Hausen im Wiesental Demokratische Streitkultur einüben

Markgräfler Tagblatt

Vortrag: Politikwissenschaftler Ulrich Eith erzählt, wie man gegen Rechtspopulisten argumentiert

Professor Ulrich Eith hat in Hausen den Unterschied zwischen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus erklärt. Das Bildungswerk der katholischen Kirchengemeinde Mittleres Wiesental hatte ihn zu einem Vortrag eingeladen.

Von Christoph Schennen

Hausen. „Rechtsextremismus zeichnet sich aus durch aktive Verfassungsfeindschaft“, so der Politikwissenschaftler. „Wer in der Öffentlichkeit aktiv gegen die Grundlagen der Verfassung wirbt, ist rechtsextrem.“

„Der Rechtspopulist will dagegen eine Stimme gegen das Establishment sein“, so der Direktor des Studienhauses Wiesneck, einem Institut für politische Bildung in Baden-Württemberg. „Er hat sogar den Anspruch, den Volkswillen zu vertreten.“ Für die Rechtspopulisten dienen „Wir-Gruppen“ als Bezugspunkte. Den Deutschen („Wir-Gruppe“) stehen die Fremden (Asylbewerber, Moslems, Juden et cetera) gegenüber; das Volk („Wir-Gruppe“) blickt skeptisch auf „die da oben“, die als „Eliten“ angesehen werden.

Rechtspopulisten haben ein „Freund-Feind-Denken“, stellen Sachverhalte einfacher dar als sie sind, brechen Tabus und wecken Emotionen im Zuhörer. „Rechtspopulisten wünschen sich die gute alte Zeit zurück, Linkspopulisten wollen die Welt verändern“, stellt der Politikwissenschaftler fest.

Er hat bisher drei Wellen an Rechtspopulismus in Deutschland erlebt. „Zum ersten Mal bin ich ihm begegnet, als ich mich als Student mit dem Einzug der NPD in den baden-württembergischen Landtag (1968) beschäftigt habe.“

In den neunziger Jahren stieg dann die Anzahl der Asylbewerber; es gab Brandanschläge von Neonazis in Mölln und Rostock-Lichtenhagen. Durch den hohen Zuzug an Flüchtlingen seit 2015 erlebt der Rechtspopulismus in Deutschland eine neue Blüte.

„Populismus ist ein weites Feld“, so Eith. Es gebe Kriminalpopulisten, die sich eine Law und Order-Politik wünschen, Sozialpopulisten, die Sozialneid gegen Migranten schüren, Nationalpopulisten, die jegliches Fremde aus dem Land vertreiben wollen, und Radikalpopulisten, die den Gegensatz zwischen dem einfachen Volk und den Eliten betonen. Ein wichtiges Merkmal der Rechtspopulisten sei, dass sie über Gruppenrechte argumentieren. „Das steht aber in Widerspruch zu unserer Verfassung, die Individualrechte garantiert“, bemerkt Eith.

Weil das Asylrecht für politisch Verfolgte ein im Grundgesetz verankertes Individualrecht sei, könne man auch nicht eine - wie von Horst Seehofer gefordert - Flüchtlingsquote (200  000 Flüchtlinge pro Jahr) einführen.

Wie Umfragen in AfD- und Front National-Hochburgen ergeben haben, sind Abstiegsängste, die Weltlage, die Angst um den sozialen Zusammenhalt, die Politik im Allgemeinen und die Migration Gründe dafür, dass Menschen rechtspopulistische Parteien wählen.

Eith sagt: „Entscheidend ist die subjektive Einschätzung der eigenen Lage.“ Wem es wirtschaftlich schlecht geht, wähle eher AfD als SPD.

Verlierer einer veränderten persönlichen Lage seien CDU, SPD und Linke und weniger die FDP und die Grünen, die „Parteien der gehobenen Mittelschicht“.

Dem Vortrag von Eith schloss sich eine rege Diskussion an, die der Referent als äußerst bereichernd empfand: „Eine so lebhafte Diskussion habe ich nicht häufig.“

Der Politik-Experte schlug auch vor, wie man mit Rechtspopulisten umgeht. „Wir müssen die Ängste der Bürger ernst nehmen, Ängste und Fakten auseinanderhalten, klare Normen von Gleichwertigkeit setzen, bei Gruppenzuweisungen widersprechen und wieder die demokratische Streitkultur einüben.“

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