^ Hausen im Wiesental: Ehrbare Wirtsfrau und Wohltäterin im Dorf - Hausen im Wiesental - Verlagshaus Jaumann

Hausen im Wiesental Ehrbare Wirtsfrau und Wohltäterin im Dorf

Christoph Schennen

Altbadisches Narrengericht: Milde Urteile für Adler-Wirtin und Altgemeinderäte.

Hausen - In Hausen ist es Tradition, dass am Fasnachtsdienstag das Altbadische Narrengericht im Gasthaus zum Adler tagt. Im rasanten Schlagabtausch werden hier die Argumente für und wider die Verurteilung eines Angeklagten vorgetragen. In diesem Jahr werden Adler-Wirtin Brigitte Andrea Behringer und die Altgemeinderäte Heinrich Rippel und Helmut Lang angeklagt.

Brigitte Behringer wird vorgeworfen, Geranienkästen der Blumengattung, einstieliger, nichtblühender Kümmerling auf den historischen Fenstersimsen ihres Lokals angebracht zu haben. Dorfrichter Michael Brugger hat an einem Sonntagmorgen einen Blumenkasten beschlagnahmt und Fotos von der floralen Schande gemacht („Es hat mich gewundert, wieviel Leute um 9.30 Uhr unterwegs sind“). Er zeigt die Lichtbilder in die Runde. „Selbst in der Sahel-Zone gibt es schönere Blumen“, entgegnet er. Außerdem verliest er einen Brief eines Mitglied der Kommission „Unser Dorf hat Zukunft“, der über einen Umzug mit Musikern in blauen Strümpfen berichtet, die in leichter Schräglage marschieren. „Das muss vom windigen Wetter kommen“, meint Brugger. Ihr Weg führt auch am Adler vorbei, wo die Geranien gesehen wurden und eine Bodenprobe entnommen wurde. In Basel wurde sie am Institut für Pflanzenkunde untersucht. Der Professor aber habe es nicht geschafft, den harten Grund zu durchdringen.

Mario Brugger glänzt als Anwalt

Behringers Verteidiger ist Mario Brugger, der in die Rolle eines Advokaten aus Frankfurt schlüpft. „Das ist ein Schauprozess, das können wir nicht länger dulden“, sagt Brugger. „Brigitte Behringer ist eine ehrbare Wirtsfrau und eine Wohltäterin im Dorf.“ Die Geranienzüchtung, die sie anpflanze, stamme aus der DDR und blühe nur am Jahrestag der Oktoberrevolution. Die Blumensorte habe beim Wettbewerb „Blühendes Nordsibirien“ in Tscheljabinsk eine Goldmedaille gewonnen. Helga Faller entgegnet dem Richter, Frau Behringer sei ihrer Zeit voraus. Sie habe Blumen angepflanzt, die kein Wasser benötigten. „Sie sollte einen Umweltpreis bekommen, keinen Strafe“, so die Hausenerin.

Heinrich Rippel muss sich wegen des Betreibens einer samstäglichen Fußballklause mit sinnloser Abfüllung der anwesenden Gäste verantworten. Wenn nach den Spielen die Fußballgucker ihren Heimweg antreten, begegne man Leuten, die laut Richter „ihrer Muttersprache nicht mächtig sind und nicht wissen, wo sie wohnen.“ Wolfgang Echtle, Rippels Verteidiger, sieht das ganz anders.

Er meint: „Heinrich hat die Jugend von der Straße geholt.“ Außerdem freuten sich die Frauen, wenn ihre Männer „nach dem Genuss der Gesundheitsgetränke“ (Hopfentee und ähnliches) abends munter nach Hause kämen.

Als Zeuge wird Rolf Brutschin, Rippels Nachbar, aufgerufen. An Samstagen könne man sich aufgrund der lauten Fußballfreunde nicht mehr mit seiner Frau unterhalten. Auch an Mittagsschlaf sei nicht zu denken. Von Rippels Verteidigern kommt daraufhin der Einwand. „Wir müssen so laut schwätzen, damit man dein Schnarchen nicht hört.“ Helmut Lang stellt sich auch auf die Seite des Angeklagten. „Der Treff am Samstag ist für ihn die einzige Chance, dass er am Samstag Bier trinken kann.“

Zeller Fahnen hängen in Hausen

Abschließend wird auch Helmut Lang, der Käsehändler im Ruhestand, angeklagt wegen Ausschmückung seines Hauses mit Zeller TAHÜ-Fahnen („Schrätteli-Fetzen“). Lang sagt, er wolle dem Richter eine Freude machen, schließlich wurde er in Zell geboren. Langs Anwältin, Helga Faller, merkt an, jeder Bürger habe das Recht, sein Haus mit der Fahne seiner Clique zu schmücken. Außerdem gehöre Lang das gesamte Ensemble nicht. Ein Schopfheimer Bürger erinnert an den Einsatz Langs für die gefiederten Freunde im Brennet-Park. Gerichtsdiener Uwe Klement, der mit seiner Glocke, immer wieder den Saal zur Räson ruft, sagt, Lang mache das, weil es „schwarzes Federvieh“ sei.

90 Minuten geht es hin und her, ein flotter Spruch folgt dem nächsten, und wer dabei mitmachen will, muss schon ausgesprochen spontan und schlagfertig sein. Wie lauten die Urteile?

Andrea Behringer muss in ihrer Wirtschaft einen Pflanzkurs anbieten, der von Gärtnermeister Werner Klemm geleitet wird. Sie muss auch sommerharte Pflanzen züchten, die im Sommer kein Wasser verlieren. Heinrich Rippel wird verpflichtet, ein großes Fußballfanfest in seinem Garten zu veranstalten. Weil Fans unterschiedlicher Lager eingeladen sind, gibt es Pommes rot-weiß, Düsseldorfer Alt und Frankfurter Würstchen. Helmut Lang muss dem Dienstags-Stammtisch eine Chäsplatte und Patrick Casafina, ein Bewohner des „Langschen Viertels“, eine Weißwein-Spende abliefern.

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