Inzlingen Landbesitzer sind wütend

Tim Nagengast
Ob der vom Höhenweg beim Inzlinger Modellflugplatz abzweigende Brattlinsgrundweg in Richtung Wald tatsächlich für Langholztransporte ausgebaut wird, ist laut Landratsamt noch nicht beschlossen. Die Behörde will Alternativen prüfen. Foto: Tim Nagengast

Dass nun auch Inzlinger Grundstücke in die Wald-Flurbereinigung Degerfelden einbezogen werden sollen, schlägt im Waieland hohe Wellen / Gemeinderat Inzlingen solidarisiert sich und vertagt Beschluss / Landratsamt sichert Kulanz zu

Dicke Luft: Der Inzlinger Gemeinderat hat am Dienstagabend einen Beschluss zur Wald-Flurbereinigung Degerfelden vertagt. Weder das Gremium selbst noch betroffene Inzlinger Landbesitzer fühlen sich ausreichend informiert. Zudem besteht die Angst, hohe Beiträge bezahlen zu müssen. Gegenüber unserer Zeitung sichert das Landratsamt Kulanz zu, sofern betroffene Inzlinger „keinen Vorteil“ von der Flurbereinigung hätten.

Von Tim Nagengast

Inzlingen. Mehrere aufgebrachte Inzlinger Landbesitzer haben sich in der jüngsten Ratssitzung zu Wort gemeldet. Auch schriftliche Stellungnahmen wurden verlesen und nach vorne an den Ratstisch weitergereicht. In der Luft lag dabei eine Mischung aus dem Gefühl, von oben herab übergangen zu werden, gepaart mit Unsicherheit und auch Wut.

Stimmen aus der Bürgerschaft

Zu hören waren Sätze wie: „Das Verfahren für Degerfelden läuft seit sechs Jahren. Wieso erfahren wir in Inzlingen erst jetzt davon?“; „Wieso muss ein Weg über Inzlinger Gemarkung gebaut werden, um Holz aus dem Degerfelder Wald abzufahren?“; „Wieso sollen Inzlinger Grundstücksbesitzer, deren Flächen aufgrund des geplanten Wegebaus ins Verfahren einbezogen werden, auch noch dafür bezahlen?“; „Wieso ist niemand aus Inzlingen im Vorstand der Teilnehmergemeinschaft vertreten?“; „Man hat uns unter Druck gesetzt!“; „Wir in Inzlingen haben keinerlei Mitspracherecht, sollen aber innerhalb von einer Woche entscheiden“.

Stimmen aus dem Gemeinderat

Der Gemeinderat sah es genauso. Man sei vor wenigen Wochen erst informiert worden. Ein Beschluss des Gremiums sei daher nicht möglich, hieß es. „Ich bin sehr dankbar, dass wir dazu Stimmen aus Inzlingen gehört haben“, sagte Vicky Cukor-Braun (CDU). Kürzer fiel die Wortmeldung von Jan Sprachta (SPD) mit Blick zum Publikum aus: „Danke!“

Bürgermeisterstellvertreter Karl Fisch riet den Betroffenen dazu, sich an die Flurneuordnungsbehörde zu wenden.

Die Ausgangslage

Das Flurneuordnungsverfahren für Degerfelden war im Juni 2016 angeordnet worden. Damals waren aber noch keine Maßnahmen auf der Gemarkung von Inzlingen geplant. Doch nun sollen angrenzende Inzlinger Landflächen ins Verfahren einbezogen werden. Das sorgt bei deren Besitzern für Frust.

Verworfene Planung (ohne Inzlingen)

Laut Landratsamt hat sich bei der Planung des neuen Wegenetzes herausgestellt, dass die topografischen Verhältnisse im Degerfelder Wald eine Verbindung der verschiedenen Höhenlagen erschweren. Außerdem gestalte sich die Anbindung an das übergeordnete Verkehrsnetz schwierig. Die ursprüngliche Wegeplanung – sie lag allein auf Gemarkung Degerfelden – sei daher verworfen worden.

Eine Idee war beispielsweise die Anbindung über den Hagenbacher Hof. Die im dortigen Bereich geplante Trasse für die Langholzabfuhr weise nahezu durchgehend eine Steigung von mehr als zwölf, teilweise sogar von 18 bis 20 Prozent auf, heißt es vonseiten des Fachbereichs Flurneuordnung. Die sogenannte Richtlinie für Ländlichen Wegebau sehe aber nur eine maximale Steigung von zwölf Prozent vor.

Darüber hinaus müssten für eine Wegeerschließung über den Hagenbacher Hof zwei Brücken gebaut werden. Dies wäre laut Landratsamt nicht nur finanziell und bautechnisch ein großer Aufwand, sondern der Brückenbau über den Klingentalbach wäre auch ein Eingriff in das Waldbiotop.

Aktuelle Planung (mit Inzlingen)

Aufgrund der bestehenden Verbindungen des Wegenetzes und der Topografie bietet es sich aus Sicht der Behörde an, einige Flächen der Gemarkung Inzlingen ins Flurneuordnungsverfahren hinzuzunehmen.

Die Folge wäre der Ausbau von Waldwegen im Gewann „Rohrmatt“ und im Distrikt „Am Berg-Brattlinsgrund“. Hinzu käme der Neubau eines Wegs von rund 250 Metern Länge in der „Rohrmatt“.

Ob der Brattlinsgrundweg (ab dem Modellflugplatz aus Richtung Wald) tatsächlich ausgebaut werden soll, steht laut Landratsamt aber noch nicht fest. Man prüfe derzeit mögliche Alternativen. „Gegebenenfalls kann auf einen Beizug der landwirtschaftlich genutzten Flächen entlang des Brattlinsgrundwegs verzichtet werden“, wie es die Behörde formuliert.

Beitragspflicht soll kulant gehandhabt werden

Für die auf Gemarkung von Inzlingen vorgesehenen Ausbauten müssten Inzlinger, die dort oben Flächen besitzen – etwa zwischen dem Modellflugplatz via Brattlinsgrund Richtung Waldrand –, Gebühren bezahlen. Aber nicht alle.

Der grundsätzliche Teilnehmerbeitrag liegt der Behörde zufolge zwar bei rund 1340 Euro pro Hektar. Aber – und das ist der Punkt: Wer „keinen Vorteil“ von der Flurneuordnung habe, könne von den Kosten befreit werden, stellt das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung klar. „Insbesondere für Eigentümer, die keine Flurstücke in Degerfelden besitzen, soll eine großzügige Kostenbefreiung erfolgen“, präzisiert das Landratsamt.

Möglichkeit zum Widerspruch

Gegen die Änderung des Verfahrensgebiets kann laut Landratsamt „selbstverständlich“ Widerspruch eingelegt werden. Dies gelte auch für betroffene Grundeigner, wenn von ihnen ein Flurneuordnungs-Teilnehmerbeitrag verlangt werde, heißt es.

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