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Kandern Die Olympiade fand im Stillen statt

Kaja Wohlschlegel
Fußballer Robin Völkel (vorne 2. v. l.), der an der Gehörlosen-Olympiade in Brasilien sein Nationalmannschafts-Debüt gab, freute sich über einen finanziellen Zustupf von 500 Euro vom Kanderner Rubbelclub mit (v. l.) Klausdieter Schmidt, Helmuth „Stöppi“ Seiter, Uli Kern, Harald Preinl, Vater Thomas Völkel und Walter Wick. Foto: Kaja Wohlschlegel

Unternehmerstammtisch: „Freitagsrubbler“ würdigen den gehörlosen Kanderner Fußballer Robin Völkel

Es ist Freitag, 19 Uhr, im Gasthaus „Sonne“ in Kandern: Das Sparschwein steht auf dem „Rubbel-Tisch“ parat, ebenso das Schild, das allen Gästen zeigt, wer hier an der Stirnseite der Gaststätte gerade tagt: Der Kanderner Rubbelclub – und das natürlich wöchentlich. Am vergangenen Freitag hatten die „Rubbler“ den Kanderner Fußballer Robin Völkel eingeladen.

Von Kaja Wohlschlegel

Kandern. Völkel war gerade aus Brasilien zurückgekehrt, wo er in Caxias Do Sul bei der Olympiade der Gehörlosen sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft gab. Der junge Athlet berichtete den Rubblern in Begleitung seines Vaters Thomas über seinen Gehörlosen-Sport und von seinen Erlebnissen bei Olympia.

Der Rubbelclub ging vor rund 30 Jahren aus einem Stammtisch von Kanderner Unternehmern hervor. Den Namen erhielt die Vereinigung, weil sie begleitend zu den drei bis zehn Feierabend-Bieren (wahlweise auch Schorli) noch einen Stapel Gewinnlose freirubbelte.

Das freitägliche „Trinken für den guten Zweck“ erfolgt kontrolliert und nach strengen Regeln. Wer am Rubbel-Tisch Platz nimmt, wirft erst einmal die Teilnahmegebühr von 20 Euro in die Sau. Zuspätkommen, unentschuldigtes Fehlen und andere Verstöße werden zu Gunsten des Sparschweins geahndet.

Nach dem „Schlachtfest“ zum Jahresende legen die Rubbler das gesparte Geld in Form eines gemeinsamen Ausflugs und diverser Jahresabschlussfeiern an. Mit dem Überschuss unterstützen sie soziale Projekte und Einrichtungen am Ort.

So freuten sich in diesem Jahr bereits der frühere Kanderner Forstamtsleiter Martin Groß und der Geschäftsmann Dieter Charté über eine Spende von 500 Euro, damit sie im Ahrtal einen nach der Flutkatastrophe zerstörten Spielplatz wieder aufbauen können.

Weitere 500 Euro erhielten vor wenigen Wochen behinderte Menschen aus der Ukraine, die im ehemaligen Pflegeheim Rheinweiler eine Zuflucht gefunden haben.

Und am Freitag hatten die Rubbler eine Überraschung für den 23-jährigen Olympia-Teilnehmer parat.

In der Nähe von Porto Allegre kämpften in den ersten beiden Mai-Wochen 2800 Athleten aus 71 Nationen nicht nur um sportliche Erfolge. Genauso wichtig war es ihnen, den Sport mehr in den Blickpunkt zu rücken. Denn weil Gehörlose keine körperlichen Einschränkungen haben, sind sie von den Paralympics ausgeschlossen.

„Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat uns im Internet als einziger Prominente viel Glück für die Wettkämpfe gewünscht“, erzählt Völkel. Er beklagt, dass der Gehörlosen-Sport in Deutschland kaum bis gar keine Beachtung findet. Die Fußballer gehören auch nicht dem DFB (Deutscher Fußballbund) an, sondern sind in einem eigenen Verband organisiert.

In anderen Ländern genieße der Gehörlosen-Sport einen weit höheren Stellenwert. „Die Athleten aus Mali und aus dem Senegal reisten im eigenen Flieger an“, erzählt Völkel. Die Fußballer aus der Ukraine – allesamt Profisportler – hatten sich drei Monate lang in der Türkei auf die Olympiade vorbereitet und das Turnier am Ende vor Frankreich und der Türkei gewonnen.

Mit dem ungeliebten vierten Platz zufrieden

Angesichts der Tatsache, dass die deutschen Sportler keinerlei finanzielle Unterstützung erhalten und alle Kosten selbst bestreiten müssen, kann das deutsche Fußballteam mit dem sonst so ungeliebten vierten Platz mehr als zufrieden sein.

Völkel, der am Samstag schon wieder bei der Deutschen Gehörlosen-Meisterschaft in Plankstadt war, freute sich umso mehr, als ihm die Rubbler einen finanziellen Zustupf von 500 Euro überreichten. „Ich fühle mich sehr geehrt“, sagte er.

Das Gesamtdeutsche Team (für alle Sportarten) hat sich für die Olympiade eine Top-Ten-Platzierung vorgenommen und dieses Ziel mit dem zehnten Platz im Medaillenspiegel auch erreicht.

Völkel, der bei seinem ersten Einsatz für die Deutsche Gehörlosen-Nationalmannschaft nur Erfahrung sammeln wollte, ist stolz, dass ihn Trainer Frank Zürn bei sieben Spielen gleich sechs Mal auf den Platz schickte.

Jetzt ist der Kanderner Athlet zuversichtlich, dass der Coach ihn, wenn er seine Leistung weiter so konstant abrufen kann, auch für die WM in Südkorea im nächsten Jahr nominieren wird.

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