Kandern Auf den Spuren der alten Brunnen in Kandern

Bernhard Winterhalter
Der heutige Marktplatzbrunnen stammt von 1830. Foto: B. Winterhalter

Das Wasser aus den Brunnen und Bachläufen spielte bis Ende des 19. Jahrhunderts in Kandern für die Bewohner sowie für Handel, Handwerk und Gewerbe eine bedeutende Rolle. Die reichlich sprudelnden Quellen waren von Vorteil und garantierten eine gut funktionierende Infrastruktur in der damaligen Zeit.

Wie wichtig Wasser für die Energieversorgung schon damals war, wird in der Aufzählung der Betriebe deutlich, die vor über 200 Jahren im Kandertal mit Wasserkraft betrieben wurden.

Ohne Wasser lief nichts

Kandern war Standort einer Schleifmühle, einer Papiermühle, sieben Mahlmühlen, zwei Sägemühlen, zwei Walkmühlen und zwei Ölmühlen. Auch die Werkstätten von fünf Gerbern waren auf Wasser angewiesen. Darüber hinaus versorgte das kostbare Nass die unverzichtbaren Brunnen im Ort. Ohne Wasser lief im wahrsten Sinne des Wortes nichts.

Tränken und Reden

An den öffentlichen Brunnen tränkten morgens und abends die Knechte das Vieh und die Mägde holten das Wasser für den Haushalt. Gelegenheiten genug, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Daher gehörten einstmals diese Brunnen zu den zweifellos wertvollen Gemeinschaftseinrichtungen eines Ortes.

Diese Brunnen waren zudem unentbehrlich, da noch keine Wasserleitungen in die Häuser führten. Die Bedeutung kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Stadt offiziell einen Brunnenmeister bestellt und verpflichtet hatte, der für den Schutz der Brunnen und für die Sicherheit der Versorgung mit Trinkwasser verantwortlich war.

Jahreszahl verrät Alter

Schon 1650 wird im evangelischen Kirchenbuch von Kandern ein „Brunnmeister“ namens Hannß Schuhmacher erwähnt. In vielen Trögen lässt sich die eingemeißelte Jahreszahl erkennen, die das Entstehungsjahr des Brunnens bezeichnet. Vereinzelt sind Initialen lesbar, die auf den damals amtierenden Vogt, Stabhalter oder andere Persönlichkeiten des Ortes hinweisen.

Wie kam das Wasser in die Brunnen? Als Mitte des vergangenen Jahrhunderts Arbeiten für die Kanalisation vorgenommen wurden, tauchten alte hölzerne Rohre auf. Sie sorgten früher dafür, dass Wasser zu den Brunnen floss. Die seinerzeit bestehenden Leitungen aus längs durchbohrten Holzstämmen nannte man Teuchel oder Deichel.

Sogar ein Schimpfwort

Aus dieser Bezeichnung entwickelte sich ein Schimpfwort im alemannischen Sprachgebrauch. Soll jemand beschrieben werden, der bei seiner Arbeit schwerfällig wirkt, trotz größter Mühen kaum etwas auf den Weg bringt und bei allen Tätigkeiten eine umständliche Handlungsweise an den Tag legt, so wird derjenige oft als „Döchel“ bezeichnet.

Die meisten Brunnen hatten ihr Wasser aus der Anhöhe, die sich vom Häßler hinunter zur Stadt erstreckt. Der Untergrund in diesem Bereich besteht aus Letten, der kein Wasser durchsickern lässt. Wasser vom Berg strömte auch in die Brunnenstube der Weserei.

Aus Quellwasser wird Bier

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts verwendete der damalige Wirt und Bierbrauer das kristallklare Bergwasser zum Brauen des beliebten Gerstensaftes. Dieses talwärts fließenden Wasser strömte auch ins Untergeschoss des Gasthauses Ochsen, das um 1823 im Keller ein Heilbad betrieben hatte.

Ein Brunnen am Gasthaus

Zwischen Ochsen und Haus Trenkle befand sich das Gasthaus Hirschen, das 1877 dem Bau der heutigen Sitzenkircher Straße weichen musste. Hier stand der Hirzenbrunnen, der seinen Namen vom Gasthaus ableitete. Beim jetzigen Brunnen an dieser Stelle handelt es sich aber nicht mehr um den alten Trog.

Er trägt die Jahreszahl 1892, stand früher bei der vormaligen Molkerei an der Kronenbrücke und wurde später an den heutigen Standort versetzt. Das Gebäude, in dem einst die Milchsammelstelle untergebracht war, wurde in den 1960er Jahren im Rahmen der Hochwasserschutzmaßnahmen abgebrochen. Größtenteils wurde in die Tröge aus dieser Zeit nicht nur die Jahreszahl ihrer Entstehung eingraviert, sondern die alten Brunnen unterscheiden sich auch in der Formgebung und Ausgestaltung. Außerdem verwendeten die Hersteller der Wassertröge und Brunnenstöcke verschiedenartige Materialien.

Sicheln und Sensen

Die Brunnen in der Ziegelstraße und bei der Klostergasse in der Oberstadt stammen von 1766 und wurden aus Sandstein gefertigt. Das gleiche gilt für den Marktbrunnen, der ebenfalls in die Mitte des 18. Jahrhunderts zu datieren ist. Häufig musste der obere Rand des Troges als Schleifstein herhalten. Die Bauern schliffen und schärften ihre Sicheln und Sensen an dem weichen Sandstein, der sich dafür vorzüglich eignete.

Am Brunnen in der Ziegelstraße sind heute noch die Spuren, die sogenannten Wetz- oder Schleifrinnen, sehr gut zu erkennen. Der um 1830 in Muschelform geschaffene Brunnen Ecke Hauptstraße/Heinrich-Bösiger-Straße besteht aus Jura-Kalkstein und stammt aus der Gegend von Solothurn.

Ein Brunnen aus Eisen

Im Jahr 1884 erhielt die Stadt die Genehmigung, eine Wasserleitung unter der Hauptstraße hindurch zu bauen, um in der Mitte des Blumenplatzes einen Brunnen aus Eisen herstellen zu können. Er ist längst verschwunden und wurde an anderer Stelle nicht wieder aufgestellt. Ein späterer Springbrunnen mit einer Keramikfigur zwischen Hauptstraße und Blumenplatz musste einer Bushaltestelle und weiteren Parkplätzen Platz machen.

Wasserleitung wird gebaut

1892/93 begann ein neuer, sehr fortschrittlicher Zeitabschnitt für Kandern. Die aufwändigen Baumaßnahmen zur Verlegung der einzelnen Wasserversorgungsleitungen zu den Gebäuden der Stadt konnte abgeschlossen werden. Auf diese Weise erhielten die Einwohner fortan gutes, frisches Wasser direkt ins Haus geliefert. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Brunnen die einzigen Wasserquellen für Mensch und Vieh.

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