Kandern Feine Beobachterin

Weiler Zeitung
Zum vierten Mal war die preisgekrönte Autorin Ulla Lachauer zu Gast bei „Theater im Hof“. Foto: Silke Hartenstein Foto: Weiler Zeitung

Lesung: Ulla Lachauer bei „Theater im Hof“

Von Silke Hartenstein

Kandern-Riedlingen. Die Bienen schliefen bereits am vergangenen Mittwochabend, doch viele nachtaktive Insekten umkreisten Ulla Lachauer an ihrem beleuchteten Lesepult unter der Kastanie. Die Autorin ließ sich davon nicht behelligen. Ruhig und unaufgeregt las sie aus ihrem neuen Buch „Von Bienen und Menschen.“ Ruhig, unaufgeregt und voller Empathie waren auch ihre atmosphärisch dichten Schilderungen passionierter Imker. Zum vierten Mal war die preisgekrönte Autorin zu Gast bei „Theater im Hof“.

Diesmal las und erzählte sie vor vollem Haus von den vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen Honigbienen und den Menschen, die sie halten. 14 Imker aus Europa hat sie in ihrem Buch porträtiert, fünf von ihnen wählte sie für diese Lesung aus, darunter einen syrischen Imker und Flüchtling, der nun in Deutschland Bienen hält.

Dazu kamen Informationen über Bienen, etwa über den Superorganismus des Bienenvolkes, den „Bien“. Dieser entwickelt als Gemeinschaft Fähigkeiten, die die einzelne Biene nicht beherrscht, ist an einem warmen Tag rund drei Quadratkilometer groß und winzig klein in den Nacht.

In erster Linie jedoch widmete sich Lachauer den Imkern, ausgelöst von der Begegnung mit einer russischen Imkerin beim Anlegen der Schutzkleidung: „Erstmals beobachtete ich das Ritual, das einen Menschen in einen Imker verwandelt. Von jetzt an war sie woanders, auf einem anderen Planeten, so schien es“. Bei ihren fein beobachteten Schilderungen konnte man Imker wie Asad aus Syrien oder den kleinen slowenischen Jungen beim Einfangen seines ersten Bienenschwarms nahezu vor sich sehen.

Dazu trugen die sinnlichen Elemente ihrer Schilderungen stark bei, etwa wenn der Duft rund um Bienenhäuser auf dem Land: „Eine betörende Mischung aus Honig, Wachs, Gras und Holunderblüten“. Während sich noch vor 20 Jahren kaum einer für Honigbienen interessiert hätte, sei das Thema Bienen heute in aller Munde, stellte die Autorin fest. Ihr Anliegen war es, die Imker aus dem Schatten der Bienen zu holen: Welche Rolle hat das Imkern für ihr Leben und Überleben gespielt? Wie greifen Politik und Krieg in den Mikrokosmos Bienenhaltung ein? Hierfür stand etwa die Lebensgeschichte eines Slowenen, samt der bunt bemalten Bienenstockstirnbretter seiner Kindheit auf dem Land und der Zeit während des Tito-Regimes, als der Jungimker mit der gebildeten Elite in Ljubljanas Imkerverein verkehrte: „Das war für ihn eine Nachrichtenbörse in Zeiten der Zensur“. Ein starker Kontrast dazu war ihr Porträt des Stuttgarter Stadtimkers, samt ausfliegender Bienenschwärme in der Stadt und Jugendlichen, die dies mit ihren Smartphones filmen und auf YouTube stellen.

Dass die Zuhörer fasziniert waren, zeigte die abschließende Gesprächsrunde mit der Autorin: Das Gewitter rückte näher, die meisten von ihnen blieben.   Nächste Veranstaltung: Samstag, 4. August, 20.30 Uhr, „Zackebuh“, Schauerballaden

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