Hausen im Wiesental Geschichte(n) um die Menton-Mühle

Markgräfler Tagblatt

Hausener Ortshistorie: Vor 50 Jahren kam das Mentona-Fertigmehl auf den Markt

In Hausen gab es früher drei Mühlen, von denen die untere Mühle unterhalb des Dorfes, am Standort der späteren Tuchfabrik Vortisch, lag. 1572 wird ein Joner als Besitzer der unteren Mühle genannt. Eine dritte Mühle, die urkundlich nicht nachgewiesen ist, stand mit großer Wahrscheinlichkeit beim Behringer´schen Anwesen (frühere Wollspinnerei), heute Teichstraße 11.

Hausen (elv). Bei Grabarbeiten wurden Überreste einer alten Mühle gefunden. Für diese Annahme spricht auch der Umstand, dass das dortige Gelände die Flurbezeichnung „Mühlematte“ trug. Der Nachweis einer weiteren „Oberen Mühle“ in Hausen lässt sich bis in das Jahr 1653 zurückverfolgen; seit 1868 war diese im Besitz der Familie Menton.

2646 Mühlen

1978 gab es in Westdeutschland nur noch 2646 Mühlen. Das damalige Mühlenstrukturgesetz, das zum 1. Januar 1972 in Kraft trat, hatte zum Inhalt, dass in einer stillgelegten Getreidemühle 30 Jahre kein Mehl für menschliche Ernährung hergestellt werden darf. Der Betrieb der Menton-Mühle wurde am 19. Oktober 1972 um 12.35 eingestellt: „Der ungünstige Standort der Mühle in Bezug auf Erfassung des Getreides und Absatz des Mehles waren die Gründe, die zur Schließung der Menton-Mühle beigetragen haben“, heißt es in einer Pressemitteilung vom 28. September 1972.

Übernahme

Nach dem Tod von Wilhelm August Menton am 29. Oktober 1968 übernahm dessen Sohn Rolf Wilhelm den elterlichen Betrieb, der nun bereits über 100 Jahre im Familienbesitz war. Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaft (EG) haben es möglich gemacht, dass französisches Billigmehl den deutschen Markt überschwemmte. Diese Konkurrenz konnte Rolf Wilhelm für kurze Zeit noch einmal mit Erfolg abwehren. Zusammen mit den Mühlenbetrieben J. F. Reiss in Brombach, Schäfer in Bad Krozingen, Seifried in Waldkirch und Zinsser in Rastatt rief Rolf Wilhelm Menton die Oberrhein-Mühlen-GmbH“ ins Leben.

Die Mühlen selbst blieben aber selbständig. Durch den gemeinsamen Einkauf der Betriebe verbilligten sich die Preise für diese. Dabei hatte sich die Menton-Mühle durch Herstellung feinster Spezial-Mehle einen festen Abnehmerkreis gesichert, der bis nach Stuttgart und an den Bodensee reichte. 1968 brachte die Firma eine Fertigmehl-Backmischung unter dem Namen „mfm Mentona-Fertigmehle“ auf den Markt, die sich aber bei den Verbrauchern nicht durchsetzen konnte. Als „Werbegeschenk“ gab es ein rotes Ringbuch im Format A 5 mit Backrezepten für die Kundschaft.

Automatisation

Die Tagesproduktion der nahezu vollautomatisch arbeitenden Mühle betrug im Jahr 1970 über 90 Tonnen und konnte ein Jahr später auf nahezu 120 Tonnen gesteigert werden. Die Menton-Mühle war zu dieser Zeit die größte und modernste Industriemühle in Südbaden.

Die Bilder an der Fassade des Hauptgebäudes stammen von dem Maler Erich Aey (1881 bis 1964) aus Weil am Rhein. Im Sommer 1939 bemalte er die Fassade der Mühle mit Motiven aus der bäuerlichen Arbeitswelt, deren Stil der damaligen Kunstauffassung entsprach.

Aufschlussreich sind zwei Wirtschaftsberichte der früheren Lörracher Reichsbanknebenstelle für die Jahre 1945 und 1946 (Sign. Historisches Archiv der Deutschen Bundesbank (HA BBK), B 331-BW/185): „Die Mühlen sind die einzigen Betriebe, welche ihre Kapazität in 3 Tagesschichten voll ausnutzen. Sie haben nach unseren Informationen jede notwendige Unterstützung durch die Militärregierung gefunden, leiden aber ebenfalls an dem Fehlen der Transportmittel. Die Getreideversorgung reicht noch bis zum 1.2.1946. Von da ab müssen die Lieferungen der Militärregierung einsetzen. Falls diese nicht in Getreide, sondern in Mehl erfolgen, wäre der Mühlenbetrieb lahmgelegt. Die beiden Großmühlen unseres Bezirks sind im Juni durch die Entnahme eines großen Teils ihres Maschinenparks seitens der Militärregierung schwer betroffen worden, was auch bei der Bevölkerung Bestürzung ausgelöst hat.

Mehllieferung

Die eine Mühle (Menton) ist dadurch zur Zeit vollständig lahmgelegt, während die andere (Reiß) statt bisher 45 Tonnen nur noch 16 Tonnen vermahlen kann. Es sind der Letzteren allerdings Ersatzmaschinen aus der Pfalz in Aussicht gestellt worden, die nach Einbau dann wieder eine teilweise Angleichung an die frühere Kapazität erlauben würden. Die so kurz vor der Ernte getroffene Maßnahme ist besonders deshalb für unseren Bezirk so schwerwiegend, weil die Mahlkontingente der kleineren Mühlen statistisch überhöht waren und diese daher gar nicht in der Lage sind, einen Ausgleich zu schaffen. Das hier anfallende Getreide müßte daher nach weit entfernt gelegenen Mühlen Unterbadens gefahren und das Mahlprodukt wieder zurückgeliefert werden. Dies bedeutet bei der verzögerten Gestellung der Eisenbahnwaggons und der Knappheit und schlechten Verfassung aller motorisierten Transportmittel heute eine große Gefahr für die prompte Versorgung der Bäckereien mit Brotmehl und eine starke Verteuerung des Mehlpreises.

Die Mahlkontingente können auch nicht nach der heute völlig unzureichenden Brotversorgung für die Zukunft beurteilt werden. Es wäre dringend erwünscht, wenn die Militärregierung in Würdigung dieser Sachlage für eine baldige Herbeischaffung der Mühle Reiß zugesagten Ersatzmaschinen Sorge tragen und beide Mühlen wieder in notwendigem Umfange arbeitsfähig machen würde.“

Schließung

Nach der Schließung der Mühle erwarben Herbert und Inge Paul 1973 das Betriebsgebäude mit dem Wohnhaus. Ihre Söhne Michael und Andreas betreiben dort einen Markt für Landhandel und einen Getränkemarkt.

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