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Kandern Schnell im Ort heimisch geworden

Bernhard Winterhalter

Lokalgeschichte: Ehemaliger Bürgermeister Friedrich Kiefer wäre am Dienstag 100 Jahre alt geworden

Als ausgleichend, verständnisvoll und versöhnlich haben Zeitgenossen Friedrich Kiefer in Erinnerung, der von 1957 bis 1966 parteiloser Bürgermeister der Stadt Kandern war. Der Neubau des Freibads und eine gesicherte Trinkwasserversorgung der Stadt fallen in seine Amtszeit. Am Dienstag wäre er 100 Jahre alt geworden.

Von Bernhard Winterhalter

Kandern. Die schlimme Nachricht verbreitete sich am 14. Oktober 1966 wie ein Lauffeuer in Kandern und im ganzen Markgräflerland: Bürgermeister Friedrich Kiefer ist tot. Er starb zehn Tage nach seinem 44. Geburtstag völlig unerwartet nach einer Gallenoperation im Kantonsspital Basel. Die Kanderner Bevölkerung war schockiert und zutiefst betroffen.

Kandern verlor nicht nur sein Stadtoberhaupt, auch viele Vereine und Institutionen der Stadt und der ganzen Region hatten mit seinem plötzlichen Tod einen schmerzlichen Verlust zu beklagen. Der örtliche Blasmusikverein trauerte um seinen großen Freund und Gönner, der aufgrund seines Engagements schon Jahre zuvor ehrenhalber zum Präsidenten der Stadtmusik Kandern ernannt worden war.

Ehrenamtlich engagiert

Bürgermeister Kiefer gehörte dem Kreistag an, ebenso dem Landesvorstand des VdK sowie der Landes- und Bezirkssynode der evangelischen Kirche. Darüber hinaus war er beim Landessozialgericht als ehrenamtlicher Richter tätig. In besonderer Weise brachte er sich auch in die kulturellen, sozialen und kirchlichen Einrichtungen vor Ort ein. Außer der Tätigkeit bei der Stadtmusik nahm er Funktionen bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim evangelischen Kirchengemeinderat und bei den lokalen Organisationen des VdK und DRK wahr.

Mit seinem aufgeschlossenen Wesen wirkte er von Beginn an ausgleichend, verständnisvoll und versöhnlich, was sich in Anbetracht der in dieser Zeit bestehenden kommunalpolitischen Grabenkämpfe positiv auf die weitere Entwicklung der Stadt auswirkte. In seine Amtszeit fallen insbesondere die Schaffung einer gesicherten Trinkwasserversorgung, der Neubau des Schwimmbads und viele andere nachhaltige Maßnahmen und Vorhaben zur Verbesserung der Infrastruktur der Stadt Kandern.

1957 wurde der Rechtsreferendar Friedrich Kiefer erstmals zum Bürgermeister der Stadt Kandern gewählt. Bei seinem Tod befand er sich gerade mal ein Jahr in seiner zweiten Amtsperiode; die Wiederwahl fand 1965 statt, und die Wähler gaben ihm mit einem Traumergebnis von 97 Prozent einen überwältigenden Vertrauensbeweis für die nächsten zwölf Jahre. Die gesetzliche Regelung in Baden-Württemberg sah seinerzeit vor, dass ein Stadtoberhaupt für die zweite Amtsperiode nicht nur für acht, sondern für zwölf Jahre gewählt wurde.

Friedrich Kiefer kehrte aus dem Zweiten Weltkrieg invalide heim. Aufgrund einer schweren Verwundung mussten ihm beide Unterschenkel amputiert werden. Er ließ sich davon nicht entmutigen. Bewundernswert war er mit seinen zwei Prothesen unterwegs. Er scheute sich nicht, sogar an Wanderungen teilzunehmen und nahm innerhalb Kanderns zu Fuß seine Termine wahr.

Morgens im Freibad

Bevor der große Besuchertrubel einsetzte, suchte er oftmals schon frühmorgens vor Dienstbeginn das damals neu erbaute städtische Freibad auf, um in Ruhe seine Bahnen ziehen zu können. Unmittelbar am Beckenrand legte er seine hölzernen Gehhilfen ab, tauchte ins kühle Nass und freute sich über das morgendliche Schwimmen.

Friedrich Kiefer stammte vom Bodensee aus Radolfzell, wurde in Kandern mit seiner Familie schnell heimisch, fand rasch guten Kontakt und baute sich hier ein schönes Eigenheim. Als er aus dieser Welt so überraschend abberufen wurde, hinterließ er seine Frau und die zwei kleinen Söhne. Der ältere war noch keine sieben Jahre alt, der jüngere befand sich erst im vierten Lebensjahr.

Goldenes Buch initiiert

Das erste Goldene Buch der Stadt Kandern geht auf seine Initiative zurück, er konnte sich nicht mehr eintragen. An seiner Stelle enthält das Exemplar den ersten Eintrag durch seine Witwe.

Bei den Trauerfeierlichkeiten am 18. Oktober 1966 konnte die evangelische Stadtkirche die große Zahl an Gästen kaum fassen. Die Stadtmusik begleitete ihren Freund mit einem Trauermarsch auf dem Weg zu seiner letzten Ruhestätte. Die Musiker begaben sich oberhalb des Grabs auf den Platz vor der katholischen Kirche, um mit Chorälen von ihm Abschied zu nehmen. Von dort erklang auch weithin hörbar das Kameradenlied.

Es entsprach jahrzehntelang einem alten Brauch, dass nach der Beisetzung eines Ehrenmitglieds die Musiker sich vor dem Friedhof aufstellten und im Gleichschritt mit flotter Marschmusik zurück ins Städtchen marschierten. Damit sollte symbolisch zum Ausdruck kommen, dass das Leben weitergeht.

An diesem Tag war es mit dieser Tradition vorbei. Kein Musiker war willens und imstande, sich mit klingendem Spiel vom Friedhof zu entfernen. Seither hat die Stadtmusik nach einer Beerdigung keinen Marsch mehr gespielt.

Friedrich Kiefer bleibt als ehemaliger Bürgermeister der Stadt Kandern auch künftig in guter und dankbarer Erinnerung.

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