Inzlingen Die Herrin lässt Milde walten

Die Oberbadische

Rückblick: Aus der Geschichte des Inzlinger Wasserschlosses

Inzlingen (rom). Im Rahmen der Feierlichkeiten im Wasserschloss (wir berichteten) gab Rechtshistoriker Stefan Suter einen sehr lebendigen Einblick in die ersten 400 Jahre des im 16. Jahrhundert errichteten Inzlinger Wahrzeichens. „Das Wasserschloss hatte nie Mauern. Sie waren auch nicht nötig, da Inzlingen kein Kriegsgebiet war und eben nicht auf dem Hauptweg lag“ begann Suter. Die Erbauer der Familie Reich von Reichenstein blieben nach der Reformation katholisch und hatten ihren Besitz um das protestantisch gewordene Basel herum verteilt.

Die Schlossherren hatten eine eigene Gerichtsbarkeit, weswegen dort nicht nur Urteile gesprochen, sondern auch vollstreckt wurden. Suter verwies dabei auf die von Erich Hildebrand zuvor gezeigte ehemalige Zelle im Erker des Wasserschlosses. „Dann ist das Wohnen im Schloss doch nicht so fürstlich, wie der erste Gedanke scheinen mag“, verwies der Schweizer mit Inzlinger Wurzeln auf die Tatsache, dass neben der Adelsfamilie eben auch Verurteilte dort untergebracht waren. Man konnte also bei der Urteilsverkündung hoffen, dass die Schlossherrin am Abend ihre Ruhe haben wollte, sodass mancher nur stundenweise eingesperrt wurde statt über Tage.

Die Schaffung eines Ober- und Unterdorfes diente laut Suter ein wenig der Prahlerei, zwei Dörfer zu besitzen. Dabei war die Familie von Reichenstein meist den relativ fairen Feudalbesitzern zuzuordnen. Nach dem Tod Franz Ignaz von Reichensteins zog deren Witwe weg und verkaufte einen Großteil des Inventars. Ein Sohn der Familie kehrte später zurück bis zur französischen Revolution.

Nach der Aufhebung des Lehenswesens folgten Versuche, eine Seidenbandfabrik und eine Missionsstation im Wasserschloss zu etablieren. Beides scheiterte, worauf das Gebäude in einen Dornröschenschlaf verfiel.

Am 23. November wird Stefan Suter einen weiteren Vortrag halten. Für das Buch „Der Sturz des Diplomaten“ über Paul Niclaus Reich von Reichenstein (1675-1744) sichtete er mehr als 500 Dokumente, unter anderem im Wiener Staatsarchiv. „Eine spannende Geschichte über den vermutlich bedeutendsten Vertreter seines Geschlechts“ verspricht Suter.

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