Hausen im Wiesental Hebelstiftung boykottierte Hebelfeste

Markgräfler Tagblatt
Hansjörg Noe (rechts), neben Bürgermeister Bühler (Mitte) und Waldemar Lutz (links), hat derzeit keinen neuen Auftrag für ein Buch mehr. „Leider nein“, antwortet der Regionalhistoriker auf entsprechende Fragen. Foto: Christoph Schennen Foto: Markgräfler Tagblatt

Geschichte: Hansjörg Noe hat sein Büch über die NS-Zeit in Hausen fertig gestellt

Hansjörg Noe hat sein Buch über die NS-Zeit in Hausen fertiggestellt. Gestern haben es Bürgermeister Martin Bühler, der Autor und der Verleger Waldemar Lutz der Presse vorgestellt. Das 296-seitige Buch ist im Buchhandel, bei der Gemeindeverwaltung Hausen und beim Verlag in Lörrach zum Preis von 19.80 Euro erhältlich.

Von Christoph Schennen

Hausen. Die Gemeinde hat das Buch in Auftrag gegeben. Bürgermeister Martin Bühler kündigte bei der Verleihung der Hebel-Plakette 2018 an Hansjörg Noe bereits an, dass bald eine solche Publikation erscheinen werde.

Noe hat zahlreiche Bücher geschrieben, die das Treiben der Nationalsozialisten in der Regio beschreiben. Zuletzt erschien von ihm in einem Sonderband des Markgräfler Geschichtsvereins der Titel „Mitgelaufen - NS-Geschichte in den Ortschaften des Kleinen Wiesentals“.

Dass auch Hausen die Geschichte des Dorfes zur NS-Zeit aufschreiben lässt, habe mehrere Gründe, erläutert Martin Bühler. „Das ein oder andere, was im Buch beschrieben wird, haben wir gewusst, aber vieles ist auch nicht bekannt.“ Vor dem Hintergrund hoher Zustimmungswerte für Rechtsextremisten in Deutschland sei es notwendig, mit Hilfe eines Buches darauf verweisen zu können, welche Folgen Ausländerfeindlichkeit und bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen haben können. Bühler, seit 1999 Bürgermeister von Hausen, hat in den letzten 20 Jahren bei zahlreichen Themen im Dorf festgestellt, dass sich der Umgang miteinander zum Negativen verändert habe. „Wir sind nun zufrieden, dass wir nun dokumentiert haben, wie es war“, sagt der Bürgermeister.

Das Buch ist in vier Abschnitte gegliedert. In einem Prolog, der auf Erläuterungen zur Entstehung des Buches folgt, berichtet Noe von vier Einzelbiografien. Im Abschnitt III beschreibt der Autor den Ausbau der NS-Herrschaft, die Gleichschaltung der Vereine, die NS-Organisationen, „Hitlerfeste“, die Reaktion der Kirchen auf die neue Zeit und den Zustand der beiden wichtigen Arbeitgeber im Ort, der Mechanischen Buntweberei Brennetr (MBB) und der Mentonmühle. Ausgewertet hat der Regionalgeschichtler auch das Protokollbuch der Hebelmusik.

Basler Hebelstiftung bleibt Hebelfest fern

Noe weist besonders auf die Kapitel über die Hebelfeste von 1933 bis 1946 in Hausen hin. Hier wird deutlich, dass die Basler Hebelstiftung der Hebelfeier für zehn Jahre fernbleiben muss, weil sie sich von den Nationalsozialisten nicht vereinnahmen lassen will. Professor Wilhelm Altwegg kritisiert in einem Brief von 5. April 1935 an Bürgermeister Hauser, dass die Basler Hebelstiftung bei der Hebelfeier 1933 „plötzlich überfallen wurde und in irgendeinem deutschen Film als Kronzeugen für das Dritte Reich aufmarschierte.“

Auch ein Dokument aus dem Stadtarchiv stellt Noe vor. Es ist ein Buch von einem Obergefreiten namens Metzger, bei dem es sich um Max Metzger handeln könnte, wie Noe vermutet. In dem DIN A5 großen Heft schildert der Soldat das Schicksal gefallener Soldaten, die zumeist aus Hausen stammen.

In einem Epilog schildert Noe abschließend den Werdegang von Reinhold Zumtobel. Er wird als Waisenkind von der Gemeinde Hausen großgezogen und wird Journalist und Redakteur des „Vorwärts, des „Central-Organs der Sozialdemokratie Deutschlands“. SPD, KPD und Gewerkschaften werden 1933 verboten, Zumtobel verfolgt. Er schlägt sich durch und überlebt die NS-Zeit, bekommt den Hebelpreis und wird zum Ehrenbürger von Hausen ernannt, auf dessen Friedhof man auch seine letzte Ruhestätte findet.

Hansjörg Noe hat für sein Buch zahlreiche Akten in Archiven gesichtet. Er war unter anderem in Stadtarchiven (Schopfheim, Lörrach, Weil), im Generallandesarchiv in Karlsruhe und im Staatsarchiv in Freiburg. Den weitesten Weg übernahm der gebürtige Rheinland-Pfälzer in das Bundesarchiv nach Potsdam. Weitere Quellen waren das „Markgräfler Tagblatt“, und Aussagen von Zeitzeugen, die zwar nicht alle mit Namen genannt werden wollten, aber alle „sehr offen und ehrlich“ waren, wie Noe es beschreibt.

Dass Noe immer wieder Bücher über die NS-Zeit in den Dörfern des Wiesentals schreibt, liegt auch daran, dass er als Kind - wie viele seiner Mitschüler - vaterlos aufgewachsen ist.

Auch im Geschichtsunterricht in der Schule war die Aufarbeitung des Nationalsozialismus kein Thema. „Er endete mit Napoleon“, sagt der ehemalige Volksschullehrer.

Wichtig ist ihm auch, dass „die Erinnerung an diese bedrückende Zeit“ erhalten bleibe. Das Motto aller müsse lauten „Nie wieder rechts“.

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