Kandern Experten loben Stadtwald Kandern

Weiler Zeitung

Tagung: Fachleute aus ganz Europa suchen Ausgleich zwischen Waldbewirtschaftung und Naturschutz

Die Waldbewirtschaftung und die Erhaltung der biologischen Vielfalt im Wald in Einklang zu bringen – mit diesem Ziel haben sich 20 Fachleute aus elf Ländern zu einer virtuellen Tagung zusammengefunden. Beachtung fand unter den Experten auch der Kanderner Stadtwald. Einzelheiten dazu erläuterten im Forsthaus Kandern Bernhard Schirmer, Leiter des Forstbezirks Kandern-Schopfheim, sowie Tagungsleiter Frank Krumm aus Binzen.

Von Alexandra Günzschel

Kandern. An der internationalen Tagung beteiligt waren die Forschungsanstalt WSL und das Bundesamt für Umwelt BAFU aus der Schweiz, das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung aus Deutschland im Rahmen des Vorsitzes der EU-Ratspräsidentschaft sowie das European Forest Institute (EFI) mit Hauptsitz in Finnland. Als Ergebnis der Veranstaltung wird demnächst – vorerst nur in englischer Sprache – ein Buch mit dem Titel „How to balance forestry and biodiversity conservation – a view across Europe“ erscheinen (deutsch: Wie man Waldbewirtschaftung und den Erhalt der Biodiversität in Einklang bringt – ein Streifzug durch Europa).

In der Publikation enthalten sind 32 positive Fallbeispiele aus ganz Europa – darunter auch der Kanderner Stadtwald. Das Kapitel wurde von Revierförster Reiner Dickele verfasst.

„Wir verlieren Arten auch im Wald“, erläuterte Krumm das Kernproblem. Auch deshalb rückt neben der Funktion des Waldes als Holzlieferant zunehmend auch dessen ökologische Bedeutung in den Fokus. Die beiden Forstwirte können sich gut vorstellen, dass Waldbesitzer für eine nachhaltige Bewirtschaftung finanziell entschädigt werden, wie es in der Schweiz teilweise schon praktiziert wird.

Letztlich geht es um einen Ausgleich der Interessen und die Förderung des Dialogs. Deshalb wurden bei der virtuellen Podiumsdiskussion Vertreter aus Wissenschaft, Forschung und Praxis zusammengebracht. Das europäische Netzwerk „Integrate“, hat es sich zum Ziel gesetzt, Naturschutzsaspekte in nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stärker zu integrieren. Jedoch soll die hiesige Holzernte nicht so weit zurückgefahren werden, dass die Nachfrage andernorts, etwa aus den Naturwäldern in Sibirien, gedeckt wird.

Holz als CO2-Speicher

Schirmer verweist auf den massiven Buchentisch im Forsthaus, ein Beispiel dafür wie mit lokalem Holz, einem Kohlendioxidspeicher, Schönes produziert werden kann – und dies deutlich weniger energieintensiv als mit künstlichen Produktionsstoffen. Allerdings müssten hierfür auch Sägewerke vor Ort bestehen bleiben, betonte Krumm.

Sowohl der Wirtschaft, als auch der Erholung und dem Naturschutz sollen Rechnung getragen werden. „Der Stadtwald Kandern ist ein lohnenswertes Beispiel“, erklärte Krumm. So habe der langjährige Revierförster und frühere Gemeinderat Dickele es geschafft, bei der Bevölkerung Verständnis für die Waldbewirtschaftung zu vermitteln, etwa durch die alljährlichen Brennholzversteigerungen. Am Behlen, in der Wolfsschlucht und am Böscherzen wurden Waldrefugien ausgewiesen, in denen das als Lebensraum bedeutsame Totholz stehen bleiben darf. Und es gibt eine lange Tradition der Bewirtschaftung mit Eichen, die auch durch ihr Totholz in der Krone vielen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bieten.

Schließlich gibt es in Kandern noch die Douglasien. Bereits vor 140 Jahren wurde die nordamerikanische Baumart im Stadtwald eingeführt, ist gut integriert, ohne sich invasiv auszubreiten und erweist sich als trockenheitsresistenter als viele einheimische Arten. Dass sich die heimische Tierwelt noch nicht an sie gewöhnt hat, hält Krumm für ein vorübergehendes Problem. Schließlich seien die Douglasien in den USA viel älter.

Sowohl der Anteil an Douglasien (10 %) als auch der an Eichen (12 %) soll im Kanderner Stadtwald steigen. Generell halten die Forstexperten Mischwälder für den richtigen Weg, um dem Klimawandel zu begegnen. „Der Wald wird hier Wald bleiben, verändert sich aber“, resümierte Krumm.

Links zu einzelnen Vorträgen der internationalen Tagung zum Thema Wald: https://youtu.be/Z6YpwD4OxOQ

Jan Hassan: https://youtu.be/0uD3ogxOeig

Jörg Müller: https://youtu.be/qzRwdSlvzB0

Martin Gossner: https://youtu.be/XDmw2rH_mkM

Diskussion: https://youtu.be/U_VXbg3bGUI

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