solo. Oliver Kratz, Bassspieler aus den eigenen Reihen, steuerte als Komponist mit seinem Stück „Die Melancholie“ eine Uraufführung bei. Dabei entwickelte er mit vorsichtig tastenden Melodiepartikeln eine hörenswerte Dramaturgie. Mit der Zugabe „Time to Say Goodbye“ verabschiedeten sich die jungen Musiker.

Aktivorchester

Auch das Aktivorchester setzte mit Astor Piazzolla auf den Großmeister des Tango Nuevo. In Primavera Porteña entwickelte das Orchester mit akkurat gesetzten Artikulationen vielfältige Frühlingsfarben. Folklore vom Balkan gab es mit geschmeidig geführter Melodik über pochenden Akkorden beim mazedonischen Volkslied „Ajde Jano“ sowie mit einem temperamentvoll und metrisch souverän inszenierten schnellen 9/8-Takt im serbischen Tanz „Vranje“ zu bewundern.

Tanja Rauschenberger animierte das Orchester mit unmissverständlicher Gestik und Mimik. Ihr Schlagbild vermittelte auch in diffizilen Momenten höchste Ordnung und konnte sich in entspannten Momenten gleichwohl auf minimale Andeutungen beschränken. Könnte man die Musik nicht hören, würde man sie allein durch Rauschenbergers Dirigat eindrücklich sehen können.

Diese dirigentischen Qualitäten waren vor allem bei einem Werk wie „Orava“ des polnischen Komponisten Wojciech Kilar in der Bearbeitung von Robert Baas gefragt. Da hörte man eine anfänglich leiernde Melodie, die sich zehn Minuten lang über fantasievoll verkürzte Phrasen zu einem gewaltigen organischen Pulsen mit sprechenden Glissandi sowie akkordischen und clusterbasierten Farben steigerte. „Orava“ bot in der kontrastsicheren Interpretation dieses Orchesters feinsten Konzertgenuss mit Schmunzeleffekt.

Popmusik zum Abschluss

Mit zackigen Melodien über heißen Latino-Rhythmen und quirligen Figurationen über einer lustig blubbernden Bassstimme in „Happy Band“ von „Motion Trio“ gab das Orchester zudem eine popmusikalische Visitenkarte ab. Mit einem Medley von ebenfalls popmusikalisch transformierten Melodien Peter Tschaikowskis und Nikolai Rimski-Korsakows beendete das Aktivorchester seinen fulminanten Konzertauftritt.

Matthias Matzke als Solist

Im zweiten Konzertteil zog Gastsolist Matthias Matzke das Publikum in den Bann. Auf dem Programm standen filmepische Titel wie Thomas Bergersens „All is Hell That Ends Well“ oder „El Dorado“, die folklorebasierte Transkriptionen von „Senorita“ des Songwriters Shawn Mendes oder der „Soul Bossa Nova“ von Quincy Jones. Neben Akkordeonklassikern wie der „Carmen“-Fantasie von Rudolf Würthner setzte Matzke auch auf eigene Kompositionen wie das äußerst quirlige „Run!“ oder eine wilde Schubert-Bearbeitung von „Ein Brunnen vor dem Tore“ aus eigener Feder. Das Publikum spendete begeistert Beifall für einen sympathischen Virtuosen mit coolem Tonfall.

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