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Kandern „Ein bisschen Mädchen für alles“

Alexandra Günzschel
Als Hauptamtsleiter geht Reiner Pach nach mehr als 20 Jahren in den Ruhestand. Foto: Weiler Zeitung

Verabschiedung: Reiner Pach geht nach mehr als 20 Jahren als Hauptamtsleiter in den Ruhestand

Kandern - Ende einer Ära: Nach mehr als 20 Jahren geht Reiner Pach als Hauptamtsleiter von Kandern in den Ruhestand. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde er verabschiedet, wobei Bürgermeisterin Simone Penner die Gelegenheit ergriff, Pach für seine Verdienste zu danken.

Über skurrile Erlebnisse und seine Pläne für den Ruhestand hat unsere Zeitung mit Pach gesprochen.

Frage: Unter Bauamt oder Sozialamt können sich die meisten sofort etwas vorstellen. Wie würden Sie den Kern der Arbeit eines Hauptamtsleiters beschreiben?

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Stelleninhalte im Vergleich zu anderen Gemeinden unterschiedlich sein können und auch sind.

In Kandern sind die Aufgaben des Hauptamtsleiters sehr umfänglich. Zunächst ist er nach der Bürgermeisterin der „Personalchef“ und ist für die Personalplanung, Organisation der internen Abläufe, Personalsuche und viele Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Personal zuständig.

Hinzu kommen die Zuständigkeiten des leitenden Vorgesetzten für den Fachbereich Ordnung, Pass- und Meldewesen, Soziales, Friedhöfe, Wahlen, Schulen, Kinder und Jugend, Feuerwehr, Archiv und EDV sowie Versicherungen, öffentliche Räume, Grundstücksgeschäfte, Geschäftsstelle des Gemeinderats, Beratung in rechtlichen Fragen und die interne Stellvertretung der Bürgermeisterin, wenn diese außer Haus ist.

Außerdem gehören die Geschäftsführung des Zweckverbands Kandertalbahn und die Vertretung der Stadt Kandern im Vorstand des Vereins Kommunales Kino und die Stellvertretung im Bereich Bauverwaltung dazu.

Der Hauptamtsleiter ist irgendwie auch Mädchen für alles, soweit es nicht mit Finanzen oder baulichen Tätigkeiten zu tun hat.

Frage: Welche besonderen Herausforderungen sind mit diesem vielfältigen Aufgabengebiet verbunden?

Um diese vielseitigen Aufgaben wahrnehmen zu können, benötigt man umfangreiche Rechtskenntnisse, ein gutes Organisationsgeschick und Einsatzbereitschaft. Des Weiteren muss man sehr flexibel sein, da viele Dinge oft gleichzeitig oder zumindest mit nur kurzer Verzögerung von Kollegen, Behörden, Besuchern oder Anrufern an einen herangetragen werden.

Frage: Nach so vielen Jahren in einer zentralen Funktion bei einer Stadt haben Sie sicherlich so einiges erlebt. Woran erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

An die Rundfahrt mit Monika Wittstock (der langjährigen Chefsekretärin in Kandern, Anmerkung der Redaktion) mit einem Trike anlässlich ihres Renteneintritts. Das war eine schöne und gelungene Aktion unseres Rathausteams. Auch an die vielen „Vierteljahreshocks“ und Betriebsausflüge mit den Kolleginnen und Kollegen denke ich gerne zurück. Auch an viele positive Zuschussbescheide vom Land Baden-Württemberg, die in meinem Bereich wesentlich zur Entwicklung der Kandertalbahn beigetragen haben.

Frage: Gab es auch skurrile Erlebnisse?

Einmal bat ein indischer Staatsbürger um einen Termin und wollte Kontakte schaffen zwischen der Kandertalbahn und einer indischen Bahn. Wie sich schlussendlich aber herausstellte, wollte er uns dafür gewinnen, vor Ort beratend tätig zu sein und die Bahn dort tatkräftig zu unterstützen. Das konnten wir natürlich nicht leisten und dachten uns auch: „Schuster, bleib deinen Leisten“.

Frage: Wie haben Sie Ihr letztes Jahr im Amt empfunden? Hat die Corona-Pandemie für Sie noch einmal eine besondere Herausforderung mit sich gebracht?

Die Pandemie hat uns alle sehr gefordert. Neben all den Einschränkungen, die uns alle betreffen, galt es natürlich für die öffentliche Verwaltung, ihrem Grundauftrag der Daseinsvorsorge gerecht zu werden. Das heißt, dass Dinge wie etwa die dauerhafte Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Winterdienst, Kindernotbetreuung und Verwaltung sichergestellt werden müssen.

Insgesamt stressig oder besser fordernd war die Tatsache, dass jede Anfrage bezüglich Corona, Quarantäne, Einreise oder Schule erst beantwortet werden konnte, wenn wir uns sicher waren, dass wir auch die gerade gültige Verordnung berücksichtigt haben.

Die laufenden Änderungen und die Vielzahl der Verordnungen haben uns die Arbeit nicht erleichtert. Unzählige Anrufe zur Auslegung der sich laufend verändernden Verordnungen, Fragen nach der Zulässigkeit persönlicher Vorhaben und Ähnliches haben zeitweise unseren Arbeitstag bestimmt und ausgefüllt. So natürlich auch meinen. Außerdem hatten wir zwei Wahlen durchzuführen in dieser schwierigen Zeit. Dies hat alle Beteiligten gefordert.

Frage: Gibt es Dinge, die Sie noch gerne zu Ende gebracht hätten?

Eigentlich hätte ich gerne noch die überfällige neue Hauptsatzung, die Geschäftsordnung des Gemeinderats und eine überarbeitete Entschädigungssatzung auf den Weg gebracht. Dies hat mir nun leider zeitlich nicht mehr gereicht.

Frage: Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Ich wünsche ihm eine stabile Gesundheit, viel Freude bei der Arbeit, eine glückliche Hand in seinem Tun, ein positives Umfeld im Kollegenkreis und immer das richtige Gespür für die richtige Lösung von Problemen und Aufgaben. Außerdem wünsche ich ihm, dass ihn die Arbeit nach Feierabend und am Wochenende loslässt und er, ohne an sie denken zu müssen, im Kreise seiner Familie und Freunde neue Kraft tanken kann.

Frage: Jetzt, wo Sie bald mehr Zeit haben: Wie werden Sie diese nutzen?

„Gone fishin“ habe ich in Schottland an der Tür eines Pubs gelesen, das eigentlich geöffnet sein sollte. Nun ist das nicht ganz vergleichbar, da ich ja keinen Dienst mehr ableisten muss. Aber es hat das gewisse Etwas von Selbstbestimmtheit und freier Entscheidungsmöglichkeit.

Bei mir wird es je nach Wetter und Lust und Laune heißen: gone wandern, Rad- oder Motorradfahren, Freunde besuchen, reisen und Ähnliches. Ich freue mich darauf, dass ich keine oder hoffentlich nur wenige Termine haben werde und frei über meine Zeit verfügen kann, dass ich Dinge erledigen kann, wenn ich es möchte und nicht, weil ich gerade Zeit habe.

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