Kammerkonzert in Grenzach-Wyhlen Klavierduo mit brasilianischem Feuer

Willi Vogl
Naila Alvarenga-Lahmann und Wilke Lahmann bezauberten mit fein abgestimmten Gestaltungsqualitäten. Foto: Willi Vogl

Das Kammerkonzert mit Naila Alvarenga-Lahmann und Wilke Lahmann im Haus der Begegnung bot musikalischen Genuss auf höchstem Niveau.

Gleich drei gute Gründe führte Veranstalter Helmut Bauckner für das Konzert mit dem Klavierduo Naila Alvarenga-Lahmann und Wilke Lahmann in Grenzach an: Naila habe sich bei ihrem Konzert im vergangenen November in den Flügel verliebt, es sei zudem das erste Konzert mit einem Klavierduo in Grenzach. Und man dürfe gespannt darauf sein, wie ein harmonisches Ehepaar sich auch mit musikalischen Harmonien auskenne.

Von Klassik über Jazz bis hin zu Tangomusik

Das brasilianische Klavierduo aus Karlsruhe präsentierte sich mit einer stilistisch weit gespannten Programmfolge von Klassik bis Jazz und Tangomusik des 21. Jahrhunderts. Originalwerke und Bearbeitungen von Wilke Lahmann, wie der stimmungsvolle Popsong „Rises the Moon“ der 1999 in England geborenen indischen Musikerin und Youtuberin Liana Flores, boten dem Publikum ein kurzweiliges wie berührendes Konzerterlebnis.

Souveränes Spiel mit überkreuzten Händen

Mit Leopold Koželuths vierhändiger Klaviersonate präsentierte das Duo Klassik in seiner beschwingten Gestalt – verspielt, agil und dabei in klar konturiertem sprechendem Gestus. Bei Franz Schuberts „Grand Rondeau“ op. 107 konnte man in ein ausladend schwelgerisches Melodientableau mit Wiener Charme eintauchen, das in den Zwischenteilen starke modulatorische Kontraste bot.

Gerade mal 19-jährig komponierte Francis Poulenc seine Klaviersonate zu vier Händen. Ganz auf Gegensätze bedacht zeigte sie den Komponisten in seiner jugendlich wilden Phase mit kernig artikulierten bitonalen Klangschichten und minimalistischen Motivreihungen in gleichsam kindlicher Aura. Das souveräne Spiel der beiden Pianisten mit überkreuzten Händen hier sowie der permanente Wechsel zwischen Primo- und Secondopart im gesamten Programm stehen für einen äußerst flexiblen Umgang mit dieser Kammermusikgattung und die insgesamt fein abgestimmten Gestaltungsqualitäten des Duos.

Nostalgisch schweifende Harmonien

Antonín Dvořáks Slawischer Tanz op. 72 Nr. 2 und der Walzer op. 54 Nr. 5 können wie eine Reihe weiterer Werke dieses Komponisten als klangliches Synonym für seine tschechische Heimat wahrgenommen werden. Die delikat inszenierte Tempoführung von fein ausbalancierten Klängen und die charakteristischen Moll-Dur-Einfärbungen luden das Publikum zum Träumen ein.

Chick Coreas „Spain“ beginnt mit einer Introduktion aus gebrochenen Akkorden und Tonleiterkaskaden, dem als Zitat der 2. Satz aus Joaquín Rodrigos weltberühmtem Gitarrenkonzert folgt. Erst im dritten Teil entwickelt sich rhythmisch furios mit jazzigen Pfefferminzakkorden die eigentliche Komposition. In den nostalgisch schweifenden Harmonien von „Oblivion“ erweist das Duo auch Astor Piazzolla die Reverenz, bevor es mit Heitor Villa-Lobos’ fröhlich pulsierenden „A folia de um bloco infantil“ den gedruckten Teil des Konzerts beschließt.

Die Werkauswahl dieses Abends ist bekenntnishaft und glaubwürdig. Die Interpretationen überzeugen durch vorzügliche Technik und begeistern gleichermaßen durchgängig in ihrer mitreißenden Emotionalität – beinahe so, als ob auch Koželuth, Schubert und Poulenc zeitweise im sambatanzenden Brasilien gelebt hätten. Mit dieser sympathischen Illusion und nach einem gesanglich leidenschaftlich musizierten Tango von Cacho Castaña als Zugabe darf man in Grenzach auf das nächste Konzert mit brasilianischem Flair gespannt sein.

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