Kandern Pilzkenner und Lebensretter

Weiler Zeitung
Er wird zu Rate gezogen, wenn der Verdacht besteht, jemand habe giftige Pilze verzehrt: Christoph Wermuth, Pilzsachverständiger der der Deutschen Gesellschaft für Mykologie und im Hauptberuf Gastronom aus Leidenschaft im Wollbacher Weiler Egerten. Foto: Silke Hartenstein Foto: Weiler Zeitung

„Jägerhaus“-Wirt Christoph Wermuth ist einer von nur 500 Pilzsachverständigen

Von Silke Hartenstein

Kandern-Wollbach. Seit zwölf Jahren ist „Jägerhaus“-Wirt Christoph Wermuth einer von 500 Pilzsachverständigen der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM). Im Landkreis Lörrach ist er übrigens der einzige. Ende Oktober rettete der 54-jährige Gastronom aus Egerten sogar zwei Menschenleben.

Ein Ehepaar aus einem Kanderner Ortsteil hatte beim Pilzesammeln essbare Frauentäublinge mit dem hochgiftigen Grünen Knollenblätterpilz verwechselt, aus den Pilzen Omelettes zubereitet und verspeist. Erst danach schöpfte die Ehefrau Verdacht und wandte sich an einen Arzt.

Auf den Anruf aus dem Kreiskrankenhaus Lörrach hin durchsuchte Wermuth den Komposthaufen des Ehepaars nach Pilzresten und wurde fündig. Seines Wissens seien beide mittlerweile außer Lebensgefahr, sagt Wermuth.

Etwa achtmal im Jahr leitet die Giftzentrale Freiburg Anrufe aus dem Landkreis Lörrach an den Pilzsachverständigen (PSV) weiter.

Wermuth: „Schlimm ist es dann, wenn eine Mutter anruft und sagt: Mein Kind hat einen kleinen braunen Pilz gegessen.“ Auf Ferndiagnosen lässt er sich nicht ein, entweder fährt er zum Betreffenden oder derjenige kommt zu ihm. „Meistens habe ich es dann mit sehr emotionalen, aufgeregten Leuten zu tun“, sagt er. Er selbst ist eher ein ruhiger Mensch. Ruhe braucht er auch, um anhand der meist matschigen Bruchstücke herauszufinden, welche Pilze genau verspeist wurden. Tödlich giftige waren bis Oktober 2013 nicht darunter.

Mit 30 Jahren fing Wermuth an, Pilze zu sammeln, mittlerweile überlässt er das zeitraubende Hobby meist seiner Ehefrau Tiffany. Zur Ausbildung zum PSV kam er auf Anstoß seines Freundes Peter Kaupp, Pilzkontrolleur des Kantons Basel-Stadt. Grundkenntnisse und Interesse an der Materie sind Voraussetzung, drei Kurse von je einer Woche Dauer in der Schwarzwälder Pilzlehrschau in Hornberg braucht es für das Zertifikat.

Die Kurse bezahlte Wermuth aus eigener Tasche. Auch eine Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit als PSV gibt es nicht. Um das Zertifikat und somit auch den Versicherungsschutz durch die DGfM zu behalten, müssen PSVs alle fünf Jahre einen Weiterbildungskurs besuchen. Der Gastronom findet es sinnvoll, regelmäßig sein Wissen aufzufrischen – zumal es immer wieder neue Erkenntnisse gibt: So wurde mittlerweile der lange als essbar geltende „Grünling“ als giftig eingestuft.

In seinem Restaurant „Jägerhaus“ in Egerten veranstaltet der Gastronom regelmäßig Pilzseminare. Dort bietet er auch eine Gratis-Pilzberatung an. Mehr würde seine zeitlichen Kapazitäten sprengen, sagt er und schwärmt von den Verhältnissen in den beiden Basler Kantonen: Dort kümmere sich das Kantonale Laboratorium, das dem deutschen Wirtschaftskontrolldienst entspricht, auch um die amtliche Pilzkontrolle.

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