Von Jürgen Scharf Kandern. Jetzt also Max Laeuger! Nach den vielen Adolf-Strübe-Retrospektiven hat Galerist Robert Keller seine Begeisterung für einen weiteren bedeutenden Künstler entdeckt. Der Verwalter des Strübe-Erbes bekam vom Laeuger-Enkel ein Konvolut an Zeichnungen, Aquarellen und Grafiken, aus dem er die thematische Ausstellung „Frauen und Engel“ mit Arbeiten auf Papier im Haus am Kirchplatz zusammenstellte. Frauen und Engel: Das klingt schon einmal interessant. Das sind zwei Motive, die bei Laeuger häufig vorkommen, vor allem kennt man sie aus vielen Keramikfliesen. Da erstaunt es nicht, dass diese Sujets – teils in Kombination weiblicher Engel – in seiner zeichnerischen und malerischen Bildwelt auftauchen. Ob Engel mit ausgebreiteten Flügeln, Mond und Engel am Himmel, Engel über der Landschaft oder wachend über einem Liebespaar: Wer durch diese kleine, feine Ausstellung geht, findet sich unversehens im Elysium engelsgleicher Gestalten und vieler ätherischer Frauenakte. Die Frau stellt für Laeuger wohl so etwas wie ein Ideal dar. Man kennt sie bei ihm als Badende, Tanzende und Musizierende, und man sieht sie auch in den Mischtechniken mit Leier oder mit Tüchern tanzend. Laeuger hat in filigranen aquarellierten Blättern die weibliche Sinnlichkeit festgehalten. Und wenn er ihr dann noch große Flügel malt, dann sind wir im Paradies bei der Frau als Verkörperung des irdischen Glücks. Manches auf diesen Blättern wirkt altertümlich, vor allem die antikisierende Gewandung, und erinnert mit diesen Stilmitteln an die Epochen des Idealismus, des Symbolismus und des Jugendstils. Die Natur bildet den Hintergrund für ein mystisches, friedvolles Arkadien. Die Frau, und es ist bei Laeuger immer die junge Frau, steht als Symbol für Jugend, Vergänglichkeit und Eros. Das ewig Weibliche zog auch den Maler und Zeichner, der als Keramiker viel berühmter war, hinan. In der Kunstgeschichte wird Laeuger, von dem in jeder deutschen Wohnung die „Laeuger-Töpfe“ standen, ja primär nicht als Maler bezeichnet. Seine Größe lag auf dem keramischen Experimentierfeld. Aber der badische Universalkünstler war bekanntlich auch als Architekt, Innenraumdesigner, Gartengestalter und Möbelentwerfer produktiv. Große Bandbreite Ursprünglich kommt Laeuger von der Zeichnung her. Ende des 19. Jahrhunderts hat er an der Pariser Académie Julien studiert, wo er sich im Aktzeichnen übte. Er erhielt Lehraufträge und eine Professur für Figurenzeichnen. Aus der Studienzeit ist ein frühes Blatt nach Vorlage alter Meister von 1893 zu sehen. Die Bandbreite von Laeugers Motiven in Zeichnungen und Aquarellen ist groß. Was ihn aber besonders zu beschäftigen schien, war die weibliche Figur. Und hier hat Robert Keller, der alle Arbeiten durchgesehen und über 50 teils 100 Jahre alte Blätter für diese Schau ausgewählt hat, etwas Besonderes herausgefiltert: die engelhafte Frau oder den weiblichen Engel. Oft verschwimmen hier die Grenzen. In seiner Einführung sprach Nikolaus Cybinski in diesem Zusammenhang von „Frauen-Engel“ oder „Engel-Frauen“ und meinte, dass sich Engel und Frauen in diesen Bildern mitunter so nahekommen, dass man nicht mehr wisse, wen man vor sich habe. Das trifft auf die weiblichen Figuren mit langen blonden Haaren ebenso zu wie auf die „Frau mit Sonnenblumen“, von denen es einige bei Laeuger gibt, und auf die Frauen auf Pferden (Amazonen"). Heute darf man bei den Frauenakten die nackten Körper hinterfragen und eine unterschwellige, zumindest diskret angedeutete Erotik vermuten. Einen schönen Anblick bieten Laeugers Frauen in mythischer Landschaft, oft vor Bäumen und Felsen, die nur schemenhaft angedeutet sind – eine Reverenz an das Fin de Siècle und den Symbolismus. Ersichtlich wird, dass Laeuger vom Historismus (Karlsruher Zeit) zum Jugendstil kam. Sehr anmutig sind die Reihen mit Frauen- und Mädchenporträts. Einigen sieht man stark an, dass sie nach einer keramischen Fliese entstanden sind oder als Vorskizze für eine Fliese gedacht waren. Gleich zwei Mal sind Laeuger Engel „erschienen“, zuletzt in dem biografischen Bild „Maler und Engel“ aus dem Todesjahr 1952, mit dem Fingerzeig des Engels zum Himmel empor. Diese „liebenswerte, anheimelnde Malerei“ von Frauen und Engeln ruft geradezu nach einer Ausstellungs-Fortsetzung! n  Bis 18. Dezember, Fr, Sa, So 14 bis 18 Uhr