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Kandern/Binzen Nur für die anderen

Markus Adler
Wenig geachtet: Absperrgitter Foto: Markus Adler

Das Bauen ist bei vielen Projekten fast zur Nebensache geworden.

In den Sommerferien laufen die meisten Straßenbauprojekte im Kandertal bis auf eine kurze Phase der Bauferien weiter. Das reine Bauen ist für die Straßenbaufirmen, Ingenieurbüros und die Behörden oft nur noch ein Teil der Arbeit. Hauptthema ist die abnehmende Bereitschaft von Verkehrsteilnehmern, Absperrungen und Regeln zu akzeptieren. Beispiel eins: die L 132 zwischen Sitzenkirch und der Kreisgrenze. Das Regierungspräsidium Freiburg lässt vier Kilometer Straße ab dem Ortsausgang Sitzenkirch sanieren. Die Sperrung wurde ab Tags eins über einen Grünstreifen auf einem Privatgrundstück regelmäßig umfahren. Inzwischen schaut tagsüber ein Sicherheitsdienst nach dem Rechten, damit die Bauarbeiter weiterhin ihrem normalen Geschäft nachgehen können.

Ansonsten hätten sie es fast nur noch mit widerspenstigen Verkehrsteilnehmern zu tun, die nicht einsehen wollen, dass die Umleitung auch für sie gilt. Nachts ist der Sicherheitsdienst nicht da.

Verkehrsteilnehmer sehen Sperrungen nicht mehr ein

„Ich mach zu“, sagt Christoph Zehnle vom Planungsbüro Südwest aus Lörrach an der Abzweigung nach Obereggenen, wo mal wieder ein erster Uneinsichtiger die Barriere geöffnet hat. „Ich mache jedes Mal ein Foto, dass ich die Sperre wieder geschlossen habe“, erzählt er mir. „Wenn etwas passieren würde, ist das eine Frage der Haftung.“ Er berichtet von einem Motorradfahrer, der auf der abgefrästen Fahrbahn in der abgesperrten Baustelle noch dazu mit viel zu hoher Geschwindigkeit unterwegs war und beinahe gestürzt wäre.

Das führt zu seltsam erscheinenden Vorkehrungen: Weil auf dem Abschnitt auch jede Menge Schachteinfassungen für die Entwässerung neu gemacht werden, mussten zusätzliche Warnbaken und Absperrgitter aufgestellt werden. „Wir können aber auch nicht jede Baustellen 24 Stunden bewachen lassen“, sagt Baudirektor Dieter Bollinger vom RP Freiburg, dass die Möglichkeiten der Behörden auch begrenzt sind.

Beispiel 2: der Kreisverkehr in Binzen. Hier läuft es eigentlich planmäßig, aber der Radverkehr muss sich mit den Fußgängern einen kurzen Abschnitt teilen, der wegen der laufenden Arbeiten ziemlich eng ist. Auf einer Strecke von 150 Meter müssten die Radler absteigen, aber in der Praxis macht das niemand. Bei unserer Stichprobe während einer guten halben Stunde fahren 30 Radler an der Engstelle durch – teilweise mit sehr hoher Geschwindigkeit. An einer Stelle ist überhaupt nicht einsehbar, ob Fußgänger oder andere Radler kommen. Beinahe täglich kommt es zu gefährlichen Begegnungen. „Wir können an die Radler nur appellieren, aber kontrollieren lässt sich das nicht“, erläutert Bollinger.

Langfristig müssen sich die Radler sowieso umorientieren, dass sie in Binzen am Kreisel wieder auf die Landesstraße zurückgeleitet werden. „Nach den uns bekannten Untersuchungen ist das die sicherste Variante“, sagt Bollinger. Was sicher ist, dass im anderen Fall die Konflikte auf dem Fußweg zum Dauerthema führen würden.

Radfahrer ignorieren die Engstelle und fahren durch

Andere Konsequenz: Sicherheit zuerst. Aus dem Gewerbegebiet in Binzen kommt der Wunsch, den Seitenast der Blauenstraße früher wieder zu öffnen.

Die Experten Dieter Benz von Rapp Regioplan und Dieter Bollinger schauen sich das an und diskutieren, ob das möglich ist. „Wenn wir das hier auch nur einseitig für Anliegerverkehr öffnen, fährt jeder hier durch“, sind sie sich einig. „Außerdem bekommen wir dann zusätzlich noch unliebsame Begegnungen mit dem schlecht sichtbaren Radverkehr an dieser Stelle“, sehen sie ein weiteres zusätzliches Problem. Insofern besteht wegen der Entwicklung nur wenig Hoffnung, dass solche Wünsche künftig möglich werden.

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